Besgte Reise endete jedoch schon nach vier Tagen wieder dort, wo sie angefangen hatte: in Nes Ammim.
Was war passiert?
Nachdem wir die 454 Kilometer nach Eilat mit dem Nachtbus zurückgelegt hatten, standen wir morgens um fünf enthusiastisch und gutgelaunt vor der Taba Border Crossing, dem israelischen Grenzübergang nach Ägypten. Unser Trip endete jäh fünfzig Meter weiter.
Wir entrichteten brav unsere Ausreisegebühr, tauschten all unser restliches Bargeld in ägyptishe Pfund und stellten uns in einer Reihe vor der Passkontrolle auf, wo zwei Beamtinnen einen Blick in unsere Pässe warfen und sich erkundigten, wo wir denn Ägypten wieder verlasen wollten. Unsere Antwort: genau hier! schien sie zu überraschen. Anschliessend wurde uns eröffnet, dass Volontäre seit einem Monat Israel zwar verlassen, aber nicht mehr wieder einreisen dürfen, da sie nach einem Auslandsaufenthalt weder ein neues Volontärs- noch ein Touristenvisum bekommen. Somit war Chiel mit seinem momentanen Touristenvisum der einzige, der nach Nes Ammim hatte zurückkehren können, und da wir alle schon für den Rest den Monats im Arbeitsplan eingeteilt waren, war Ägypten - obwohl wir uns schon auf neutralem Gebiet befanden - auf einmal in ganz weite Ferne gerückt.
Uns wurde geraten, ins Ministery of Interior (also dem Ministerium des Inneren) zu fahren und dort ein spezielles Visa fur mehrmalige Aus- und Wiedereinreise nach Israel zu beantragen. Es war Freitagmorgen, und natürlich hatte das Ministerium Freitag und Samstag geschlossen, sodass wir uns erst einmal eine Bleibe in Eilat suchen mussten.
Zum Glück erinnerte sich Chiel von einem früheren Besuch in Eilat noch an den Shelter, ein christliches Hostel. Es war dann auch so christlich, dass wir nicht alle auf dem Dach schlafen durften (Mädchen und Jungen gemischt! Das waren wir aus dem strengen Nes Ammim natürlich gewöhnt), aber wir wurden sehr herzlich empfangen von den holländischen Volontären, die im Shelter arbeiten.
Jeden Freitagabend gibt es dort einen Gottesdienst mit einem anschließenden Abendessen für alle Gäste. Da sich im Shelter oft ausländische Gäste und immer Israelis, (europäische) Volontäre und sudanesische Flüchtlinge (viele Flüchtlinge aus dem Sudan reisen über den Sinai nach Israel ein und bleiben dann in Eilat) aufhalten, wird das ganze zu einer recht lauten Angelegenheit, da ausgehend von der englischen Predigt ins Arabische, Hebräische und - in unserem Falle - auch ins Russische und Spanische simultan gedolmetscht wird. Irgendwann schreien alle gegeneinander an und man muss sich anstrengen, damit man seine Sprache überhaupt noch aus dem ganzen Sprachgewirr heraushören kann. Außerdem werden Worshiplieder in verschiedenen Sprachen gesungen, und auch der sudanesische Kinderchor gab auf einem Podest zappelnd ein Lied zum Besten.
Es ist uns jedoch unangenehm aufgefallen, dass die Leute im Shelter eine sehr strikte Vorstellung davon haben, wer ein believer (was auch die messianischen Juden miteinschließt) ist - und für uns kam es so rüber, dass sie alle, die nicht genauso vom Geist erfüllt waren wie sie, geradewegs in die Hölle fahren sahen. Außerdem haben die Volontäre im Shelter eine etwas andere Einstellung gegenüber (Juden)mission - in Nes Ammim streng verboten, in Eilat gehen sie jeden Nachmittag an den Strand und verteilen Bibeln.
Trotzdem ist der Shelter ein toller Ort, wir haben abends lange draußen unter der Laube gesessen und mit anderen Gästen geredet (es sei erinnert an den Pastor mit seinen beiden Kindern, die nach neun Monaten Winter in Montana ins 30 Grad heiße Eilat angereist waren). Nur das Abendessen wurde uns etwas erschwert: erst klaute eine Gruppe von fünfjährigen Sudanesen uns unsere Cola-Flasche, dann kam eine Sozialarbeiterin an unseren Tisch und fragte, ob jemand für sie vom Französischen ins Englische übersetzen könne. Ich radebrechte also in nach einem Jahr Nicht-Gebrauch wirklich grottigem Französisch die Geschichte der afrikanischen Frauen, deren Kindern nicht in den Kindergarten gelassen werden sollten - und als ich vor lauter Verwirrung anfing, hebräische Wörter in mein Französisch zu mischen, fanden auf einmal alle Anwesenden heraus, dass sie fließend Hebräisch sprachen. Wie unerwartet, wenn man zusammen in Israel um einen Tisch sitzt. An meinem Tisch waren die Nudeln inzwischen jedenfalls kalt geworden.
Auch das Schnorcheln haben wir natürlich nicht ausgelassen: einerseits unglaublich faszinierend, andererseits für mich mit meiner mehr oder weniger akuten Angst vor offenen Gewässern eine leichte Grenzerfahrung. Manchmal ist es besser, nicht zu sehen, was unter einem ist. Chiel hat jedoch gut auf mich aufgepasst (samt Rettung vor einem Feuerfisch) und mich sicher wieder an den Strand bekommen.
Kaum lagen wir auf unseren erklauten Liegen, fing es jenseits der Mauer an zu rauchen. Auch wenn wir am Anfang noch davon überzeugt waren, dass es sich nur um ein Israeli barbecue handelte: als die Palme vor uns auf einmal in Flammen aufging, merkten wir, dass dort doch etwas mehr brennen musste als ein Hühnchenspieß. Als die Feuerwehr schließlich anrückte, hatte das Hotelpersonal ihren Garten jedoch schon zum größten Teil gelöscht.
Am nächsten Morgen machten wir uns wieder auf zum Ministery of Interior. Naomi beschloss angesichts der langen Warteschlange, sich erst mal einen Kaffee zu holen - aber bevor sie wieder da war, hatte sich schon herausgestellt, dass Mirjam (deren Visum abgelaufen war und nur durch eine Wiedereinreise nach Israel hätte verlängert werden können) kein multiple-entry-Visum bekommen würde. Dadurch konnte sie nicht wiedereinreisen und dadurch kein neues Visum bekommen, das sie benötigt hätte, um wieder einreisen zu können. (Macht keinen Sinn? Stimmt, haben wir auch gedacht). Dadurch wurde nicht nur unserem Ägyptenplan, sondern auch ihrem Israelaufenthalt, der ofiziell erst drei Wochen später zu Ende gegangen wäre, ein jähes Ende gesetzt.
Chiel stand leicht überfordert mit drei heulenden Mädchen und einer Gruppe neugieriger Sudanesen im Fahrstuhl nach unten, und während er damit beschäftigt war, unseren Bus zurück in den Norden vier Tage vorzubuchen, betrieben wir akute Katastrophenbekämpfung in Form von Nahrungsmittelaufnahme. Hier ein Gruppenbild, aufgenommen unmittelbar nach the great sadness:
Und damit befinden wir uns wieder am Anfang dieses Eintrags: zurück in Nes Ammim, sehr viel schneller als erwartet, und damit beschäftigt, eine Shalomparty und Transport für Mirjam zum Flughafen zu organisieren.
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