Montag, 30. Mai 2011

Israelisch-Deutsche Beziehungen

Ende Mai war ich zusammen mit Matze, Tobias und Sven in Nachsholim, einen Kibbutz südlich von Haifa, wo die Seminare für deutsche Volontäre (gesponsert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Bonn und Berlin - ja, das ist ein Name) stattfinden. (Dieses Mal habe ich also tatsächlich einen Platz bekommen und musste nicht nach Tel Aviv ausweichen).
Es ging um deutsche Einflüsse in Israel und umgekehrt, und außer 22 deutschen Volontären waren noch vier Israelinnen anwesend, von denen aber zwei sehr schüchtern, eine leicht arrogant und eine ein Nazi war (sie verkündete überzeugt, alle Araber müssten aus Israel herausgeworfen werden und dass Europa islamisiert werden würde).
Es war jedenfalls ein sehr interessantes Seminar mit guten Vorträgen, mit einem Vertreter der deutschen Botschaft (der jedoch einen nur mittelmäßig informierenden Vortrag über die Geschichte der deutsch-israelischen Beziehungen hielt), zwei alten Ladies, die in den 30ern mit zionistischen Motiven Deutschland verließen, um nach Israel zu kommen und über ihre Kindheit in Deutschland und deb Aufbau der Heimat in Israel sprachen, sowie einem deutschen Journalisten, Norbert Jessen, der seit 20 Jahren in Israel lebt und - Überraschung! - der erste deutsche Volontär in Nes Ammim war, nachdem Otto Busse die Bahn geebnet hatte. Er hat erst etwas von seiner Arbeit erzählt und dann Fragen beantwortet, zum Beispiel, ob das Bild Israels in den deutschen Medien einseitig ist oder nicht (seine Antwort: fragt man einen Israeli, sagt der: es ist einseitig pro-palästinensisch, fragt man einen Palästinenser, sagt der: es ist einseitig pro-Israel. Fragt man ihn, sagt er: alle beschweren sich über die Flüchtlingslager der Palästinenser in Israel, wie das Ballata-Camp in Nablus oder Aida bei Bethlehem. Dort leben die Leute in Häusern und haben fließend Wasser und Strom. Die palästinensischen Flüchtlingslager mit den schlimmsten Bedingungen, nämlich Zelte ohne fließend Wasser und Strom, liegen an der jordanisch-irakischen Grenze, und von ihnen weiß niemand etwas. (Er hat Recht, wir alle - 22 Volontäre, 4 Israelis sowie der Leiter des Dialoginstitutes - hatten noch nie etwas davon gehört)).
Einen Tag verbrachten wir in Tel Aviv, wo wir in der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer waren, um über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu sprechen. Ich hatte mich auf einen langweiligen Vortrag eingestellt, tatsächlich war es einer der besten des Wochenendes. Erkenntnisse des Nachmittags: Die Israelis haben zwar den USB-Stick und ICQ erfunden, aber heute weiß das keiner mehr, weil sie ihre Erfindungen lieber für einen Preis von läppischen 400 Millionen Dollar verkauft haben, anstatt sie selbst zu vermarkten. - sowie: nachdem die Juden während der Spanischen Inquisition zwar nicht umgebracht, aber aus Spanien verbannt wurden, legten sie einen 500-jährigen Bann auf Spanien. Die Folge: 1970 - 20 Jahre nach dem Holocaust und geschätzte 478 Jahre nach der Spanischen Inquisition - hatte Israel zwar vollständige diplomatische Beziehungen zu Deutschland, aber nicht zu Spanien.
Hinterher bekamen wir noch eine Führung durch Tel Aviv sowie seines Bauhaukulturerbes und verbrachten den Abend auf dem Carmel-Market:



Und da Nachsholim direkt am Strand liegt, dauerte es auch nicht lange, bis wir über die gestrandete Riesenschildkröte stolperten. Tobi versuchte heldenhaft sie wiederzubeleben, aber jede Hilfe kam zu spät.

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