... das liegt nicht unbedingt an der Tatsache, dass wir besonders mutige Menschen sind, sondern vor allem an den strikten Gepäckregulierungen: 1 Jahr Ausland = 20 Kilo Gepäck = 20 Kilo - ca. 4 Kilo Koffergewicht = 16 Kilo für ein Jahr an Kleidung, Schuhen, Fotos, Büchern, Zahnbürsten... merkt ihr, wo das Problem liegt?
Donnerstag, 28. Juli 2011
Welcome home.
Jetzt bin ich wieder zurück in Deutschland, und es ist sehr merkwürdig.
Keine Oliven mehr zum Frühstück, keine orthodoxen Juden, die auf die Straße laufen, sobald die Ampeln auf Rot schalten, um Flugblätter zu verteilen, kein 'Nes Ammim Guesthouse, good morning, how can I help you!', wenn man das Telefon abhebt, keine Katzen, die versuchen, das Essen sogar aus den Kühlschränken zu stehlen, keine kurzen Hosen mehr jeden jeden jeden Tag.
Deutschland ist anders und manchmal ist es nicht so einfach, sich wieder in den Alltag einzuleben. Es fehlen eine Menge Leute, die ich vorher jeden Tag um mich hatte, und irgendwie fehlt auch Israel. Wie Sofia so schön sagte: Die größte Herausforderung am Weggehen ist das Zurückkommen.
Nächste Woche geht's auf zum Freakstock (samt Wiedersehen mit zumindest einem Teil der Nes Ammim Belegung), und bevor ich ab Oktober hoffentlich zum Studieren in Hannover wohnen werde, muss ich auch noch den ersten Teil eines Pflegepraktikums ableisten.
Danke, dass ihr uns ein Jahr begleitet habt!
Shalom & Salaam,
Anna-Lena (:
Dienstag, 19. Juli 2011
Kinder, wie die Zeit vergeht.
Heute fehlt noch eine Woche, um von mir zu Hause wegzugehn, in ein Camp am Strand.
Vorletzten Samstag haben wir meinen venezolanischen Bruder, der in Ungarn war, vom Flughafen abgeholt, zusammen mit Annikas venezolanischer Schwester, die auch in Ungarn war (sie waren sogar zusammen in der gleichen Stadt, Budapest.)
Wir holten sie also vom Flughafen ab und dann kamen zuerst mal alle zu uns heim, Mariannas Familie (also Annika und ihre Familie und noch irgendwie ein Cousin mit seiner Frau oder so), wir, und noch ein paar Freunde von Ricky, alle recht gluecklich (vor allem die Vaeter, wie auf diesem Bild zu sehen, der rechts ist meiner), Ricky und Mariana vor allem fertig mit der Welt, weil sie ungefaehr 30 Stunden ohne Schlaf hatten.

Es erschien mir immer so fern, der Tag, und ich dachte immer, dass das etwas problematisch werden koennte, weil die ganze Situation schon etwas komisch ist (ich wuerde nicht wollen, dass jemand, den ich nicht kenne, bei mir daheim ist, wenn ich von einem Jahr in der Fremde wiederkomme.), aber das ist gluecklicherweise ueberhaupt nicht, Ricky ist ein Schatz und ich hab ihn schon so lieb gewonnen, es ist, als waere er das ganze Jahr hier gewesen, zumindest auf eine Art (und wir haetten es super zusammen verbracht.)

Einfacher wird es also dadurch nicht, es wird um einiges schwerer, und es erscheint mir so unwirklich, dass das Jahr schon fast vorbei sein soll (immer haben mir alle gesagt, wie ich das machen koennte, ein Jahr ohne meine Familie und meine Freunde und jetzt, jetzt ist das Ganze einfach so vorbei, so schnell.)
Das tut weh, aber was will man machen, ich kann auch nicht in Depressionen versinken, nur weil ich weder meine Zeit hier in ein Marmeladenglas sperren kann noch meine Leute hier mit nach Deutschland nehmen.
Das ist wohl die groesste Herausforderung am ganzen Jahr, das Zurueckkommen.
Vorletzten Samstag haben wir meinen venezolanischen Bruder, der in Ungarn war, vom Flughafen abgeholt, zusammen mit Annikas venezolanischer Schwester, die auch in Ungarn war (sie waren sogar zusammen in der gleichen Stadt, Budapest.)
Wir holten sie also vom Flughafen ab und dann kamen zuerst mal alle zu uns heim, Mariannas Familie (also Annika und ihre Familie und noch irgendwie ein Cousin mit seiner Frau oder so), wir, und noch ein paar Freunde von Ricky, alle recht gluecklich (vor allem die Vaeter, wie auf diesem Bild zu sehen, der rechts ist meiner), Ricky und Mariana vor allem fertig mit der Welt, weil sie ungefaehr 30 Stunden ohne Schlaf hatten.
Es erschien mir immer so fern, der Tag, und ich dachte immer, dass das etwas problematisch werden koennte, weil die ganze Situation schon etwas komisch ist (ich wuerde nicht wollen, dass jemand, den ich nicht kenne, bei mir daheim ist, wenn ich von einem Jahr in der Fremde wiederkomme.), aber das ist gluecklicherweise ueberhaupt nicht, Ricky ist ein Schatz und ich hab ihn schon so lieb gewonnen, es ist, als waere er das ganze Jahr hier gewesen, zumindest auf eine Art (und wir haetten es super zusammen verbracht.)
Einfacher wird es also dadurch nicht, es wird um einiges schwerer, und es erscheint mir so unwirklich, dass das Jahr schon fast vorbei sein soll (immer haben mir alle gesagt, wie ich das machen koennte, ein Jahr ohne meine Familie und meine Freunde und jetzt, jetzt ist das Ganze einfach so vorbei, so schnell.)
Das tut weh, aber was will man machen, ich kann auch nicht in Depressionen versinken, nur weil ich weder meine Zeit hier in ein Marmeladenglas sperren kann noch meine Leute hier mit nach Deutschland nehmen.
Das ist wohl die groesste Herausforderung am ganzen Jahr, das Zurueckkommen.
Mittwoch, 13. Juli 2011
The final countdown
In 72 Stunden sitze ich in Münster im Garten und esse Omas Kartoffelsalat.
Schwer vorstellbar.
Leicht unsichere Gefühlslage.
Wortkarg.
Mittwoch, 29. Juni 2011
Just because it's legal doesn't mean it's just.
Mit dem letzten Seminar für unseren Jahrgang waren wir in der Westbank. Es war anstrengend, heiß, interessant, teilweise schockierend, sehr informativ und noch viel verwirrender.
Darum hier: das Westbank-Seminar in Momenteindrücken.

Die Mauer in Bethlehem, vermutlich die meistfotografierte Mauer in Israel (noch vor der Klagemauer. Aber wie gesagt, das ist eine Vermutung). In Europa wird für den Mauerabriss protestiert, dabei ist der Mauerbau noch nicht mal gestoppt: im Süden der Westbank ist alles offen, die Grenzpolizei kommt nur alle paar Stunden einmal raus. Darum gilt: NATÜRLICH kann man die Westbank verlassen, wenn man will und Bekannte (Palästinenser natürlich) in Israel hat. Es wurde zwar erheblich erschwert und ist auch nicht ganz ungefährlich, weil in Israel oft und ausgiebig Passkontrollen durchgeführt werden, wobei natürlich jeder ohne Erlaubnis sofort auffliegt und ins Gefängnis verfrachtet wird, von wo man nur auf Kaution wieder freikommt, aber es ist nicht unmöglich. So viel auch zu Israels Argument, durch die Mauer wären die Selbstmordattentate erheblich zurückgegangen. Stimmt, die Selbstmordattentate sind zurückgegangen, aber wer sich nun unbedingt in die Luft sprengen will, kann es nach Israel schaffen. Wahrscheinlicher ist also, dass es an einem Mix aus Mauer, Regierungswechsel in der Westbank und der Erkenntnis der Palästinenser, dass sie durch die Zweite Intifada nur Nachteile erlitten haben, liegt.

Das gefühlt größte Problem der Palästinenser auf den Punkt gebracht: No peace without justice. No justice without return. Palästinenser, die seit 1948 und vor allem in der Westbank seit 1976 aus ihren Dörfern, Städten und Häusern vertrieben wurden, wollen bis heute dorthin zurückkehren. Da merkt man wieder einmal, wie sehr sich die arabische Kultur von der westlichen unterscheidet: Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg lebten sich dort ein, wo sie gelandet waren - und die Araber leben so, dass noch die zweite Generation, die nicht auf dem ursprünglichen Grund und Boden geboren wurde, unbedingt dorthin zurückkehren will. Das geht so weit, dass alle drei bis vier Monate Treffen abgehalten werden, in denen die Alten, die noch in den verlorenen Dörfern gelebt haben, Geschichten und Anekdoten erzählen, damit ja nichts in Vergessenheit gerät. Dann gibt es noch die Siedlungen in der Westbank, die vor 1948 gebaut wurden (also vor Aufteilungsplan der UN in einen jüdischen und einen palästinenschen Staat, und damit damals legal) - und die wollen natürlich auch nicht aus ihren Häusern raus, verständlicherweise (wir sprechen jetzt nicht von den verrückten, gewalttätigen ideologischen Siedlern, die zum Beispiel auf Aufforderung Ariel Sharons (ehemaliger Ministerpräsident von Israel) anfingen in der Westbank zu siedeln:

Kinder aus dem Aida Refugee Camp in Bethlehem beim Wasserholen. Aus der Tonne. Auf einem alten Friedhof. (Immerhin gab's ein Sonnensegel). (Nebenbei: mehr als 50% der Palästinenser werden von der UN als Flüchtlinge gesehen). Wir wurden durch Aida Camp geführt und haben mit zwei Männern, die dort bereits ihr ganzes Leben lang wohnen, gesprochen. Zitat des Nachmittags: I have four children. (...) Four boys and one girl.

Die erste Nacht haben wir im Tent of Nations verbracht - ulkigerweise, denn bevor ich nach Israel gegangen bin, hat meine Großmutter mir einen Zeitungsartikel darüber geschickt und gemeint, das müsste ich mir in dem Jahr doch mal ansehen... Die Familie Nasser besitzt ihr Land schon seit 1916 (während der britischen Mandatszeit), aber trotzdem müssen sie sich immer noch mit Regierung und Armee herumschlagen: sie dürfen keine Häuser bauen, haben Probleme mit der Wasserversorgung und werden - ihren Angaben nach - gelegentlich davon wach, dass Soldaten in ihrem Schlafzelt stehen und ihen das Gewehr ins Gesicht halten. Solche nächtlichen Störungen gab es bei uns nicht, aber als wir ankamen, mit Sack und Pack (= Rucksack und Schlafsack nebst genügend Wasser in Flaschen zum Waschen am nächsten Morgen), standen wir erst einmal vor einem geschlossenen Tor und ans Handy ging natürlich auch niemand. Nebenbei: es war heiß! Frans ist schließlich über den Zaun gestiegen und hat Rettung aus dieser misslichen Lage angefordert.

Das kleine Dorf At Tuwani, in dem CPT (Christian Peacemaker Teams) stationiert sind: denn die Kinder aus dem Nachbardorf Tuba, die in At Tuwani zur Schule gehen, und Schafhirten, die ihre Herden auf den nicht vorhandenen Wiesen grasen lassen, werden regelmäßig von Siedlern aus der Siedlung Ma'on angegriffen: mit Worten, mit Steinen, mit Gewehrkugeln. Die CPTs - die dem Prinzip der Gewaltlosigkeit folgen - sind dazu da, um zu dokumentieren, zu berichten und sich im Notfall als menschliches Schutzschild zwischen die Siedler und die Kinder zu stellen, denn körperliche Gewalt irgendeiner Form als Verteidigung ist verboten.
Der Satz Just because it's legal doesn't mean it's just (Nur weil es legal ist, heißt das noch nicht, dass es auch gerecht ist) hat uns der örtliche Mitarbeiter des CPT in At Tuwani gesagt (es wird immer noch diskutiert, ob er Kolumbianer oder Amerikaner aus Columbia ist); er hat das israelische Rechtssystem kritisiert, das es seiner Aussage nach sehr einfach macht, zum Beispiel Palästinenser aus ihren Dörfern zu vertreiben - offziell legal, aber eindeutig nicht gerecht.

Die Siedlungen haben einen äußerst äußerst äußerst schlechten Ruf, und wenn man alleine durch die Westbank reist, sind sie nicht unbedingt der erste Ort, den man aufsucht. Wir waren jedoch in Alon Shevut ( אלון שבות), einer Siedlung, die zu Gush Etzion gehört (also der Etzion Block, eine Gruppe von Siedlungen, die vor 1948 gebaut wurden, obwohl das Unternehmen zwei Mal scheiterte, und die jetztigen Siedlungen wurden erst nach dem Sechs-Tage-Krieg wieder errichtet. Es ist also immer noch relativ fragwürdig, ob sie jetzt legal oder illegal sind). Dort sprachen wir mit Rabbi Rafi Ostroff, der uns unter anderem das Yeshiva (eine Tora-Schule) der Siedlung zeigte und uns dann in sein Haus einlud. Er hatte natürlich eine völlig andere Meinung und Sicht auf das Ganze, aber uns beschlich der Verdacht, dass er die Sache vermutlich auch nicht völlig objektiv anging: wer behauptet, dass alle Gerüchte über Straßen nur für Israelis und Wasserraub an den Palästinensern völliger Unsinn sind, aber auf allen Straßenschildern um seine Siedlung herum die arabischen Namen mit Graffiti übersprüht wurden, hat vermutlich etwas nicht mitbekommen. Trotzdem hatte er Recht: immer wird von Israel erwartet und gefordert, dass es mit europäischen (Werte)Standards handelt - ohne zu bedenken, dass um Israel herum überhaupt keine europäischen Standards herrschen. Wenn die Holländer in Enschede die ganze Zeit Raketen auf Gronau in Westfalen schießen würden, und die Polen, die Schweizer, die Österreicher und die Tschechen nicht eher ruhen wollten, als bis der deutsche Staat ins Meer getrieben ist - dann würden die Deutschen vermutlich auch nicht mehr nach euroäischen Moralvorstellungen und Werten handeln. Damit will ich gar nicht die Unterdrückung rechtfertigen und das System, das teilweise sehr an Apartheid erinnert - die sind nämlich nicht zu rechtfertigen - aber trotzdem muss man sehen, dass Israel auch unter sehr viel größerem (Existenz)Druck steht als wir.

Eine Straße in H2 in Hebron. (Im März war ich im Zuge meines Bethlehemaufenthaltes schon einmal in Hebron, wer sich nicht erinnert: einfach nachlesen). Die Gitter über der Straße sind dazu da, um die Siedler daran zu hindern, die unten stehenden und gehenden Palästinenser mit Stühlen, Steinen und Flaschen zu bewerfen. Neue Lösung: Urin.

Leicht abgegammelt nach der Nacht, die wir in Kleingruppen bei palästinensischen Familien in Hebron verbracht haben. Auf dem Bild fehlen ein paar Kinder der Familie, aber Badia und seine Frau sind zumindest drauf. Interessanterweise ist sie religiös, er überhaupt nicht (mehr). Wir haben ein wunderbares zweites Abendessen, viel Tee und gute Gespräche auf dem Balkon bekommen (und danach in Barbiebetten übernachtet). Völlig untypisch für Palästinenser: Badia war ein paar Jahre in israelischen Gefängnissen, wollte aber nicht sagen wofür, und das posaunen sie normalerweise recht freizügig heraus. ('I was six years in prison because I threw grenades at Israeli troops!')
Raffaels Gastvater läutete die Vorstellungsrunde folgendermaßen ein: "This my oldest daughter. I have more 7 children and 6 daughters."
Darum hier: das Westbank-Seminar in Momenteindrücken.
Die Mauer in Bethlehem, vermutlich die meistfotografierte Mauer in Israel (noch vor der Klagemauer. Aber wie gesagt, das ist eine Vermutung). In Europa wird für den Mauerabriss protestiert, dabei ist der Mauerbau noch nicht mal gestoppt: im Süden der Westbank ist alles offen, die Grenzpolizei kommt nur alle paar Stunden einmal raus. Darum gilt: NATÜRLICH kann man die Westbank verlassen, wenn man will und Bekannte (Palästinenser natürlich) in Israel hat. Es wurde zwar erheblich erschwert und ist auch nicht ganz ungefährlich, weil in Israel oft und ausgiebig Passkontrollen durchgeführt werden, wobei natürlich jeder ohne Erlaubnis sofort auffliegt und ins Gefängnis verfrachtet wird, von wo man nur auf Kaution wieder freikommt, aber es ist nicht unmöglich. So viel auch zu Israels Argument, durch die Mauer wären die Selbstmordattentate erheblich zurückgegangen. Stimmt, die Selbstmordattentate sind zurückgegangen, aber wer sich nun unbedingt in die Luft sprengen will, kann es nach Israel schaffen. Wahrscheinlicher ist also, dass es an einem Mix aus Mauer, Regierungswechsel in der Westbank und der Erkenntnis der Palästinenser, dass sie durch die Zweite Intifada nur Nachteile erlitten haben, liegt.
Das gefühlt größte Problem der Palästinenser auf den Punkt gebracht: No peace without justice. No justice without return. Palästinenser, die seit 1948 und vor allem in der Westbank seit 1976 aus ihren Dörfern, Städten und Häusern vertrieben wurden, wollen bis heute dorthin zurückkehren. Da merkt man wieder einmal, wie sehr sich die arabische Kultur von der westlichen unterscheidet: Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg lebten sich dort ein, wo sie gelandet waren - und die Araber leben so, dass noch die zweite Generation, die nicht auf dem ursprünglichen Grund und Boden geboren wurde, unbedingt dorthin zurückkehren will. Das geht so weit, dass alle drei bis vier Monate Treffen abgehalten werden, in denen die Alten, die noch in den verlorenen Dörfern gelebt haben, Geschichten und Anekdoten erzählen, damit ja nichts in Vergessenheit gerät. Dann gibt es noch die Siedlungen in der Westbank, die vor 1948 gebaut wurden (also vor Aufteilungsplan der UN in einen jüdischen und einen palästinenschen Staat, und damit damals legal) - und die wollen natürlich auch nicht aus ihren Häusern raus, verständlicherweise (wir sprechen jetzt nicht von den verrückten, gewalttätigen ideologischen Siedlern, die zum Beispiel auf Aufforderung Ariel Sharons (ehemaliger Ministerpräsident von Israel) anfingen in der Westbank zu siedeln:
"Everybody has to move, run and grab as many hilltops as they can... Everything we don't grab will go to them" (1998)).Das ganze macht eine Zwei-Staaten-Lösung irgendwie auch weniger überzeugend...
Kinder aus dem Aida Refugee Camp in Bethlehem beim Wasserholen. Aus der Tonne. Auf einem alten Friedhof. (Immerhin gab's ein Sonnensegel). (Nebenbei: mehr als 50% der Palästinenser werden von der UN als Flüchtlinge gesehen). Wir wurden durch Aida Camp geführt und haben mit zwei Männern, die dort bereits ihr ganzes Leben lang wohnen, gesprochen. Zitat des Nachmittags: I have four children. (...) Four boys and one girl.
Die erste Nacht haben wir im Tent of Nations verbracht - ulkigerweise, denn bevor ich nach Israel gegangen bin, hat meine Großmutter mir einen Zeitungsartikel darüber geschickt und gemeint, das müsste ich mir in dem Jahr doch mal ansehen... Die Familie Nasser besitzt ihr Land schon seit 1916 (während der britischen Mandatszeit), aber trotzdem müssen sie sich immer noch mit Regierung und Armee herumschlagen: sie dürfen keine Häuser bauen, haben Probleme mit der Wasserversorgung und werden - ihren Angaben nach - gelegentlich davon wach, dass Soldaten in ihrem Schlafzelt stehen und ihen das Gewehr ins Gesicht halten. Solche nächtlichen Störungen gab es bei uns nicht, aber als wir ankamen, mit Sack und Pack (= Rucksack und Schlafsack nebst genügend Wasser in Flaschen zum Waschen am nächsten Morgen), standen wir erst einmal vor einem geschlossenen Tor und ans Handy ging natürlich auch niemand. Nebenbei: es war heiß! Frans ist schließlich über den Zaun gestiegen und hat Rettung aus dieser misslichen Lage angefordert.
Das kleine Dorf At Tuwani, in dem CPT (Christian Peacemaker Teams) stationiert sind: denn die Kinder aus dem Nachbardorf Tuba, die in At Tuwani zur Schule gehen, und Schafhirten, die ihre Herden auf den nicht vorhandenen Wiesen grasen lassen, werden regelmäßig von Siedlern aus der Siedlung Ma'on angegriffen: mit Worten, mit Steinen, mit Gewehrkugeln. Die CPTs - die dem Prinzip der Gewaltlosigkeit folgen - sind dazu da, um zu dokumentieren, zu berichten und sich im Notfall als menschliches Schutzschild zwischen die Siedler und die Kinder zu stellen, denn körperliche Gewalt irgendeiner Form als Verteidigung ist verboten.
Der Satz Just because it's legal doesn't mean it's just (Nur weil es legal ist, heißt das noch nicht, dass es auch gerecht ist) hat uns der örtliche Mitarbeiter des CPT in At Tuwani gesagt (es wird immer noch diskutiert, ob er Kolumbianer oder Amerikaner aus Columbia ist); er hat das israelische Rechtssystem kritisiert, das es seiner Aussage nach sehr einfach macht, zum Beispiel Palästinenser aus ihren Dörfern zu vertreiben - offziell legal, aber eindeutig nicht gerecht.
Die Siedlungen haben einen äußerst äußerst äußerst schlechten Ruf, und wenn man alleine durch die Westbank reist, sind sie nicht unbedingt der erste Ort, den man aufsucht. Wir waren jedoch in Alon Shevut ( אלון שבות), einer Siedlung, die zu Gush Etzion gehört (also der Etzion Block, eine Gruppe von Siedlungen, die vor 1948 gebaut wurden, obwohl das Unternehmen zwei Mal scheiterte, und die jetztigen Siedlungen wurden erst nach dem Sechs-Tage-Krieg wieder errichtet. Es ist also immer noch relativ fragwürdig, ob sie jetzt legal oder illegal sind). Dort sprachen wir mit Rabbi Rafi Ostroff, der uns unter anderem das Yeshiva (eine Tora-Schule) der Siedlung zeigte und uns dann in sein Haus einlud. Er hatte natürlich eine völlig andere Meinung und Sicht auf das Ganze, aber uns beschlich der Verdacht, dass er die Sache vermutlich auch nicht völlig objektiv anging: wer behauptet, dass alle Gerüchte über Straßen nur für Israelis und Wasserraub an den Palästinensern völliger Unsinn sind, aber auf allen Straßenschildern um seine Siedlung herum die arabischen Namen mit Graffiti übersprüht wurden, hat vermutlich etwas nicht mitbekommen. Trotzdem hatte er Recht: immer wird von Israel erwartet und gefordert, dass es mit europäischen (Werte)Standards handelt - ohne zu bedenken, dass um Israel herum überhaupt keine europäischen Standards herrschen. Wenn die Holländer in Enschede die ganze Zeit Raketen auf Gronau in Westfalen schießen würden, und die Polen, die Schweizer, die Österreicher und die Tschechen nicht eher ruhen wollten, als bis der deutsche Staat ins Meer getrieben ist - dann würden die Deutschen vermutlich auch nicht mehr nach euroäischen Moralvorstellungen und Werten handeln. Damit will ich gar nicht die Unterdrückung rechtfertigen und das System, das teilweise sehr an Apartheid erinnert - die sind nämlich nicht zu rechtfertigen - aber trotzdem muss man sehen, dass Israel auch unter sehr viel größerem (Existenz)Druck steht als wir.
Eine Straße in H2 in Hebron. (Im März war ich im Zuge meines Bethlehemaufenthaltes schon einmal in Hebron, wer sich nicht erinnert: einfach nachlesen). Die Gitter über der Straße sind dazu da, um die Siedler daran zu hindern, die unten stehenden und gehenden Palästinenser mit Stühlen, Steinen und Flaschen zu bewerfen. Neue Lösung: Urin.
Leicht abgegammelt nach der Nacht, die wir in Kleingruppen bei palästinensischen Familien in Hebron verbracht haben. Auf dem Bild fehlen ein paar Kinder der Familie, aber Badia und seine Frau sind zumindest drauf. Interessanterweise ist sie religiös, er überhaupt nicht (mehr). Wir haben ein wunderbares zweites Abendessen, viel Tee und gute Gespräche auf dem Balkon bekommen (und danach in Barbiebetten übernachtet). Völlig untypisch für Palästinenser: Badia war ein paar Jahre in israelischen Gefängnissen, wollte aber nicht sagen wofür, und das posaunen sie normalerweise recht freizügig heraus. ('I was six years in prison because I threw grenades at Israeli troops!')
Raffaels Gastvater läutete die Vorstellungsrunde folgendermaßen ein: "This my oldest daughter. I have more 7 children and 6 daughters."
Samstag, 25. Juni 2011
Egypt Tour Fail Group
Zusammen mit Naomi, Chiel und Mirjam machte ich mich auf, um am Strand zu liegen, zu schnorcheln, nachts aufs St. Katharinenkloster zu klettern (dort frierend zu übernachten und den Sonnenaufgang zu sehen) und die eine oder andere Sanddüne herunterzurutschen. Das Ziel unserer Reise: Sinai.
Besgte Reise endete jedoch schon nach vier Tagen wieder dort, wo sie angefangen hatte: in Nes Ammim.
Was war passiert?
Nachdem wir die 454 Kilometer nach Eilat mit dem Nachtbus zurückgelegt hatten, standen wir morgens um fünf enthusiastisch und gutgelaunt vor der Taba Border Crossing, dem israelischen Grenzübergang nach Ägypten. Unser Trip endete jäh fünfzig Meter weiter.
Wir entrichteten brav unsere Ausreisegebühr, tauschten all unser restliches Bargeld in ägyptishe Pfund und stellten uns in einer Reihe vor der Passkontrolle auf, wo zwei Beamtinnen einen Blick in unsere Pässe warfen und sich erkundigten, wo wir denn Ägypten wieder verlasen wollten. Unsere Antwort: genau hier! schien sie zu überraschen. Anschliessend wurde uns eröffnet, dass Volontäre seit einem Monat Israel zwar verlassen, aber nicht mehr wieder einreisen dürfen, da sie nach einem Auslandsaufenthalt weder ein neues Volontärs- noch ein Touristenvisum bekommen. Somit war Chiel mit seinem momentanen Touristenvisum der einzige, der nach Nes Ammim hatte zurückkehren können, und da wir alle schon für den Rest den Monats im Arbeitsplan eingeteilt waren, war Ägypten - obwohl wir uns schon auf neutralem Gebiet befanden - auf einmal in ganz weite Ferne gerückt.
Uns wurde geraten, ins Ministery of Interior (also dem Ministerium des Inneren) zu fahren und dort ein spezielles Visa fur mehrmalige Aus- und Wiedereinreise nach Israel zu beantragen. Es war Freitagmorgen, und natürlich hatte das Ministerium Freitag und Samstag geschlossen, sodass wir uns erst einmal eine Bleibe in Eilat suchen mussten.
Zum Glück erinnerte sich Chiel von einem früheren Besuch in Eilat noch an den Shelter, ein christliches Hostel. Es war dann auch so christlich, dass wir nicht alle auf dem Dach schlafen durften (Mädchen und Jungen gemischt! Das waren wir aus dem strengen Nes Ammim natürlich gewöhnt), aber wir wurden sehr herzlich empfangen von den holländischen Volontären, die im Shelter arbeiten.
Jeden Freitagabend gibt es dort einen Gottesdienst mit einem anschließenden Abendessen für alle Gäste. Da sich im Shelter oft ausländische Gäste und immer Israelis, (europäische) Volontäre und sudanesische Flüchtlinge (viele Flüchtlinge aus dem Sudan reisen über den Sinai nach Israel ein und bleiben dann in Eilat) aufhalten, wird das ganze zu einer recht lauten Angelegenheit, da ausgehend von der englischen Predigt ins Arabische, Hebräische und - in unserem Falle - auch ins Russische und Spanische simultan gedolmetscht wird. Irgendwann schreien alle gegeneinander an und man muss sich anstrengen, damit man seine Sprache überhaupt noch aus dem ganzen Sprachgewirr heraushören kann. Außerdem werden Worshiplieder in verschiedenen Sprachen gesungen, und auch der sudanesische Kinderchor gab auf einem Podest zappelnd ein Lied zum Besten.

Es ist uns jedoch unangenehm aufgefallen, dass die Leute im Shelter eine sehr strikte Vorstellung davon haben, wer ein believer (was auch die messianischen Juden miteinschließt) ist - und für uns kam es so rüber, dass sie alle, die nicht genauso vom Geist erfüllt waren wie sie, geradewegs in die Hölle fahren sahen. Außerdem haben die Volontäre im Shelter eine etwas andere Einstellung gegenüber (Juden)mission - in Nes Ammim streng verboten, in Eilat gehen sie jeden Nachmittag an den Strand und verteilen Bibeln.
Trotzdem ist der Shelter ein toller Ort, wir haben abends lange draußen unter der Laube gesessen und mit anderen Gästen geredet (es sei erinnert an den Pastor mit seinen beiden Kindern, die nach neun Monaten Winter in Montana ins 30 Grad heiße Eilat angereist waren). Nur das Abendessen wurde uns etwas erschwert: erst klaute eine Gruppe von fünfjährigen Sudanesen uns unsere Cola-Flasche, dann kam eine Sozialarbeiterin an unseren Tisch und fragte, ob jemand für sie vom Französischen ins Englische übersetzen könne. Ich radebrechte also in nach einem Jahr Nicht-Gebrauch wirklich grottigem Französisch die Geschichte der afrikanischen Frauen, deren Kindern nicht in den Kindergarten gelassen werden sollten - und als ich vor lauter Verwirrung anfing, hebräische Wörter in mein Französisch zu mischen, fanden auf einmal alle Anwesenden heraus, dass sie fließend Hebräisch sprachen. Wie unerwartet, wenn man zusammen in Israel um einen Tisch sitzt. An meinem Tisch waren die Nudeln inzwischen jedenfalls kalt geworden.
Auch das Schnorcheln haben wir natürlich nicht ausgelassen: einerseits unglaublich faszinierend, andererseits für mich mit meiner mehr oder weniger akuten Angst vor offenen Gewässern eine leichte Grenzerfahrung. Manchmal ist es besser, nicht zu sehen, was unter einem ist. Chiel hat jedoch gut auf mich aufgepasst (samt Rettung vor einem Feuerfisch) und mich sicher wieder an den Strand bekommen.

Kaum lagen wir auf unseren erklauten Liegen, fing es jenseits der Mauer an zu rauchen. Auch wenn wir am Anfang noch davon überzeugt waren, dass es sich nur um ein Israeli barbecue handelte: als die Palme vor uns auf einmal in Flammen aufging, merkten wir, dass dort doch etwas mehr brennen musste als ein Hühnchenspieß. Als die Feuerwehr schließlich anrückte, hatte das Hotelpersonal ihren Garten jedoch schon zum größten Teil gelöscht.

Am nächsten Morgen machten wir uns wieder auf zum Ministery of Interior. Naomi beschloss angesichts der langen Warteschlange, sich erst mal einen Kaffee zu holen - aber bevor sie wieder da war, hatte sich schon herausgestellt, dass Mirjam (deren Visum abgelaufen war und nur durch eine Wiedereinreise nach Israel hätte verlängert werden können) kein multiple-entry-Visum bekommen würde. Dadurch konnte sie nicht wiedereinreisen und dadurch kein neues Visum bekommen, das sie benötigt hätte, um wieder einreisen zu können. (Macht keinen Sinn? Stimmt, haben wir auch gedacht). Dadurch wurde nicht nur unserem Ägyptenplan, sondern auch ihrem Israelaufenthalt, der ofiziell erst drei Wochen später zu Ende gegangen wäre, ein jähes Ende gesetzt.
Chiel stand leicht überfordert mit drei heulenden Mädchen und einer Gruppe neugieriger Sudanesen im Fahrstuhl nach unten, und während er damit beschäftigt war, unseren Bus zurück in den Norden vier Tage vorzubuchen, betrieben wir akute Katastrophenbekämpfung in Form von Nahrungsmittelaufnahme. Hier ein Gruppenbild, aufgenommen unmittelbar nach the great sadness:

Und damit befinden wir uns wieder am Anfang dieses Eintrags: zurück in Nes Ammim, sehr viel schneller als erwartet, und damit beschäftigt, eine Shalomparty und Transport für Mirjam zum Flughafen zu organisieren.
Besgte Reise endete jedoch schon nach vier Tagen wieder dort, wo sie angefangen hatte: in Nes Ammim.
Was war passiert?
Nachdem wir die 454 Kilometer nach Eilat mit dem Nachtbus zurückgelegt hatten, standen wir morgens um fünf enthusiastisch und gutgelaunt vor der Taba Border Crossing, dem israelischen Grenzübergang nach Ägypten. Unser Trip endete jäh fünfzig Meter weiter.
Wir entrichteten brav unsere Ausreisegebühr, tauschten all unser restliches Bargeld in ägyptishe Pfund und stellten uns in einer Reihe vor der Passkontrolle auf, wo zwei Beamtinnen einen Blick in unsere Pässe warfen und sich erkundigten, wo wir denn Ägypten wieder verlasen wollten. Unsere Antwort: genau hier! schien sie zu überraschen. Anschliessend wurde uns eröffnet, dass Volontäre seit einem Monat Israel zwar verlassen, aber nicht mehr wieder einreisen dürfen, da sie nach einem Auslandsaufenthalt weder ein neues Volontärs- noch ein Touristenvisum bekommen. Somit war Chiel mit seinem momentanen Touristenvisum der einzige, der nach Nes Ammim hatte zurückkehren können, und da wir alle schon für den Rest den Monats im Arbeitsplan eingeteilt waren, war Ägypten - obwohl wir uns schon auf neutralem Gebiet befanden - auf einmal in ganz weite Ferne gerückt.
Uns wurde geraten, ins Ministery of Interior (also dem Ministerium des Inneren) zu fahren und dort ein spezielles Visa fur mehrmalige Aus- und Wiedereinreise nach Israel zu beantragen. Es war Freitagmorgen, und natürlich hatte das Ministerium Freitag und Samstag geschlossen, sodass wir uns erst einmal eine Bleibe in Eilat suchen mussten.
Zum Glück erinnerte sich Chiel von einem früheren Besuch in Eilat noch an den Shelter, ein christliches Hostel. Es war dann auch so christlich, dass wir nicht alle auf dem Dach schlafen durften (Mädchen und Jungen gemischt! Das waren wir aus dem strengen Nes Ammim natürlich gewöhnt), aber wir wurden sehr herzlich empfangen von den holländischen Volontären, die im Shelter arbeiten.
Jeden Freitagabend gibt es dort einen Gottesdienst mit einem anschließenden Abendessen für alle Gäste. Da sich im Shelter oft ausländische Gäste und immer Israelis, (europäische) Volontäre und sudanesische Flüchtlinge (viele Flüchtlinge aus dem Sudan reisen über den Sinai nach Israel ein und bleiben dann in Eilat) aufhalten, wird das ganze zu einer recht lauten Angelegenheit, da ausgehend von der englischen Predigt ins Arabische, Hebräische und - in unserem Falle - auch ins Russische und Spanische simultan gedolmetscht wird. Irgendwann schreien alle gegeneinander an und man muss sich anstrengen, damit man seine Sprache überhaupt noch aus dem ganzen Sprachgewirr heraushören kann. Außerdem werden Worshiplieder in verschiedenen Sprachen gesungen, und auch der sudanesische Kinderchor gab auf einem Podest zappelnd ein Lied zum Besten.
Es ist uns jedoch unangenehm aufgefallen, dass die Leute im Shelter eine sehr strikte Vorstellung davon haben, wer ein believer (was auch die messianischen Juden miteinschließt) ist - und für uns kam es so rüber, dass sie alle, die nicht genauso vom Geist erfüllt waren wie sie, geradewegs in die Hölle fahren sahen. Außerdem haben die Volontäre im Shelter eine etwas andere Einstellung gegenüber (Juden)mission - in Nes Ammim streng verboten, in Eilat gehen sie jeden Nachmittag an den Strand und verteilen Bibeln.
Trotzdem ist der Shelter ein toller Ort, wir haben abends lange draußen unter der Laube gesessen und mit anderen Gästen geredet (es sei erinnert an den Pastor mit seinen beiden Kindern, die nach neun Monaten Winter in Montana ins 30 Grad heiße Eilat angereist waren). Nur das Abendessen wurde uns etwas erschwert: erst klaute eine Gruppe von fünfjährigen Sudanesen uns unsere Cola-Flasche, dann kam eine Sozialarbeiterin an unseren Tisch und fragte, ob jemand für sie vom Französischen ins Englische übersetzen könne. Ich radebrechte also in nach einem Jahr Nicht-Gebrauch wirklich grottigem Französisch die Geschichte der afrikanischen Frauen, deren Kindern nicht in den Kindergarten gelassen werden sollten - und als ich vor lauter Verwirrung anfing, hebräische Wörter in mein Französisch zu mischen, fanden auf einmal alle Anwesenden heraus, dass sie fließend Hebräisch sprachen. Wie unerwartet, wenn man zusammen in Israel um einen Tisch sitzt. An meinem Tisch waren die Nudeln inzwischen jedenfalls kalt geworden.
Auch das Schnorcheln haben wir natürlich nicht ausgelassen: einerseits unglaublich faszinierend, andererseits für mich mit meiner mehr oder weniger akuten Angst vor offenen Gewässern eine leichte Grenzerfahrung. Manchmal ist es besser, nicht zu sehen, was unter einem ist. Chiel hat jedoch gut auf mich aufgepasst (samt Rettung vor einem Feuerfisch) und mich sicher wieder an den Strand bekommen.
Kaum lagen wir auf unseren erklauten Liegen, fing es jenseits der Mauer an zu rauchen. Auch wenn wir am Anfang noch davon überzeugt waren, dass es sich nur um ein Israeli barbecue handelte: als die Palme vor uns auf einmal in Flammen aufging, merkten wir, dass dort doch etwas mehr brennen musste als ein Hühnchenspieß. Als die Feuerwehr schließlich anrückte, hatte das Hotelpersonal ihren Garten jedoch schon zum größten Teil gelöscht.
Am nächsten Morgen machten wir uns wieder auf zum Ministery of Interior. Naomi beschloss angesichts der langen Warteschlange, sich erst mal einen Kaffee zu holen - aber bevor sie wieder da war, hatte sich schon herausgestellt, dass Mirjam (deren Visum abgelaufen war und nur durch eine Wiedereinreise nach Israel hätte verlängert werden können) kein multiple-entry-Visum bekommen würde. Dadurch konnte sie nicht wiedereinreisen und dadurch kein neues Visum bekommen, das sie benötigt hätte, um wieder einreisen zu können. (Macht keinen Sinn? Stimmt, haben wir auch gedacht). Dadurch wurde nicht nur unserem Ägyptenplan, sondern auch ihrem Israelaufenthalt, der ofiziell erst drei Wochen später zu Ende gegangen wäre, ein jähes Ende gesetzt.
Chiel stand leicht überfordert mit drei heulenden Mädchen und einer Gruppe neugieriger Sudanesen im Fahrstuhl nach unten, und während er damit beschäftigt war, unseren Bus zurück in den Norden vier Tage vorzubuchen, betrieben wir akute Katastrophenbekämpfung in Form von Nahrungsmittelaufnahme. Hier ein Gruppenbild, aufgenommen unmittelbar nach the great sadness:
Und damit befinden wir uns wieder am Anfang dieses Eintrags: zurück in Nes Ammim, sehr viel schneller als erwartet, und damit beschäftigt, eine Shalomparty und Transport für Mirjam zum Flughafen zu organisieren.
Samstag, 18. Juni 2011
Ein ganz normaler Freitag.
6.00am: Aufstehen, mich freuen, dass Freitag ist. Mit normaler Kleidung zur Schule gehen, das geht freitags (es sind keine kurzen Hosen erlaubt und keine Tops und keine Ausschnitte und keine FlipFlops. Sonst geht alles. Und man muss vier Bolivares bezahlen, an die Abschlussklasse.)
6.40am: Wir gehen aus dem Haus. Da es keinen Schulbus gibt, bringt meine Gastmutter uns hin, und macht ausserdem auch noch den Transport fuer Renata und Ricky, Cesar und einen anderen Jungen, Daniel, die alle bei mir auf der Schule sind.
7.40am: Langsam sind alle Leute eingetrudelt. Die Motivation ist nicht so hoch.

8.00am: Die Ersten versuchen, in die Pause zu fluechten.
8.15am: Die Pause faengt an und die Lehrerin scheucht auch die, die es nicht so eilig haben, aus dem Klassenraum. Jetzt geht es darum, sich in den Kampf vor der Kantine zu werfen: Schlangestehen ist nicht so verbreitet. Irgendwann kriegt dann jeder seine Empanada, sein Tequeno oder sein Pastelito und die Lehrer fangen schon wieder an, uns hochzuschicken.
8.23am: Der Lehrer ist noch nicht gekommen und Daniel fliegt das erste Mal heute auf mich drauf.
9.01am: Der Lehrer hat keine Lust Unterricht zu geben, weshalb wir uns auf andere Art beschaeftigen.

10.10am: Lehrertausch, der neue Lehrer muss zuerst mal sein Pult freischaffen.

11.40am: Die Lehrerin des letzten Modulos ist nicht aufgetaucht, weshalb unser Grueppchen (dieses Mal bestehend aus Renata, Roxy, Daniel, Nathaly und ich) in das Restaurant neben der Schule geht, wo wir auf Roberto, seine Cousine Jhanny und deren Bruder Jesus warten, weil Roberto vorhatte, den Reto zu machen: einen superriesen Hamburger mit einem ueberdimensional grossen Glas Cola und eine Portion Pommes in einer halben Stunde. Wer es schafft, muss nichts bezaehlen und kriegt ein cooles T-Shirt.
12.15 pm: Renata und ich tauschen T-Shirts.
12.22 pm: Roberto, Jhanny und Jesus treffen ein. Es stellt sich heraus, dass ausser Jhanny und Roberto keiner genug Geld dabei hat, um Essen zu kaufen, und den Reto gab es heute aus unerfindlichen Gruenden nicht, weshalb wir unverrichteter Dinge wieder abziehen.
12.40pm: Jhannys Mutter holt uns ab und wir quetschen uns alle zusammen in den Fuenfsitzer, aber gestapelt geht das irgendwie. Wir fahren zu Jhanny, die Mutter laedt uns dort ab und wir bestellen zwei Riesenpizzas.
1.00 pm: Wir liegen auf Jhannys Bett und lachen ueber das Lachen verschiedener Leute
1.14 pm: Die Pizzas treffen ein und wir essen zu viel, damit nichts ueberbleibt.
2.00 pm: Es kommen noch zwei andere Freunde von Jhanny und Roberto.
2.30 pm: Es wird algemein beschlossen, an den Pool zu gehen. Da aber weder Renata noch Roxy noch ich einen Badeanzug dabei haben, holt Jhanny eine Riesentasche mit vielen Badeanzuegen aus dem Schrank, die wir nacheinander anprobieren.
3.17 pm: Ich fuer meinen Teil beschliesse, mich nicht zu baden, und gehe mit Renatas weissem T-Shirt und schwarzen Shorts mit pinken Punkten, die mir Jhanny geliehen hat, zum Pool.
3.34 pm: Daniel wirft mich in den Pool. Ich bereue es, Rentatas weisses T-Shirt anzuhaben.
5:30 pm: Mit der Zeit kommen immer mehr Leute und alle enden im Pool... mit oder ohne Klamotten.

6:48 pm: Irgendwie will keiner aus dem Pool, weil der waermer ist als die Umgebung, aber irgendwann wurde der Kopf dann doch zu kalt, weshalb Jhannys Mutter uns alle Handtuecher und Bademaentel zusammensuchte, die es im Haus gibt.

7:00 pm: Die Mutter nimmt sich drei Jungs mit, um essen kaufen zu gehen.
7:48 pm: Sie kommt wieder und wir machen uns ans Essen und Fotos machen.

8:37 pm: Renata und ich setzen uns ins Taxi, weil unsere Muetter uns heimpfeiffen.
9:00 pm: Ich komme zufrieden daheim an.

Man beachte: den coolen Sessel.
6.40am: Wir gehen aus dem Haus. Da es keinen Schulbus gibt, bringt meine Gastmutter uns hin, und macht ausserdem auch noch den Transport fuer Renata und Ricky, Cesar und einen anderen Jungen, Daniel, die alle bei mir auf der Schule sind.
7.40am: Langsam sind alle Leute eingetrudelt. Die Motivation ist nicht so hoch.
8.00am: Die Ersten versuchen, in die Pause zu fluechten.
8.15am: Die Pause faengt an und die Lehrerin scheucht auch die, die es nicht so eilig haben, aus dem Klassenraum. Jetzt geht es darum, sich in den Kampf vor der Kantine zu werfen: Schlangestehen ist nicht so verbreitet. Irgendwann kriegt dann jeder seine Empanada, sein Tequeno oder sein Pastelito und die Lehrer fangen schon wieder an, uns hochzuschicken.
8.23am: Der Lehrer ist noch nicht gekommen und Daniel fliegt das erste Mal heute auf mich drauf.
9.01am: Der Lehrer hat keine Lust Unterricht zu geben, weshalb wir uns auf andere Art beschaeftigen.
10.10am: Lehrertausch, der neue Lehrer muss zuerst mal sein Pult freischaffen.
11.40am: Die Lehrerin des letzten Modulos ist nicht aufgetaucht, weshalb unser Grueppchen (dieses Mal bestehend aus Renata, Roxy, Daniel, Nathaly und ich) in das Restaurant neben der Schule geht, wo wir auf Roberto, seine Cousine Jhanny und deren Bruder Jesus warten, weil Roberto vorhatte, den Reto zu machen: einen superriesen Hamburger mit einem ueberdimensional grossen Glas Cola und eine Portion Pommes in einer halben Stunde. Wer es schafft, muss nichts bezaehlen und kriegt ein cooles T-Shirt.
12.15 pm: Renata und ich tauschen T-Shirts.
12.22 pm: Roberto, Jhanny und Jesus treffen ein. Es stellt sich heraus, dass ausser Jhanny und Roberto keiner genug Geld dabei hat, um Essen zu kaufen, und den Reto gab es heute aus unerfindlichen Gruenden nicht, weshalb wir unverrichteter Dinge wieder abziehen.
12.40pm: Jhannys Mutter holt uns ab und wir quetschen uns alle zusammen in den Fuenfsitzer, aber gestapelt geht das irgendwie. Wir fahren zu Jhanny, die Mutter laedt uns dort ab und wir bestellen zwei Riesenpizzas.
1.00 pm: Wir liegen auf Jhannys Bett und lachen ueber das Lachen verschiedener Leute
1.14 pm: Die Pizzas treffen ein und wir essen zu viel, damit nichts ueberbleibt.
2.00 pm: Es kommen noch zwei andere Freunde von Jhanny und Roberto.
2.30 pm: Es wird algemein beschlossen, an den Pool zu gehen. Da aber weder Renata noch Roxy noch ich einen Badeanzug dabei haben, holt Jhanny eine Riesentasche mit vielen Badeanzuegen aus dem Schrank, die wir nacheinander anprobieren.
3.17 pm: Ich fuer meinen Teil beschliesse, mich nicht zu baden, und gehe mit Renatas weissem T-Shirt und schwarzen Shorts mit pinken Punkten, die mir Jhanny geliehen hat, zum Pool.
3.34 pm: Daniel wirft mich in den Pool. Ich bereue es, Rentatas weisses T-Shirt anzuhaben.
5:30 pm: Mit der Zeit kommen immer mehr Leute und alle enden im Pool... mit oder ohne Klamotten.
6:48 pm: Irgendwie will keiner aus dem Pool, weil der waermer ist als die Umgebung, aber irgendwann wurde der Kopf dann doch zu kalt, weshalb Jhannys Mutter uns alle Handtuecher und Bademaentel zusammensuchte, die es im Haus gibt.
7:00 pm: Die Mutter nimmt sich drei Jungs mit, um essen kaufen zu gehen.
7:48 pm: Sie kommt wieder und wir machen uns ans Essen und Fotos machen.
8:37 pm: Renata und ich setzen uns ins Taxi, weil unsere Muetter uns heimpfeiffen.
9:00 pm: Ich komme zufrieden daheim an.
Man beachte: den coolen Sessel.
Samstag, 11. Juni 2011
Ich bin so beruehmt, ich komm sogar im Radio.
Eigentlich wollte ich hier jetzt ein total cooles Video hochladen, aber leider ist blogger da zu beschraenkt dazu (oder ich bin zu beschraenkt, Videos zu verkleinern.)
Es kam mal wieder zu einem anderen Ersten Mal in meinem Leben: ich kam im Radio. Und das auch noch auf Spanisch.

Es ging um eine Werbung fuer AFS Puerto la Cruz, damit sich die Leute fuer das naechste Jahr einschreiben, weshalb uns zwei Interviews organisiert wurden, das Erste live und nur fuenf Minuten, das andere aufgenommen und in einer Sendung heute von 11-12 Uhr mittags: es sprachen Estherbany, ihr Bruder, der gerade aus Japan wiedergekommen ist (gerade vor drei Monaten, mein Zeitgefuehl ist etwas verschoben), Sergio, der bald nach Finnland geht und seine Mutter, die dann ein deutsches Maedchen namens Sophia beheimatet.
Spass hatten wir.

und alle fanden mich ganz bezaubernd.

Und weil wir so ein tolles Interview gegeben haben, wird am Sonntag, wenn die erste Informationsveranstaltung ist, bestimmt der Saal gesprengt... hoffentlich. Und wenn nicht, kann ich immer noch sagen, dass ich schon mal im Radio war.
Es kam mal wieder zu einem anderen Ersten Mal in meinem Leben: ich kam im Radio. Und das auch noch auf Spanisch.
Es ging um eine Werbung fuer AFS Puerto la Cruz, damit sich die Leute fuer das naechste Jahr einschreiben, weshalb uns zwei Interviews organisiert wurden, das Erste live und nur fuenf Minuten, das andere aufgenommen und in einer Sendung heute von 11-12 Uhr mittags: es sprachen Estherbany, ihr Bruder, der gerade aus Japan wiedergekommen ist (gerade vor drei Monaten, mein Zeitgefuehl ist etwas verschoben), Sergio, der bald nach Finnland geht und seine Mutter, die dann ein deutsches Maedchen namens Sophia beheimatet.
Spass hatten wir.
und alle fanden mich ganz bezaubernd.
Und weil wir so ein tolles Interview gegeben haben, wird am Sonntag, wenn die erste Informationsveranstaltung ist, bestimmt der Saal gesprengt... hoffentlich. Und wenn nicht, kann ich immer noch sagen, dass ich schon mal im Radio war.
Dienstag, 7. Juni 2011
Johnny liebt dich.
Ich war also heute tatsaechlich Fluch der Karibik im Kino anschauen. Eigentlich wollten wir schon gestern rein, sind extra zum Kino gefahren und haben uns in die (unerwartet und unglaublich) lange Schlange gestellt und dann waren schon alle Karten weg, weshalb wir unverrichteter Dinge wieder abgezogen sind.
Heute kamen wir dann von der Schule, haben gegessen, uns umgezogen und sind wieder zum Kino, wo diesmal weniger Schlange war und ausserdem haben wir auch noch ein paar Freundinnen von meiner Mutter getroffen, die schon fast am Schalter angekommen waren und uns dann die Karten mitgekauft haben. Wir kamen im Kinosaal an, zuerst nur Daniela und ich, weil meine Eltern noch Popcorn kaufen waren, und wir waren bis auf ein Paerchen die Einzigen ('Cool, ich war noch die fast die Einzige im Kino-lass mal schreien.'), der Saal fuellte sich mit der Zeit dann aber doch noch gut. Es war verdammt kalt, aber der Film war unerwartet gut.
Dienstag, 31. Mai 2011
Yom haZikaron
Kaum eine Woche nach dem Holocaust-Gedenktag folgt am 9. Mai gleich der nächste (Gedenktag): Yom haZikaron, was so viel bedeutet wie: Gedenktag (hah!), oder, in der langen Version: יום הזכרון לחללימערכות ישראל ולנפגעי פעולות האיבה was wörtlich übersetzt heisst: Gedenktag für die gefallenen israelischen Soldaten und Terroropfer.
Mit ein paar Nes Ammim Volontären besuchten wir morgens die Friedhöfe in Nahariyya und Hanita, einem Kibbutz an der libanesischen Grenze, auf denen zwei ehemalige Nes Ammim Volontäre liegen, die in der israelischen Armee dienten und gestorben sind. Einer von ihnen wurde beim Hitchhiken entführt, seine Leiche wurde später ausgeraubt gefunden und musste durch Fernsehanzeigen identifiziert werden, der andere war Bombenspezialist und wurde bei einem Entschärfungsversuch in Gaza in die Luft gesprengt.
Auf israelischen Friedhofen gibt es eigene Bereiche fur Soldaten, und wenn man bedenkt, dass allein in 2010 183 israelische Soldaten gestorben sind, ohne dass sich Israel im Krieg befunden hätte, kann man sich vorstellen, dass diese Bereiche viel gefüllter sind, als man sich das in Deutschland denken würde.

Am Yom haZikaron besuchen jedenfalls nicht nur die Familien die Gräber der gefallenen Familienangehörigen (und in Israel gibt es keine Familie, die nicht einen etwas näher oder ferner entfernen Verwandten verloren hat), sondern auch das Militar kommt auf die Friedhöfe: Mitglieder der ehemaligen Einheiten besuchen die Gräber der Gefallenen, und vor den Gräbern der im letzten Jahr Verstorbenen stehen immer ein oder zwei Soldaten, die von der IDF geschickt werden, um den Familien zu zeigen, dass die Toten nicht vergessen sind.
Um elf Uhr heulen im ganzen Land wieder fur zwei Minuten die Sirenen, auf den Straßen kommt der Verkehr zum Erliegen und auf den Friedhofen werden Gedenkzeremonien abgehalten. Wir befanden uns zu diesem Zeitpunkt gerade in Hanita, und von den Bergen umher konnte man die Sirenen der anderen Kibbutzim und Dörfer hören, während Soldaten, die in Hanita wohn(t)en zwei Fackeln anzündeten.
Um daran zu erinnern, dass all die Toten (zumindest nicht völlig) umsonst gestorben sind - immerhin haben sie den Staat Israel verteidigt - geht der Gedenktag abends nach jüdischer Tradition in den Unabhängigkeitstag (Yom haAtzma'ut) über.
Wir fuhren nach Regba, unserem benachbarten Moshav, denn dort backt Nes Ammim am Unabhängigkeitstag traditionell Pfannkuchen.


Wir waren recht erfolgreich und verbrauchten fast anderthalb Wannen Pfannkuchenteig, auch wenn wir selber nichts abbekamen/abbekommen wollten (könnte aber auch an dem übrigen reichlichen Speiseangebot gelegen haben: nachdem wir uns in Schichten durch Kuchen, Kekse, Falafel & Pita, heiße Maiskolben und Zuckerwatte in rauen Mengen gefressen hatten, saßen wir am Ende neben unserem Pfannkuchenstand und waren nicht mehr in der Lage uns zu bewegen, was Jennie an den Rand ihrer Nerven trieb, irgendjemand musste immerhin die Pfannkuchenteigwannen wieder zum Auto tragen).

Zum Kalorienverbrennen fuhren wir hinterher mit dem Fahrrad durch die Felder nach Beit haEmeq, dort fand eine Independence-Day-Party statt. Wir tanzten auf komische Techno-Versionen von israelischen Patriotismus-Liedern, auch wenn Eva und mir der Verdacht kam, dass wir die Geschichte mit dem Patriotismus vielleicht sogar ein wenig ernster nahmen als die anderen Anwesenden:

Während die Israelis ihre Unabhängigkeit feiern, begehen die Palästinenser den Naquba-Day. Naquba ist arabisch und bedeutet Katastrophe, denn für die Palästinenser ist es nunmal nicht besonders gut, dass Israel seine Unabhängigkeit erlangte. Hier ist eben alles zweischneidig: man freut sich mit den einen, aber bitte auch nicht zu sehr, denn andere müssen darunter leiden. In den Wochen vorher waren großangelegte Protestaktionen angekündigt und die arabischen Staate zum Einmarsch in Israel aufgefordert worden. Dazu ist es nicht gekommen, zumindest nicht in dem Ausmaß, aber in Majdal Shams (ihr erinnert euch?) versuchten Gruppen von Palästinensern, die heute in Syrien leben, die Grenze zu überqueren, Teile von ihnen wurden dabei erschossen. Wobei ich jetzt auch den Schreck der israelischen Soldaten verstehe, wenn sie einen Haufen aufgebrachter Männer sehen, die erst den Grenzzaun Syriens durchbrechen, dann den der UN unterstehenden Streifen zwischen den beiden Ländern durchqueren und auf die israelische Grenze zustürmen. Nicht, dass ich damit sagen will, dass es richtig war zu schießen, und erst recht nicht dass es ich nicht schrecklich finde, dass Menschen dabei gestorben sind - aber irgendwie kann ich ja beide Seite verstehen.
Die nächste Protestaktion ist jetzt übrigens für den 5. Juni geplant, es wird erwartet, dass bis zu 100 000 Palästinenser gegen die Checkpoints in der Westbank marschieren. Ich werde dann jedenfalls in Ägypten sein und damit vermutlich genauso sicher wie in Nes Ammim.
Bis bald und Shalom! (:
Mit ein paar Nes Ammim Volontären besuchten wir morgens die Friedhöfe in Nahariyya und Hanita, einem Kibbutz an der libanesischen Grenze, auf denen zwei ehemalige Nes Ammim Volontäre liegen, die in der israelischen Armee dienten und gestorben sind. Einer von ihnen wurde beim Hitchhiken entführt, seine Leiche wurde später ausgeraubt gefunden und musste durch Fernsehanzeigen identifiziert werden, der andere war Bombenspezialist und wurde bei einem Entschärfungsversuch in Gaza in die Luft gesprengt.
Auf israelischen Friedhofen gibt es eigene Bereiche fur Soldaten, und wenn man bedenkt, dass allein in 2010 183 israelische Soldaten gestorben sind, ohne dass sich Israel im Krieg befunden hätte, kann man sich vorstellen, dass diese Bereiche viel gefüllter sind, als man sich das in Deutschland denken würde.
Am Yom haZikaron besuchen jedenfalls nicht nur die Familien die Gräber der gefallenen Familienangehörigen (und in Israel gibt es keine Familie, die nicht einen etwas näher oder ferner entfernen Verwandten verloren hat), sondern auch das Militar kommt auf die Friedhöfe: Mitglieder der ehemaligen Einheiten besuchen die Gräber der Gefallenen, und vor den Gräbern der im letzten Jahr Verstorbenen stehen immer ein oder zwei Soldaten, die von der IDF geschickt werden, um den Familien zu zeigen, dass die Toten nicht vergessen sind.
Um elf Uhr heulen im ganzen Land wieder fur zwei Minuten die Sirenen, auf den Straßen kommt der Verkehr zum Erliegen und auf den Friedhofen werden Gedenkzeremonien abgehalten. Wir befanden uns zu diesem Zeitpunkt gerade in Hanita, und von den Bergen umher konnte man die Sirenen der anderen Kibbutzim und Dörfer hören, während Soldaten, die in Hanita wohn(t)en zwei Fackeln anzündeten.
Um daran zu erinnern, dass all die Toten (zumindest nicht völlig) umsonst gestorben sind - immerhin haben sie den Staat Israel verteidigt - geht der Gedenktag abends nach jüdischer Tradition in den Unabhängigkeitstag (Yom haAtzma'ut) über.
Wir fuhren nach Regba, unserem benachbarten Moshav, denn dort backt Nes Ammim am Unabhängigkeitstag traditionell Pfannkuchen.
Wir waren recht erfolgreich und verbrauchten fast anderthalb Wannen Pfannkuchenteig, auch wenn wir selber nichts abbekamen/abbekommen wollten (könnte aber auch an dem übrigen reichlichen Speiseangebot gelegen haben: nachdem wir uns in Schichten durch Kuchen, Kekse, Falafel & Pita, heiße Maiskolben und Zuckerwatte in rauen Mengen gefressen hatten, saßen wir am Ende neben unserem Pfannkuchenstand und waren nicht mehr in der Lage uns zu bewegen, was Jennie an den Rand ihrer Nerven trieb, irgendjemand musste immerhin die Pfannkuchenteigwannen wieder zum Auto tragen).
Zum Kalorienverbrennen fuhren wir hinterher mit dem Fahrrad durch die Felder nach Beit haEmeq, dort fand eine Independence-Day-Party statt. Wir tanzten auf komische Techno-Versionen von israelischen Patriotismus-Liedern, auch wenn Eva und mir der Verdacht kam, dass wir die Geschichte mit dem Patriotismus vielleicht sogar ein wenig ernster nahmen als die anderen Anwesenden:
Während die Israelis ihre Unabhängigkeit feiern, begehen die Palästinenser den Naquba-Day. Naquba ist arabisch und bedeutet Katastrophe, denn für die Palästinenser ist es nunmal nicht besonders gut, dass Israel seine Unabhängigkeit erlangte. Hier ist eben alles zweischneidig: man freut sich mit den einen, aber bitte auch nicht zu sehr, denn andere müssen darunter leiden. In den Wochen vorher waren großangelegte Protestaktionen angekündigt und die arabischen Staate zum Einmarsch in Israel aufgefordert worden. Dazu ist es nicht gekommen, zumindest nicht in dem Ausmaß, aber in Majdal Shams (ihr erinnert euch?) versuchten Gruppen von Palästinensern, die heute in Syrien leben, die Grenze zu überqueren, Teile von ihnen wurden dabei erschossen. Wobei ich jetzt auch den Schreck der israelischen Soldaten verstehe, wenn sie einen Haufen aufgebrachter Männer sehen, die erst den Grenzzaun Syriens durchbrechen, dann den der UN unterstehenden Streifen zwischen den beiden Ländern durchqueren und auf die israelische Grenze zustürmen. Nicht, dass ich damit sagen will, dass es richtig war zu schießen, und erst recht nicht dass es ich nicht schrecklich finde, dass Menschen dabei gestorben sind - aber irgendwie kann ich ja beide Seite verstehen.
Die nächste Protestaktion ist jetzt übrigens für den 5. Juni geplant, es wird erwartet, dass bis zu 100 000 Palästinenser gegen die Checkpoints in der Westbank marschieren. Ich werde dann jedenfalls in Ägypten sein und damit vermutlich genauso sicher wie in Nes Ammim.
Bis bald und Shalom! (:
Montag, 30. Mai 2011
Waltz with Bashir
Unbedingt ansehen:
In dem Film geht es um die Erinnerungen des Regisseurs Ari Folman an den Ersten Libanonkrieg, der während seiner Zeit bei der Armee stattfand. Der Filmtitel ist eine Anspielung auf Bashir Gemayel, der ein christlich-maronitischer Milizenführer und mit Israel verbündet war und dessen Ermordung die Massaker in den Flüchtlingslagern von Sabra und Shatila nach sich zog.
In dem Film geht es um die Erinnerungen des Regisseurs Ari Folman an den Ersten Libanonkrieg, der während seiner Zeit bei der Armee stattfand. Der Filmtitel ist eine Anspielung auf Bashir Gemayel, der ein christlich-maronitischer Milizenführer und mit Israel verbündet war und dessen Ermordung die Massaker in den Flüchtlingslagern von Sabra und Shatila nach sich zog.
Israelisch-Deutsche Beziehungen
Ende Mai war ich zusammen mit Matze, Tobias und Sven in Nachsholim, einen Kibbutz südlich von Haifa, wo die Seminare für deutsche Volontäre (gesponsert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Bonn und Berlin - ja, das ist ein Name) stattfinden. (Dieses Mal habe ich also tatsächlich einen Platz bekommen und musste nicht nach Tel Aviv ausweichen).
Es ging um deutsche Einflüsse in Israel und umgekehrt, und außer 22 deutschen Volontären waren noch vier Israelinnen anwesend, von denen aber zwei sehr schüchtern, eine leicht arrogant und eine ein Nazi war (sie verkündete überzeugt, alle Araber müssten aus Israel herausgeworfen werden und dass Europa islamisiert werden würde).
Es war jedenfalls ein sehr interessantes Seminar mit guten Vorträgen, mit einem Vertreter der deutschen Botschaft (der jedoch einen nur mittelmäßig informierenden Vortrag über die Geschichte der deutsch-israelischen Beziehungen hielt), zwei alten Ladies, die in den 30ern mit zionistischen Motiven Deutschland verließen, um nach Israel zu kommen und über ihre Kindheit in Deutschland und deb Aufbau der Heimat in Israel sprachen, sowie einem deutschen Journalisten, Norbert Jessen, der seit 20 Jahren in Israel lebt und - Überraschung! - der erste deutsche Volontär in Nes Ammim war, nachdem Otto Busse die Bahn geebnet hatte. Er hat erst etwas von seiner Arbeit erzählt und dann Fragen beantwortet, zum Beispiel, ob das Bild Israels in den deutschen Medien einseitig ist oder nicht (seine Antwort: fragt man einen Israeli, sagt der: es ist einseitig pro-palästinensisch, fragt man einen Palästinenser, sagt der: es ist einseitig pro-Israel. Fragt man ihn, sagt er: alle beschweren sich über die Flüchtlingslager der Palästinenser in Israel, wie das Ballata-Camp in Nablus oder Aida bei Bethlehem. Dort leben die Leute in Häusern und haben fließend Wasser und Strom. Die palästinensischen Flüchtlingslager mit den schlimmsten Bedingungen, nämlich Zelte ohne fließend Wasser und Strom, liegen an der jordanisch-irakischen Grenze, und von ihnen weiß niemand etwas. (Er hat Recht, wir alle - 22 Volontäre, 4 Israelis sowie der Leiter des Dialoginstitutes - hatten noch nie etwas davon gehört)).
Einen Tag verbrachten wir in Tel Aviv, wo wir in der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer waren, um über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu sprechen. Ich hatte mich auf einen langweiligen Vortrag eingestellt, tatsächlich war es einer der besten des Wochenendes. Erkenntnisse des Nachmittags: Die Israelis haben zwar den USB-Stick und ICQ erfunden, aber heute weiß das keiner mehr, weil sie ihre Erfindungen lieber für einen Preis von läppischen 400 Millionen Dollar verkauft haben, anstatt sie selbst zu vermarkten. - sowie: nachdem die Juden während der Spanischen Inquisition zwar nicht umgebracht, aber aus Spanien verbannt wurden, legten sie einen 500-jährigen Bann auf Spanien. Die Folge: 1970 - 20 Jahre nach dem Holocaust und geschätzte 478 Jahre nach der Spanischen Inquisition - hatte Israel zwar vollständige diplomatische Beziehungen zu Deutschland, aber nicht zu Spanien.
Hinterher bekamen wir noch eine Führung durch Tel Aviv sowie seines Bauhaukulturerbes und verbrachten den Abend auf dem Carmel-Market:

Und da Nachsholim direkt am Strand liegt, dauerte es auch nicht lange, bis wir über die gestrandete Riesenschildkröte stolperten. Tobi versuchte heldenhaft sie wiederzubeleben, aber jede Hilfe kam zu spät.
Es ging um deutsche Einflüsse in Israel und umgekehrt, und außer 22 deutschen Volontären waren noch vier Israelinnen anwesend, von denen aber zwei sehr schüchtern, eine leicht arrogant und eine ein Nazi war (sie verkündete überzeugt, alle Araber müssten aus Israel herausgeworfen werden und dass Europa islamisiert werden würde).
Es war jedenfalls ein sehr interessantes Seminar mit guten Vorträgen, mit einem Vertreter der deutschen Botschaft (der jedoch einen nur mittelmäßig informierenden Vortrag über die Geschichte der deutsch-israelischen Beziehungen hielt), zwei alten Ladies, die in den 30ern mit zionistischen Motiven Deutschland verließen, um nach Israel zu kommen und über ihre Kindheit in Deutschland und deb Aufbau der Heimat in Israel sprachen, sowie einem deutschen Journalisten, Norbert Jessen, der seit 20 Jahren in Israel lebt und - Überraschung! - der erste deutsche Volontär in Nes Ammim war, nachdem Otto Busse die Bahn geebnet hatte. Er hat erst etwas von seiner Arbeit erzählt und dann Fragen beantwortet, zum Beispiel, ob das Bild Israels in den deutschen Medien einseitig ist oder nicht (seine Antwort: fragt man einen Israeli, sagt der: es ist einseitig pro-palästinensisch, fragt man einen Palästinenser, sagt der: es ist einseitig pro-Israel. Fragt man ihn, sagt er: alle beschweren sich über die Flüchtlingslager der Palästinenser in Israel, wie das Ballata-Camp in Nablus oder Aida bei Bethlehem. Dort leben die Leute in Häusern und haben fließend Wasser und Strom. Die palästinensischen Flüchtlingslager mit den schlimmsten Bedingungen, nämlich Zelte ohne fließend Wasser und Strom, liegen an der jordanisch-irakischen Grenze, und von ihnen weiß niemand etwas. (Er hat Recht, wir alle - 22 Volontäre, 4 Israelis sowie der Leiter des Dialoginstitutes - hatten noch nie etwas davon gehört)).
Einen Tag verbrachten wir in Tel Aviv, wo wir in der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer waren, um über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu sprechen. Ich hatte mich auf einen langweiligen Vortrag eingestellt, tatsächlich war es einer der besten des Wochenendes. Erkenntnisse des Nachmittags: Die Israelis haben zwar den USB-Stick und ICQ erfunden, aber heute weiß das keiner mehr, weil sie ihre Erfindungen lieber für einen Preis von läppischen 400 Millionen Dollar verkauft haben, anstatt sie selbst zu vermarkten. - sowie: nachdem die Juden während der Spanischen Inquisition zwar nicht umgebracht, aber aus Spanien verbannt wurden, legten sie einen 500-jährigen Bann auf Spanien. Die Folge: 1970 - 20 Jahre nach dem Holocaust und geschätzte 478 Jahre nach der Spanischen Inquisition - hatte Israel zwar vollständige diplomatische Beziehungen zu Deutschland, aber nicht zu Spanien.
Hinterher bekamen wir noch eine Führung durch Tel Aviv sowie seines Bauhaukulturerbes und verbrachten den Abend auf dem Carmel-Market:
Und da Nachsholim direkt am Strand liegt, dauerte es auch nicht lange, bis wir über die gestrandete Riesenschildkröte stolperten. Tobi versuchte heldenhaft sie wiederzubeleben, aber jede Hilfe kam zu spät.
Sonntag, 29. Mai 2011
Homoiotherm: widerlegt.
El tiempo corre y no se para...
Der Countdown laeuft: heute in zwei Monaten steige ich in Caracas in den Flieger, 61 Tage, einen spaeter morgens komme ich in Frankfurt an.
Nur damit ihrs wisst.
Nur damit ihrs wisst.
Sonntag, 15. Mai 2011
Saure-Gurken-Zeit.
Nein, der Blog wurde meinerseits nicht vergessen, aber irgendwie gibts im Moment nichts interessantes zu erzaehlen. Die Woche nach Ostern hab ich krankheitsbedingt komplett im Bett verbracht, als ich danach wieder in die Schule zurueckkam, war alles so wie vorher (unsere Klasse ist immer noch ein Desaster, nachdem unsere alte Chemielehrerin gekuendigt hat, haben wir eine neue bekommen, in deren erster Stunde gleich ein Feuerzeug explodiert wurde. Der ganze Raum roch nach Gas, weshalb die Mehrheit gefluechtet ist, aber die Lehrerin ist geblieben-was sich als Fehler ihrerseits herausgestellt hat, sie ist Asthmatikerin und hat dann die naechsten Tage dank eines Anfalls mit Fieber im Bett verbracht. Daraufhin gab es am naechsten Morgen gleich eine Reunion mit den Eltern, ungefaehr die Haelfte tauchte auf, meiner Gastmutter wurde gar nicht angerufen. Die Direktorin hat dann also ein Stuendchen gepredigt ueber Respekt und Benehmen und die anwesenden Eltern zeigten sich angemessen betroffen und es wurde allgemein mit Eltern, Schuelern und Lehrern beschlossen, dass ab sofort zumindest fuer eine Zeit lang ein Elternteil hinten im Klassenraum sitzen soll und alles aufschreiben, was dem Lehrer so entgeht (so frei nach dem Motto, 'Jose hat Luis geschlagen' 'Paola hat das Handy rausgeholt und ihr Facebook gecheckt' 'Frank hat bei Sergio abgeschrieben.') (bis jetzt ist noch niemand aufgekreuzt.) Die Chemielehrerin war uebrigens nicht persoenlich anwesend, sie lag ja mit Fieber im Bett. Wieso bei meiner Gastmutter nicht angerufen wurde, weiss ich auch nicht genau, wahrscheinlich liegt es daran, dass die Direktorin ein grosser Fan von mir ist (es gibt natuerlich auch Leute, die sich gut benehmen, zum Beispiel Sofia, Roxymar, Cesar und Laura) irgendwie ist es doch ein bisschen traurig, dass sie mich, die ich doch wirklich nicht so viel Wichtigkeit fuer den Klassendurchschnitt habe, als erstes nennt.)
Ansonsten geht der Alltag hier seinen Lauf, ich gehe in die Schule, komme heim, esse Reis und Huehnchen, schaue mit Dani Cold Case und schlafe. Ansonsten gehe ich immer noch zweimal in der Woche in die Musikschule und die uebrigen Tage gibt es meist auch irgendwas zu tun, mal spontanes Filmeschauen, mal allgemeines Sportmachen.
Wochenends ist auch meistens was los, sodass meine Zeit hier schnell vorbeigeht, so schnell, dass ich es fast gar nicht merke, und jetzt kommt schon fast bald die letzte Reise: nach Merida und in die Anden. Nachdem ich die andere Reise mangels Pass nicht mitmachen konnte (ach, mein Pass, den ich vor mehr als einem Monat mal in Caracas beantragt habe, ist am Freitag bei mir angekommen: die nette Dame in der Botschaft meinte, dass sie, wenn sie die Unterschriften, die meine Eltern in Deutschland machen muessen, hat, den Pass sofort ausstellt und ihn zum Botschafts-Buero in Puerto la Cruz schickt. Wir haben also alle moeglichen Handynummern und Emailadressen angegeben, sowohl von meinen Eltern als auch von mir, damit sie uns bescheid sagen koennen, wenn der Pass ankommt. Nach zwei Tagen unterschrieben meine Eltern in Deutschland die Sache und alles wurde wieder zurueckgeschickt und dann-nichts. Nachdem dann auch noch AFS anfing, sich darum zu sorgen, rief ich nochmal bei der Botschaft an, die nette Dame meinte, dass sie den Fall schon lang bearbeitet haetten und dass der Pass schon lang losgeschickt sei. Ich versuchte dann also, das Buero in Puerto zu erreichen, die allerdings, wie wir nach einem wiederholten Anruf bei der Botschaft in Caracas erfahren haben, nur Montag, Mittwoch und Freitag von neun bis zwoelf aufhaben und auch waehrend der Zeit nicht immer ans Telefon gehen. Letztendlich haben wir sie doch erreicht und am Freitag ging meine Mutter los, um den Pass abzuholen, ich musste nicht mal mit, was ich doch ein bisschen seltsam fand. Naja, aber ich hab ihn jetzt, ausgestellt am 4.4.2011 und in einem haesslichen gruen.)

Uebrigens erzaehlte mir die nette Dame in der Botschaft, dass ich, wenn ich die Unterschriften meiner Eltern schon vorher eingeholt haette, den Pass gleich haette mitnehmen koennen und so doch die AFS-Amazonas-Reise mitmachen. Allerdings hat sie das in keinem der vier Male erwaehnt, in denen ich mit ihr telefoniert habe und JEDES Mal gefragt hab, ob ich noch etwas anderes tun koennte oder ob der naechste Schritt jetzt sei, nach Caracas zu gehn. Gracias pues.
Ansonsten geht der Alltag hier seinen Lauf, ich gehe in die Schule, komme heim, esse Reis und Huehnchen, schaue mit Dani Cold Case und schlafe. Ansonsten gehe ich immer noch zweimal in der Woche in die Musikschule und die uebrigen Tage gibt es meist auch irgendwas zu tun, mal spontanes Filmeschauen, mal allgemeines Sportmachen.
Wochenends ist auch meistens was los, sodass meine Zeit hier schnell vorbeigeht, so schnell, dass ich es fast gar nicht merke, und jetzt kommt schon fast bald die letzte Reise: nach Merida und in die Anden. Nachdem ich die andere Reise mangels Pass nicht mitmachen konnte (ach, mein Pass, den ich vor mehr als einem Monat mal in Caracas beantragt habe, ist am Freitag bei mir angekommen: die nette Dame in der Botschaft meinte, dass sie, wenn sie die Unterschriften, die meine Eltern in Deutschland machen muessen, hat, den Pass sofort ausstellt und ihn zum Botschafts-Buero in Puerto la Cruz schickt. Wir haben also alle moeglichen Handynummern und Emailadressen angegeben, sowohl von meinen Eltern als auch von mir, damit sie uns bescheid sagen koennen, wenn der Pass ankommt. Nach zwei Tagen unterschrieben meine Eltern in Deutschland die Sache und alles wurde wieder zurueckgeschickt und dann-nichts. Nachdem dann auch noch AFS anfing, sich darum zu sorgen, rief ich nochmal bei der Botschaft an, die nette Dame meinte, dass sie den Fall schon lang bearbeitet haetten und dass der Pass schon lang losgeschickt sei. Ich versuchte dann also, das Buero in Puerto zu erreichen, die allerdings, wie wir nach einem wiederholten Anruf bei der Botschaft in Caracas erfahren haben, nur Montag, Mittwoch und Freitag von neun bis zwoelf aufhaben und auch waehrend der Zeit nicht immer ans Telefon gehen. Letztendlich haben wir sie doch erreicht und am Freitag ging meine Mutter los, um den Pass abzuholen, ich musste nicht mal mit, was ich doch ein bisschen seltsam fand. Naja, aber ich hab ihn jetzt, ausgestellt am 4.4.2011 und in einem haesslichen gruen.)

Uebrigens erzaehlte mir die nette Dame in der Botschaft, dass ich, wenn ich die Unterschriften meiner Eltern schon vorher eingeholt haette, den Pass gleich haette mitnehmen koennen und so doch die AFS-Amazonas-Reise mitmachen. Allerdings hat sie das in keinem der vier Male erwaehnt, in denen ich mit ihr telefoniert habe und JEDES Mal gefragt hab, ob ich noch etwas anderes tun koennte oder ob der naechste Schritt jetzt sei, nach Caracas zu gehn. Gracias pues.
Sonntag, 8. Mai 2011
Yom HaShoah
Ich stehe an der Rezeption und bin gerade leidenschaftlich in eine Diskussion mit einem Gast vertieft, die kurz davor ist, in einen Streit überzugehen (es geht um seine Milchallergie, die er natürlich intelligenterweise dem Personal unseres kosheren Hotels vorher nicht mitgeteilt hat, was zur Folge hat, dass wir jetzt die von ihm verlangten Sojaprodukte nicht vorrätig haben), als plötzlich die Sirenen angehen. Der Mann hört mitten im Satz auf zu sprechen, dreht sich um, auch seine kreischenden und schreienden Kinder werden still und hören auf, sich gegen die Toilettentüren der Lobby zu werfen. Nach zwei Minuten verstummen die Sirenen wieder, der Mann dreht sich zurück, guckt mich an und sagt: "...and this is why I really think that it's your duty to go NOW to buy some soy milk and soy cheese for me!"
Es ist der 2. Mai 2011, der Yom HaShoa weLaGwura (der Tag der Shoah und des Heroismus), Israels offizieller Gedenktag für die sechs Millionen Juden, die im Holocaust (Shoah ist das hebräische Wort für Holocaust) ums Leben gekommen sind.
Alle Fahnen hängen an diesem Tag auf Halbmast und um zehn Uhr gehen die Sirenen landesweit, die Leute unterbrechen ihre Arbeit, auf der Autobahn kommt der Verkehr zum erliegen und die Menschen steigen aus ihren Autos aus. Am Abend des Vortages (also wenn der Tag nach der jüdischen 'Zeitrechnung' beginnt), gibt es eine erste Zeremonie in Jerusalem, alles wird beendet durch eine zweite im Amphitheater in Lochamei haGetaot. Und da das ja gleich um die Ecke liegt, machten wir uns abends also durch die nicht mehr allzu matschigen Felder auf dorthin.
Das Programm war natürlich auf Hebräisch, was es stellenweise etwas schwierig machte, den genaueren Ausführungen zu folgen, vor allem, als Benny Gantz, der Ramatkal (also der Generalstabchef der Israelischen Streitkräfte) seine Rede gehalten hat. Er wurde mit einem Hubschrauber ein- und ausgeflogen, hatte aber erstaunlich wenig Sicherheitspersonal dabei (zumindest kein sichtbares). Könnte aber auch daran liegen, dass der ein Großteil des Publikums sowieso von Soldaten gestellt wurde, die am Ende mit Fackeln ins Amphitheater hinunterzogen.
Überhaupt wurde während des Programmes wieder einmal deutlich, dass sich Israel und Deutschland in manchen Dingen ziemlich radikal voneinander unterscheiden: was Nationalstolz und Patriotismus/Nationalismus angeht, zum Beispiel. So ein Fahnenmeer ist in Deutschland selbst in WM-Zeiten noch nicht lange üblich, hier werden die Nationalfarben nicht nur zu Festakten begeistert geschwungen. Über die Problematik, die das gerade im Konflikt mit den Palästinensern und vor allem arabischen Israelis mit sich bringt, will ich an dieser Stelle nicht reden.
Es ist der 2. Mai 2011, der Yom HaShoa weLaGwura (der Tag der Shoah und des Heroismus), Israels offizieller Gedenktag für die sechs Millionen Juden, die im Holocaust (Shoah ist das hebräische Wort für Holocaust) ums Leben gekommen sind.
Alle Fahnen hängen an diesem Tag auf Halbmast und um zehn Uhr gehen die Sirenen landesweit, die Leute unterbrechen ihre Arbeit, auf der Autobahn kommt der Verkehr zum erliegen und die Menschen steigen aus ihren Autos aus. Am Abend des Vortages (also wenn der Tag nach der jüdischen 'Zeitrechnung' beginnt), gibt es eine erste Zeremonie in Jerusalem, alles wird beendet durch eine zweite im Amphitheater in Lochamei haGetaot. Und da das ja gleich um die Ecke liegt, machten wir uns abends also durch die nicht mehr allzu matschigen Felder auf dorthin.
Das Programm war natürlich auf Hebräisch, was es stellenweise etwas schwierig machte, den genaueren Ausführungen zu folgen, vor allem, als Benny Gantz, der Ramatkal (also der Generalstabchef der Israelischen Streitkräfte) seine Rede gehalten hat. Er wurde mit einem Hubschrauber ein- und ausgeflogen, hatte aber erstaunlich wenig Sicherheitspersonal dabei (zumindest kein sichtbares). Könnte aber auch daran liegen, dass der ein Großteil des Publikums sowieso von Soldaten gestellt wurde, die am Ende mit Fackeln ins Amphitheater hinunterzogen.
Überhaupt wurde während des Programmes wieder einmal deutlich, dass sich Israel und Deutschland in manchen Dingen ziemlich radikal voneinander unterscheiden: was Nationalstolz und Patriotismus/Nationalismus angeht, zum Beispiel. So ein Fahnenmeer ist in Deutschland selbst in WM-Zeiten noch nicht lange üblich, hier werden die Nationalfarben nicht nur zu Festakten begeistert geschwungen. Über die Problematik, die das gerade im Konflikt mit den Palästinensern und vor allem arabischen Israelis mit sich bringt, will ich an dieser Stelle nicht reden.
Freitag, 6. Mai 2011
Sonntag, 1. Mai 2011
Zij is mijn koningin.
Am 30. April wird jährlich in Holland der Koninginnedag gefeiert (der Geburtstag der Königin bzw ihrer Mutter, danach wollte man das Datum nicht mehr ändern), was den Insiderberichten der Holländer in Nes Ammim nach jedes Jahr sehr orange und feucht-fröhlich begangen wird.
Um die holländischen Steuerzahler dafür zu belohnen, dass sie eine Botschaft in Israel unterhalten müssen, findet dort jedes Jahr am Koninginnedag (oder zwei Tage früher, wenn der Tag andernfalls auf einen Shabbat fallen würde) ein Empfang fur alle holländischen Staatsbürger in Israel statt.
Das wollten sich die Nes Ammimer natürlich nicht entgehen lassen, und zwar auch manche Deutsche nicht, was fur allerlei Streitigkeiten sorgte, da gewisse Holländer einen Riesenaufstand schoben und wirklich wütend waren, dass es jemand wagen wollte, ihre Landesfeier zu infiltrieren. Obwohl ich ihre Reaktion und die darauffolgenden Anfeindungen leicht ubertrieben fand, war ich trotzdem der Meinung, dass sie eigentlich Recht hatten; immerhin gibt es auch Seminare fur deutsche Volontäre in Israel, und da sind die Holländer schließlich auch nicht zugelassen.
Wie es der Zufall so wollte, war ich dann trotzdem die einzige Deutsche, die das Ende des Abends auf dem Koninginnedag in der Botschaft in Herzliyya verbrachte. Annemarie & Frans, unser Pastorenehepaar, mussten den Tag wegen einer Konferenz in Jerusalem verbringen und nahmen mich und Christine spontan mit, weil sie noch Plätze im Auto frei hatten. Am späten Nachmittag machte sich Christine per Bus auf nach Herzliyya, während ich noch uber den Mahane-Yehuda-Markt in Jerusalem strolchte (den wir übrigens schon seit August gesucht, aber erst per Zufall auf dem Weg zum Busbahnhof gefunden hatten). Dann sammelten mich Annemarie & Frans an einer Tankstelle im Stadtzentrum auf - und die beschlossen dann, noch dem Käse und Hering zu Leibe zu rücken, den die hungrige Meute in der Botschaft bisher nicht verdrückt hatte.
Zitat Frans: "You can just join us, but you have to face the rage of J."
Die meisten Leute haben sich jedoch gefreut mich zu sehen, vor allem, weil ich ihnen gleich ein patriotisches Zij is ook mijn koningin! entgegenschmette, was fur gewisses Amusement sorgte, denn so nationalistisch ist eigentlich kein Holländer. Ich bekam ein Glas Wein in die Hand gedrückt und Chiel riss sich sogar aus seiner Unterhaltung mit dem Botschafter, um mir ein gerettetes Stück holländischen Käses in einer Serviette zu überreichen und sich dann mit mir - trotz meines Protestes - auf Heringsjagd zu begeben. Auch meine Erleichterung angesichts des leergeräumten Fischbuffets hielt nicht lange an, er schleppte mich erst zu den Kellnern, um nach mehr Hering zu fragen, und bugsierte mich dann kurzerhand in die Küche, um sein Anliegen direkt beim Koch vorzutragen. Der holte auch gleich eine ganze Box Hering aus dem Kühlschrank und stellte sie mit einer Schachtel Zahnstocher vor mir auf den Tisch.

Eindeutig nicht meine Sache, aber mir wurde versichert, dass sich mein Holländisch hinterher hörbar verbessert hat:
De kaas was heerlijk, maar ik hield echt niet van de Haring.
Um die holländischen Steuerzahler dafür zu belohnen, dass sie eine Botschaft in Israel unterhalten müssen, findet dort jedes Jahr am Koninginnedag (oder zwei Tage früher, wenn der Tag andernfalls auf einen Shabbat fallen würde) ein Empfang fur alle holländischen Staatsbürger in Israel statt.
Das wollten sich die Nes Ammimer natürlich nicht entgehen lassen, und zwar auch manche Deutsche nicht, was fur allerlei Streitigkeiten sorgte, da gewisse Holländer einen Riesenaufstand schoben und wirklich wütend waren, dass es jemand wagen wollte, ihre Landesfeier zu infiltrieren. Obwohl ich ihre Reaktion und die darauffolgenden Anfeindungen leicht ubertrieben fand, war ich trotzdem der Meinung, dass sie eigentlich Recht hatten; immerhin gibt es auch Seminare fur deutsche Volontäre in Israel, und da sind die Holländer schließlich auch nicht zugelassen.
Wie es der Zufall so wollte, war ich dann trotzdem die einzige Deutsche, die das Ende des Abends auf dem Koninginnedag in der Botschaft in Herzliyya verbrachte. Annemarie & Frans, unser Pastorenehepaar, mussten den Tag wegen einer Konferenz in Jerusalem verbringen und nahmen mich und Christine spontan mit, weil sie noch Plätze im Auto frei hatten. Am späten Nachmittag machte sich Christine per Bus auf nach Herzliyya, während ich noch uber den Mahane-Yehuda-Markt in Jerusalem strolchte (den wir übrigens schon seit August gesucht, aber erst per Zufall auf dem Weg zum Busbahnhof gefunden hatten). Dann sammelten mich Annemarie & Frans an einer Tankstelle im Stadtzentrum auf - und die beschlossen dann, noch dem Käse und Hering zu Leibe zu rücken, den die hungrige Meute in der Botschaft bisher nicht verdrückt hatte.
Zitat Frans: "You can just join us, but you have to face the rage of J."
Die meisten Leute haben sich jedoch gefreut mich zu sehen, vor allem, weil ich ihnen gleich ein patriotisches Zij is ook mijn koningin! entgegenschmette, was fur gewisses Amusement sorgte, denn so nationalistisch ist eigentlich kein Holländer. Ich bekam ein Glas Wein in die Hand gedrückt und Chiel riss sich sogar aus seiner Unterhaltung mit dem Botschafter, um mir ein gerettetes Stück holländischen Käses in einer Serviette zu überreichen und sich dann mit mir - trotz meines Protestes - auf Heringsjagd zu begeben. Auch meine Erleichterung angesichts des leergeräumten Fischbuffets hielt nicht lange an, er schleppte mich erst zu den Kellnern, um nach mehr Hering zu fragen, und bugsierte mich dann kurzerhand in die Küche, um sein Anliegen direkt beim Koch vorzutragen. Der holte auch gleich eine ganze Box Hering aus dem Kühlschrank und stellte sie mit einer Schachtel Zahnstocher vor mir auf den Tisch.
Eindeutig nicht meine Sache, aber mir wurde versichert, dass sich mein Holländisch hinterher hörbar verbessert hat:
De kaas was heerlijk, maar ik hield echt niet van de Haring.
Mittwoch, 27. April 2011
Das Gilad Shalit Dilemma
Wer weiß, wie und ob überhaupt diese Geschichte in Deutschland bekannt ist, aber hier kommt sie regelmäßig in den Nachrichten. Es geht um Gilad Shalit, einen israelischen Soldaten, der am 25. Juni 2006 bei einem Angriff in der Nähe von Kerem Shalom von Hamas-Mitgliedern entführt und seitdem im Gazastreifen als Geisel gehalten wird. Wir sprechen hier von fast fünf Jahren Geiselhaft; inzwischen ist er 24, und während dieser ganzen Zeit wurde nicht einmal das Rote Kreuz zu ihm gelassen (denn die Hamas fürchtet, dass dadurch sein Aufenthaltsort irgendwie durchsickern konnte). Das wollen sie auf jeden Fall vermeiden, denn natürlich halten sie ihn nicht zum Spaß gefangen, sondern haben äußerst konkrete Vorstellungen, was als Preis für die Überführung Shalits zurück nach Israel gezahlt werden muss: die Freilassung von um die 1000 palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefangnissen.
Nun steht Israel zwischen seinen beiden Grundsatzen, niemals mit Terroristen zu verhandeln, und keinen Soldaten - ob tot oder lebendig - im Feld zurückzulassen. Allerdings haben sie auch schlechte Erfahrungen damit gemacht, Gefangene freizulassen, wie zum Beispiel 2004, als ungefähr 400 Leute im Austausch gegen Elhanan Tenenbaum sowie die Leichen zweier Soldaten von der Hisbollah freigelassen wurden. Ein Teil dieser ehemaligen Gefangnisinsassen verübte nämlich in den nächsten Jahren Terrorattentate, wodurch mindestens 30 Israelis getötet wurden. Das wird jetzt hochgerechnet auf mehr als 1000 Gefangene...
Gilad Shalits Eltern sind natürlich verzweifelt und wollen die Regierung immer wieder dazu bringen, weiter für ihr Versprechen - ihren Sohn nach Hause zu bringen -zu kämpfen. 2010 veranstalteten sie zum Beispiel einen 300-Kilometer-Marsch, an dem über 7000 Menschen teilnahmen, und seit anderthalb Jahren steht vor dem Haus von Benjamin Netanjahu, dem Premierminister Israels, ein Zelt, in dem sie und Aktivisten in Schichten arbeiten und über Gilad informieren. Zumindest in der Theorie, Christine und ich waren da und sind an den Haufen grummeligster und ungesprächigster Aktivisten geraten, die man sich vorstellen kann.

Aber in einem Land, in dem alle Menschen zum Wehrdienst eingezogen werden und dadurch eine unglaubliche (und in Deutschland vermutlich nicht nachvollziehbare) Solidarität mit den Soldaten und großer Stolz auf die Armee herrscht, funktioniert das natürlich nicht. Überall zu sehen sind zum Beispiel gelbe Bändchen, mit denen die Träger ihre Solidarität mit Gilad Shalit ausdrucken wollen. In Regba im Supermarkt steht zum Beispiel ein großer Korb, aus dem man sich einfach welche herausnehmen kann; die meisten Leute knoten sie sich an die Seitenspiegel ihrer Autos.
Die Frage, was man tun soll, spaltet die Nation, Benjamin Netanjahu ist der Meinung, dass der Preis zu hoch ist, und trotzdem will er Gilad wieder zurück nach Israel bringen.
Hoffentlich dauert's nicht nochmal fünf Jahre.
Nun steht Israel zwischen seinen beiden Grundsatzen, niemals mit Terroristen zu verhandeln, und keinen Soldaten - ob tot oder lebendig - im Feld zurückzulassen. Allerdings haben sie auch schlechte Erfahrungen damit gemacht, Gefangene freizulassen, wie zum Beispiel 2004, als ungefähr 400 Leute im Austausch gegen Elhanan Tenenbaum sowie die Leichen zweier Soldaten von der Hisbollah freigelassen wurden. Ein Teil dieser ehemaligen Gefangnisinsassen verübte nämlich in den nächsten Jahren Terrorattentate, wodurch mindestens 30 Israelis getötet wurden. Das wird jetzt hochgerechnet auf mehr als 1000 Gefangene...
Gilad Shalits Eltern sind natürlich verzweifelt und wollen die Regierung immer wieder dazu bringen, weiter für ihr Versprechen - ihren Sohn nach Hause zu bringen -zu kämpfen. 2010 veranstalteten sie zum Beispiel einen 300-Kilometer-Marsch, an dem über 7000 Menschen teilnahmen, und seit anderthalb Jahren steht vor dem Haus von Benjamin Netanjahu, dem Premierminister Israels, ein Zelt, in dem sie und Aktivisten in Schichten arbeiten und über Gilad informieren. Zumindest in der Theorie, Christine und ich waren da und sind an den Haufen grummeligster und ungesprächigster Aktivisten geraten, die man sich vorstellen kann.
Neben den Leuten, die moglichst viel Öffentlichkeitsarbeit leisten wollen, gibt es dann jedenfalls noch das Lager, das der Meinung ist, man sollte möglichst keine Aufmerksamkeit auf den Fall ziehen:
Aber in einem Land, in dem alle Menschen zum Wehrdienst eingezogen werden und dadurch eine unglaubliche (und in Deutschland vermutlich nicht nachvollziehbare) Solidarität mit den Soldaten und großer Stolz auf die Armee herrscht, funktioniert das natürlich nicht. Überall zu sehen sind zum Beispiel gelbe Bändchen, mit denen die Träger ihre Solidarität mit Gilad Shalit ausdrucken wollen. In Regba im Supermarkt steht zum Beispiel ein großer Korb, aus dem man sich einfach welche herausnehmen kann; die meisten Leute knoten sie sich an die Seitenspiegel ihrer Autos.
Die Frage, was man tun soll, spaltet die Nation, Benjamin Netanjahu ist der Meinung, dass der Preis zu hoch ist, und trotzdem will er Gilad wieder zurück nach Israel bringen.
Hoffentlich dauert's nicht nochmal fünf Jahre.
Dienstag, 26. April 2011
Böse Zungen behaupten...
...dass man alle jüdischen Feiertage mit folgendem Sprichwort beschreiben kann: Sie wollten uns töten, wir haben überlebt, was gibt's zu essen?
Etwas bösartig vielleicht, ein gewisses Fünkchen Wahrheit ist beim Essensteil jedoch vorhanden, diesmal traf's uns leider hart. Wahrend wir zu Chanukka noch mit Sufganiot gemästet wurden, wurde unsere Ernährung während Pessach für zwei Wochen zwangsumgestellt.
Während Pessach in Deutschland eine schöne Geschichte für den Kindergottesdienst liefert, bedeutet es in jüdischen Haushalten eine ganze Menge Arbeit: die Anweisung, auch den letzten Rest chametz (Sauerteig) aus der Wohnung zu entfernen, klingt zwar nicht besonders kompliziert, aber wenn man ein Guesthouse mit 48 Zimmern, einer Jugendherberge, 8 Appartements, Reception & Lobby, Küche, Dining Hall SOWIE das gesamte Village Centre der Volontäre von jeglichen Brotkrümmeln und allem anderen Dreck reinigen sowie sämtliche Lebensmittel und Getränke austauschen muss, bedeutet das eine Menge Arbeit.
Außerdem kam die Masgiach (eine Frau, die für das Rabbinat arbeitet) vorbei, um das Geschirr kosher le pessach zu machen: es wurde in Chemikalien eingelegt, im Dishwasher gewaschen, rituell im Meer gereinigt und erneut durch den Dishwasher gejagt - und glaubt mir, wir haben viel Geschirr hier, und das auch noch in doppelter Ausführung, für Mahlzeiten, die chalaw, also Milch, und basar (Fleisch) enthalten. Auf sämtlichen Produkten in den Läden war kosher le pessach aufgedruckt oder eingestanzt - und war es das nicht, sollte es nicht mehr gekauft werden. In manchen Supermärkten werden ganze Regalreihen mit weißen Plastikfolien abgeklebt, damit ja keiner auf die Idee kommt, unkoshere Produkte zu kaufen.
Das alles beruht auf dem 2. Buch Mose, Exodus, in dem die Geschichte des Auszugs aus Ägypten erzählt wird (sollte ja hoffentlich bekannt sein). Dort haben die Israeliten keine Zeit gehabt, ihren Brotteig gehen zu lassen, denn sie hatten besseres zu tun (Flucht aus der Sklaverei), und das wurde zur Regel für die folgenden Pessachfeste, währenddessen ja der Flucht gedacht wird. Dementsprechend sind alle Lebensmitteln, in denen Getreide enhalten ist, sowie Hülsenfrüchte, Reis und Mais verboten. Das bedeutete für uns: kein Brot, keine Cornflakes und keine Nudeln für zwei Wochen. Stattdessen gab es Matzebrot (erinnert an Knäckebrot, wenn man Geschmack und jeglichen Sättigungswert abzieht) und - richtig - Fleisch (sowie verkochtes Gemüse, aber das vermeiden hier sowieso alle, wenn es geht). Selbst Getränke wie Cola gab es in extra Pessachvarianten, die zwar in Farbe und Konsistenz keinen großen Unterschied aufwiesen, jedoch allen Geschmack verloren hatten.
Es rückte also eine Zeit voller Arbeit an - volles Haus, 8 Tage lang ohne Unterbrechung, die Räume bis zum Bersten gefüllt. Die Masse an Gästen konnte sich auf dem weitlaufigen Grundstück sowie dem Guesthouse kaum verteilen: betraten wir die Chader Ochel, den Speiseraum der Volontäre: Gäste. Betraten wir den Bunker im Village Centre (der Volontäre): Gäste. Saßen wir vor unseren Baracken: spielende Gästekinder.
Einen Tag vor Pessach war ich mit einer miesen Blasenentzündung zum Arzt geschickt worden, und auch als ich ihr besorgt mitteilte, dass ich Antiobiotika nicht besonders gut vertrage, war sie nicht aus der Ruhe zu bringen und meinte nur: Besseder, ich verschreibe Ihnen ganz gut verträgliche. Die waren dann auch so gut verträglich, dass ich die nächsten acht Tage ausgeknockt auf dem Sofa vor meiner Baracke verbrachte, mit sämtlichen Nebenwirkungen außer dem Haarausfall und den permanenten neurologischen Schäden sowie dem Lungenkollaps.
Trotzdem quälte ich mich an Tag 1 der Einnahme noch zur Arbeit, es war Erev Pessach, also der Pessach-Auftakt-Tag, an dem alle Gäste anreisten. Der Erev Pessach ist der Sederabend, kurz Seder, an dem besonders des Auszugs aus Ägypten gedacht wird. Dafür gibt es einen genau vorgeschriebenen Ablauf, der in einem bestimmten Heftchen, der Haggada, abgedruckt ist, denn er ist ziemlich lang (viele säkulare bzw sehr liberale Familien brechen ihn einfach in der Mitte ab, wenn der Hunger zu groß wird). Es werden Texte über die Gefangenschaft der Israeliten in Ägypten und ihre Flucht vorgelesen, sowohl biblische als auch solche aus der rabbinischen Tradition (Rabbi Eliezer, Rabbi Joshua, Rabbi Eleazar, Rabbi Akeeba und Rabbi Tarpon sind übrigens nur einige von ihnen). Irgendwann flüchtete ich mich dann vor einem Haufen Kinder, die ein Stück des Matzebrotes, das sogenannte Afikoman, verstecken wollten, in mein Bett, wahrend im Dishwasher mit zehn Leuten noch bis zwei Uhr morgens abgespült wurde.
Jetzt sind die Gäste jedenfalls wieder abgereist, wir bekommen normales Brot in der Chader Ochel (auch wenn die Qualität des Mittagessens beständig weiter sinkt) und sind damit beschäftigt, die Dinge zu ordnen, die hier während Pessach vergessen wurden. Bisheriger Platz 1: die Perücke einer religiösen Frau, denn es ist unkeusch, wenn Männer ihre echten Haare sehen.
Etwas bösartig vielleicht, ein gewisses Fünkchen Wahrheit ist beim Essensteil jedoch vorhanden, diesmal traf's uns leider hart. Wahrend wir zu Chanukka noch mit Sufganiot gemästet wurden, wurde unsere Ernährung während Pessach für zwei Wochen zwangsumgestellt.
Während Pessach in Deutschland eine schöne Geschichte für den Kindergottesdienst liefert, bedeutet es in jüdischen Haushalten eine ganze Menge Arbeit: die Anweisung, auch den letzten Rest chametz (Sauerteig) aus der Wohnung zu entfernen, klingt zwar nicht besonders kompliziert, aber wenn man ein Guesthouse mit 48 Zimmern, einer Jugendherberge, 8 Appartements, Reception & Lobby, Küche, Dining Hall SOWIE das gesamte Village Centre der Volontäre von jeglichen Brotkrümmeln und allem anderen Dreck reinigen sowie sämtliche Lebensmittel und Getränke austauschen muss, bedeutet das eine Menge Arbeit.
Außerdem kam die Masgiach (eine Frau, die für das Rabbinat arbeitet) vorbei, um das Geschirr kosher le pessach zu machen: es wurde in Chemikalien eingelegt, im Dishwasher gewaschen, rituell im Meer gereinigt und erneut durch den Dishwasher gejagt - und glaubt mir, wir haben viel Geschirr hier, und das auch noch in doppelter Ausführung, für Mahlzeiten, die chalaw, also Milch, und basar (Fleisch) enthalten. Auf sämtlichen Produkten in den Läden war kosher le pessach aufgedruckt oder eingestanzt - und war es das nicht, sollte es nicht mehr gekauft werden. In manchen Supermärkten werden ganze Regalreihen mit weißen Plastikfolien abgeklebt, damit ja keiner auf die Idee kommt, unkoshere Produkte zu kaufen.
Das alles beruht auf dem 2. Buch Mose, Exodus, in dem die Geschichte des Auszugs aus Ägypten erzählt wird (sollte ja hoffentlich bekannt sein). Dort haben die Israeliten keine Zeit gehabt, ihren Brotteig gehen zu lassen, denn sie hatten besseres zu tun (Flucht aus der Sklaverei), und das wurde zur Regel für die folgenden Pessachfeste, währenddessen ja der Flucht gedacht wird. Dementsprechend sind alle Lebensmitteln, in denen Getreide enhalten ist, sowie Hülsenfrüchte, Reis und Mais verboten. Das bedeutete für uns: kein Brot, keine Cornflakes und keine Nudeln für zwei Wochen. Stattdessen gab es Matzebrot (erinnert an Knäckebrot, wenn man Geschmack und jeglichen Sättigungswert abzieht) und - richtig - Fleisch (sowie verkochtes Gemüse, aber das vermeiden hier sowieso alle, wenn es geht). Selbst Getränke wie Cola gab es in extra Pessachvarianten, die zwar in Farbe und Konsistenz keinen großen Unterschied aufwiesen, jedoch allen Geschmack verloren hatten.
Es rückte also eine Zeit voller Arbeit an - volles Haus, 8 Tage lang ohne Unterbrechung, die Räume bis zum Bersten gefüllt. Die Masse an Gästen konnte sich auf dem weitlaufigen Grundstück sowie dem Guesthouse kaum verteilen: betraten wir die Chader Ochel, den Speiseraum der Volontäre: Gäste. Betraten wir den Bunker im Village Centre (der Volontäre): Gäste. Saßen wir vor unseren Baracken: spielende Gästekinder.
Einen Tag vor Pessach war ich mit einer miesen Blasenentzündung zum Arzt geschickt worden, und auch als ich ihr besorgt mitteilte, dass ich Antiobiotika nicht besonders gut vertrage, war sie nicht aus der Ruhe zu bringen und meinte nur: Besseder, ich verschreibe Ihnen ganz gut verträgliche. Die waren dann auch so gut verträglich, dass ich die nächsten acht Tage ausgeknockt auf dem Sofa vor meiner Baracke verbrachte, mit sämtlichen Nebenwirkungen außer dem Haarausfall und den permanenten neurologischen Schäden sowie dem Lungenkollaps.
Trotzdem quälte ich mich an Tag 1 der Einnahme noch zur Arbeit, es war Erev Pessach, also der Pessach-Auftakt-Tag, an dem alle Gäste anreisten. Der Erev Pessach ist der Sederabend, kurz Seder, an dem besonders des Auszugs aus Ägypten gedacht wird. Dafür gibt es einen genau vorgeschriebenen Ablauf, der in einem bestimmten Heftchen, der Haggada, abgedruckt ist, denn er ist ziemlich lang (viele säkulare bzw sehr liberale Familien brechen ihn einfach in der Mitte ab, wenn der Hunger zu groß wird). Es werden Texte über die Gefangenschaft der Israeliten in Ägypten und ihre Flucht vorgelesen, sowohl biblische als auch solche aus der rabbinischen Tradition (Rabbi Eliezer, Rabbi Joshua, Rabbi Eleazar, Rabbi Akeeba und Rabbi Tarpon sind übrigens nur einige von ihnen). Irgendwann flüchtete ich mich dann vor einem Haufen Kinder, die ein Stück des Matzebrotes, das sogenannte Afikoman, verstecken wollten, in mein Bett, wahrend im Dishwasher mit zehn Leuten noch bis zwei Uhr morgens abgespült wurde.
Jetzt sind die Gäste jedenfalls wieder abgereist, wir bekommen normales Brot in der Chader Ochel (auch wenn die Qualität des Mittagessens beständig weiter sinkt) und sind damit beschäftigt, die Dinge zu ordnen, die hier während Pessach vergessen wurden. Bisheriger Platz 1: die Perücke einer religiösen Frau, denn es ist unkeusch, wenn Männer ihre echten Haare sehen.
Samstag, 23. April 2011
Karfreitag in Venezuela.
Okay, wirklich in Osterstimmung bin ich nicht, irgendwie ist Ostern hier ein bisschen seltsam, da Montag die Schule wieder anfaengt und Sonntag wohl auch nichts besonderes passiert (Eier werden ganz bestimmt nicht gesucht.) und man so also Semana Santa (Heilige Woche) hatte und danach nichts dabei rauskommt. Die Semana Santa ist die allertypischste Reisezeit und unser Stadtstrand, an dem sonst so gut wie niemand badet, ist voll von Leuten. Gestern, heute und morgen gibts gegen zwei Uhr nachmittags dann auch noch Konzerte, gestern hab ich es intelligenterweise verpasst (mir wurde gesagt, dass es um zwei anfaengt, ich dachte, da wir in Venezuela sind, wird vor halb vier sowieso nichts sein, kurz vor vier kam ich an und das Ganze war schon vorbei. Mist.) und heute, am Karfreitag, stand also eine riesige Menge leichtbekleidet am Strand und hat Chino y Nacho zugehoert und sich gefreut, dass Semana Santa ist.

Ansonsten bekam ich vom Karfreitag heute mit, dass es Fisch zum Mittagessen gab und meine Mutter statt einer Stunde zwei Stunden in der Kirche war, zum Abendessen auf der Pizza war schon wieder Schinken.
Mittwoch, 20. April 2011
Vermischtes.
Ich wurde venezolanisiert. Irgendeine Klassenkameradin hatte aus unerfindlichen Gruenden das Glaetteisen dabei und da alle sehr fasziniert von meinen Haaren sind, wurde ich gleich eingefangen und auf einen Stuhl gesetzt. Das Ganze roch recht verbrannt, ging aber schnell und nach fuenf Minuten hatte ich Haare wie noch nie vorher- glatter gings nicht mehr. Und da ich dann ja schon schoene Haare hatte, wurde ich auch noch geschminkt, heraus kam die Puppe, die oben auf dem Foto zu sehen ist. (Jedes Mal wenn ich an einem Spiegel vorbeigekommen bin, bin ich erschrocken, weil da irgendwie jemand anderes zu sehen war.)
Premilitar. Das erste Mal Praxisunterricht, ein Mittwochnachmittag. Uns wurde gesagt, dass es um zwei anfangen wuerde, und es waren auch alle puenktlich da (und wir sind immerhin in Venezuela, da kommt selten jemand puenktlich), um dann zu erfahren, dass der Militaertyp erst um drei kommen wuerde. Letztendlich kam er dann doch schon frueher und wir mussten uns in vier Reihen aufstellen. Der Praxisunterricht ist zusammen mit dem 5to ano, also der Klasse ueber uns (und gleichzeitig die Abschlussklasse), die wussten allerdings auch nicht viel mehr als wir. Dann wurden die Klassen getrennt, wir haben uns hingesetzt und den anderen zugeschaut, wie sie sich in einer bestimmten Zeit (ein oder zwei Minuten)in vier Reihen der Groesse nach aufstellen sollten (intelligenterweise die Groessten nach vorne.) Sie brauchten vier oder fuenf Anlaeufe, jedes Mal, wenn sie es nicht hinkriegten oder irgendwer sich falsch gemukst hat, musste die komplette Klasse eine Runde ums Carre laufen. Irgendwann schafften sie es dann und wir machten die gleiche Uebung, danach wurde die Anwesenheit jedes Einzelnen ueberprueft (wenn dein Name genannt wird, stehst du auf, salutierst, schreist: Presente, mi Sargento und setzt dich wieder.) Danach wurde uns beigebracht, wie man gruesst, sich umdreht, maschiert und noch einiges andere, alles in der Sonne ohne eine einzige Wasserpause. Nach zweieinhalb Stunden kam ich mit einem verbrannten Gesicht und dem Gluecksgefuehl, dass ich das Ganze nicht mitmachen muss, nach Hause, meine Gastmutter hatte das fuer mich organisiert und ich war nur ein Mal dabei, weil die Uniformen noch nicht angekommen waren und wir so in den Sport-Uniformen teilgenommen haben.)
Und jetzt haben wir Ferien, eine Woche. Das heisst, Strand, Sonne, alles schoen. Zumindest im Prinzip, mal sehen, wie sich das alles noch entwickelt.
Samstag, 2. April 2011
Purim.
Ein paar Wochen zu spät, aber besser später als nie:
Im März haben wir hier Purim gefeiert. Purim erinnert an den deutschen Karneval, nur hat es natürlich auch einen biblischen Hintergrund. In der Bibel kann man die Geschichte im Buch Ester durchlesen, es geht um die Errettung der Juden in der Diaspora, als Haman, der oberste Regierungsbeamte des persischen Königs plant, alle Juden an einem Tag zu ermorden. Hat er natürlich nicht geschafft, und an Purim gedenkt man daran, wie Ester ihr Volk gerettet hat (durch Beten und Fasten).
In der Synagoge wird während Purim das ganze Buch Ester gelesen, und jedes Mal, wenn der Name Haman fällt (so um die 60 Mal), wird von den Kindern (und manchen begeisterten Erwachsenen) mit Rasseln, Tuten und Ritschen (das sind diese Stäbe mit Holzstücken oben dran, die dann gegeneinander ratschen) so viel Lärm wie möglich gemacht werden. Da die Kinder der holländischen Familien in Nes Ammim das natürlich mitbekommen haben, haben sie darauf bestanden, es auch im Gottesdienst zu machen, und darum standen eine Prinzessin, eine pinke Rotkäppchen-Variante, ein Ritter und ein pinkes Häschen vor dem Altar und rasselten begeistert die ganze Geschichte durch (sie hatten erfolgreich ausgeblendet, dass man zwischendurch auch etwas verstehen soll).
Abends sind wir nach Haifa gefahren zum Tanzen, in einen Club, der in einem Kibbutz liegt. Schon im Sherut trafen wir auf einen Tiger, eine Katze und ein Kanninchen, anscheinend waren Tierverkleidungen dieses Jahr in.

(Das Foto ist von Matze, wenn er was dagegen hat, dass es hier erscheint, wird es also wieder verschwinden).
Vor dem Club war so eine lange Schlange, dass wir erst um halb drei alle drinnen waren (Christine und ich hatten den Trick relativ schnell raus, ein ausländischer Ausweis hilft eine Menge), und dann war es so voll, dass man kaum tanzen konnte. Außerdem entwickelte ich gewisse Aggressionen auf ein Mädchen im Pfaukostüm, das mir jedes Mal, wenn sie sich bewegte, ihr gewaltiges Federrad ins Gesicht wuschelte. Um kurz vor sechs krochen wir aus dem Sherut und Raffael verschwand direkt zur Arbeit, während wir anderen etwas Schlaf nachholten und den Nachmittag am Strand verbrachten. Auf dem Rückweg nach Nes Ammim kamen wir am Einkaufszentrum in Regba vorbei, und dort hatten sie per Lastwagen einen riesigen Schneeberg aufgetürmt, den sie vom Mount Hermon geholt hatten. Erkenntnis: ich habe Schnee doch nicht so vermisst, wie ich anfänglich gedacht habe, aber vielleicht lag es auch daran, dass wir barfuß und in kurzen Hosen draufgeklettert sind.
Im März haben wir hier Purim gefeiert. Purim erinnert an den deutschen Karneval, nur hat es natürlich auch einen biblischen Hintergrund. In der Bibel kann man die Geschichte im Buch Ester durchlesen, es geht um die Errettung der Juden in der Diaspora, als Haman, der oberste Regierungsbeamte des persischen Königs plant, alle Juden an einem Tag zu ermorden. Hat er natürlich nicht geschafft, und an Purim gedenkt man daran, wie Ester ihr Volk gerettet hat (durch Beten und Fasten).
In der Synagoge wird während Purim das ganze Buch Ester gelesen, und jedes Mal, wenn der Name Haman fällt (so um die 60 Mal), wird von den Kindern (und manchen begeisterten Erwachsenen) mit Rasseln, Tuten und Ritschen (das sind diese Stäbe mit Holzstücken oben dran, die dann gegeneinander ratschen) so viel Lärm wie möglich gemacht werden. Da die Kinder der holländischen Familien in Nes Ammim das natürlich mitbekommen haben, haben sie darauf bestanden, es auch im Gottesdienst zu machen, und darum standen eine Prinzessin, eine pinke Rotkäppchen-Variante, ein Ritter und ein pinkes Häschen vor dem Altar und rasselten begeistert die ganze Geschichte durch (sie hatten erfolgreich ausgeblendet, dass man zwischendurch auch etwas verstehen soll).
Abends sind wir nach Haifa gefahren zum Tanzen, in einen Club, der in einem Kibbutz liegt. Schon im Sherut trafen wir auf einen Tiger, eine Katze und ein Kanninchen, anscheinend waren Tierverkleidungen dieses Jahr in.

(Das Foto ist von Matze, wenn er was dagegen hat, dass es hier erscheint, wird es also wieder verschwinden).
Vor dem Club war so eine lange Schlange, dass wir erst um halb drei alle drinnen waren (Christine und ich hatten den Trick relativ schnell raus, ein ausländischer Ausweis hilft eine Menge), und dann war es so voll, dass man kaum tanzen konnte. Außerdem entwickelte ich gewisse Aggressionen auf ein Mädchen im Pfaukostüm, das mir jedes Mal, wenn sie sich bewegte, ihr gewaltiges Federrad ins Gesicht wuschelte. Um kurz vor sechs krochen wir aus dem Sherut und Raffael verschwand direkt zur Arbeit, während wir anderen etwas Schlaf nachholten und den Nachmittag am Strand verbrachten. Auf dem Rückweg nach Nes Ammim kamen wir am Einkaufszentrum in Regba vorbei, und dort hatten sie per Lastwagen einen riesigen Schneeberg aufgetürmt, den sie vom Mount Hermon geholt hatten. Erkenntnis: ich habe Schnee doch nicht so vermisst, wie ich anfänglich gedacht habe, aber vielleicht lag es auch daran, dass wir barfuß und in kurzen Hosen draufgeklettert sind.
Donnerstag, 31. März 2011
Hisbollah-Watching
Zusammen mit Eva & Dominik (meiner Hebron-Reisegruppe) und zwei weiteren Freunden, die sie inzwischen vom Flughafen eingesammelt hatten, habe ich mich Mitte März zum Hisbollah-Watching aufgemacht.
Sie hatten auf dem Rückweg von Nazareth in Nes Ammim ubernachtet, und nach zwei äußerst missglückten Billiardpartien und einer freien Flasche Wein, die vom Barevening der deutschen & hollandischen Reisegruppen ubergeblieben war (eigentlich ein Wunder, denn die trinken am meisten), beschlossen wir, uns mit ihrem winzigen (dafur metallic-blauen) Auto am nachsten Morgen an der libanesischen und syrischen Grenze entlangzuschlagen.
Da sich die Hauptstrasse nicht in Hisbollah-Sichtweite an der Grenze entlangwindet, kurvten wir durch Pinienwaldchen (vorher nie bemerkt, sehr schon) und diverse Kibbutzim, bis unsere Fahrt abrupt unterbrochen wurde.

Bei dem Unternehmen zu drehen und auf die Hauptstraße zurückzukehren verwirrten wir eine Gruppe Soldaten, als wir mit dem Auto in einen Grenzposten hineinzufahren versuchten (unbeabsichtigt) und sie anhupten, damit sie Platz auf der Straße machte (halb unbeabsichtigt, Eva hatte gewisse Aggressionen auf Leute entwickelt, die auf der Strasse laufen, sowie Schwierigkeiten, Soldaten ohne Gewehr und in Zivil als solche auszumachen).
Weiter ging es ganz in den Norden Israels, nach Majdal Shams: wer sich erinnert: dort war ich im Oktober schon einmal. Majdal Shams liegt am Fuß des Mount Hermons, auf dem zur Zeit noch Schnee liegt (und wo man für sehr viel Geld Ski fahren kann), darum betrachteten wir den Grenzübergang nach Syrien mit den Füßen im Schnee.

Auf dem Rückweg freuten wir uns schon, dass wir die gut ausgebaute Straße völlig fur uns allein hatten (auch wenn die DANGER MINES Schilder am Straßenrand vielleicht leicht beunruhigend waren). Als wir dann irgendwann von einem Militärfahrzeug gestoppt wurden, das uns zum Umkehren aufforderte, weil wir uns mitten in militärischem Sperrgebiet befanden, wurde dieses Rätsel auch gelöst. Zu unserer Verteidigung ist zu sagen, dass das Warnschild vermutlich sehr klein gewesen sein muss.
Insgesamt waren wir von diesem Umstand jedoch recht wenig beeindruckt (in Israel gibt es schließlich jede Menge militärisches Sperrgebiet, die Chance, dass man mehr oder weniger freiwillig hineingerät, ist also realtiv groß, und meine Reisebegleitung verbrachte ihren Urlaub normalerweise in Ländern wie dem Iran oder Kambodscha und war deswegen relativ unbesorgt). Erst als uns vier riesige Lastwagen entgegenkamen, die dreckverkrustete Panzer von der syrischen Grenze abtransportierten, und über uns zwei Kampfhubschrauber kreisten (wenn auch vermutlich nicht wegen uns), machten wir uns dann doch langsam wieder auf die Rückreise.

Übrigens sind wir in Nes Ammim auch nicht völlig verschont geblieben, am Abend kreiste ein Suchhubschrauber über den Feldern und leuchtete mit einem riesigen Scheinwerfer Nes Ammim samt Umgebung ab, was sie genau gesucht haben, ist uns immer noch rätselhaft.
Sie hatten auf dem Rückweg von Nazareth in Nes Ammim ubernachtet, und nach zwei äußerst missglückten Billiardpartien und einer freien Flasche Wein, die vom Barevening der deutschen & hollandischen Reisegruppen ubergeblieben war (eigentlich ein Wunder, denn die trinken am meisten), beschlossen wir, uns mit ihrem winzigen (dafur metallic-blauen) Auto am nachsten Morgen an der libanesischen und syrischen Grenze entlangzuschlagen.
Da sich die Hauptstrasse nicht in Hisbollah-Sichtweite an der Grenze entlangwindet, kurvten wir durch Pinienwaldchen (vorher nie bemerkt, sehr schon) und diverse Kibbutzim, bis unsere Fahrt abrupt unterbrochen wurde.
Bei dem Unternehmen zu drehen und auf die Hauptstraße zurückzukehren verwirrten wir eine Gruppe Soldaten, als wir mit dem Auto in einen Grenzposten hineinzufahren versuchten (unbeabsichtigt) und sie anhupten, damit sie Platz auf der Straße machte (halb unbeabsichtigt, Eva hatte gewisse Aggressionen auf Leute entwickelt, die auf der Strasse laufen, sowie Schwierigkeiten, Soldaten ohne Gewehr und in Zivil als solche auszumachen).
Weiter ging es ganz in den Norden Israels, nach Majdal Shams: wer sich erinnert: dort war ich im Oktober schon einmal. Majdal Shams liegt am Fuß des Mount Hermons, auf dem zur Zeit noch Schnee liegt (und wo man für sehr viel Geld Ski fahren kann), darum betrachteten wir den Grenzübergang nach Syrien mit den Füßen im Schnee.
Auf dem Rückweg freuten wir uns schon, dass wir die gut ausgebaute Straße völlig fur uns allein hatten (auch wenn die DANGER MINES Schilder am Straßenrand vielleicht leicht beunruhigend waren). Als wir dann irgendwann von einem Militärfahrzeug gestoppt wurden, das uns zum Umkehren aufforderte, weil wir uns mitten in militärischem Sperrgebiet befanden, wurde dieses Rätsel auch gelöst. Zu unserer Verteidigung ist zu sagen, dass das Warnschild vermutlich sehr klein gewesen sein muss.
Insgesamt waren wir von diesem Umstand jedoch recht wenig beeindruckt (in Israel gibt es schließlich jede Menge militärisches Sperrgebiet, die Chance, dass man mehr oder weniger freiwillig hineingerät, ist also realtiv groß, und meine Reisebegleitung verbrachte ihren Urlaub normalerweise in Ländern wie dem Iran oder Kambodscha und war deswegen relativ unbesorgt). Erst als uns vier riesige Lastwagen entgegenkamen, die dreckverkrustete Panzer von der syrischen Grenze abtransportierten, und über uns zwei Kampfhubschrauber kreisten (wenn auch vermutlich nicht wegen uns), machten wir uns dann doch langsam wieder auf die Rückreise.
Übrigens sind wir in Nes Ammim auch nicht völlig verschont geblieben, am Abend kreiste ein Suchhubschrauber über den Feldern und leuchtete mit einem riesigen Scheinwerfer Nes Ammim samt Umgebung ab, was sie genau gesucht haben, ist uns immer noch rätselhaft.
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