Eines der Kennzeichen von Nes Ammim ist, dass sich die Gruppe der Volontäre immer ändert, mal kommen neue dazu, mal müssen alte gehen, und gestern war es auch wieder so weit. Miriam - die erste, die ich nach meiner Ankunft hier getroffen habe - musste den Weg zurück nach Deutschland antreten, und da beschloss sie kurzerhand, ihre Shalom Party mit dem Barevening zusammenzulegen. Ihr Zug sollte um zwei gehen, und da wir sie nach Akko zum Bahnhof fahren sollten/mussten/wollten, mussten wir wohl oder übel wach bleiben. Nachdem die Musik so gegen halb zwei ausgeschaltet worden war, machten wir uns auf den Weg zum Auto. Das war allerdings nicht mehr vollständig aufgetankt, und da in den letzten Tagen der Zugverkehr zwischen Nahariyya und Akko und teilweise auch zwischen Akko und Haifa nicht funktioniert hatte, bestand also die Möglichkeit, dass wir bis nach Haifa fahren mussten. Dafür reichte der Sprit allerdings nicht mehr. Wir versuchten also, die NesAmmiminterne Tankstelle anzuwerfen, es blieb allerdings bei dem Versuch, und wir sattelten auf den Bus um. Ich saß schon begeistert hinterm Steuer, als uns auffiel, dass jedes Mal, wenn wir versuchten den Motor zu starten, stattdessen die Alarmanlage losging. Bei der carinstruction wurde nicht ausreichend auf den Code eingegangen, den man benötigt, umd das Auto zu starten. Wir hetzten also zurück in das Auto, und da die Zeit schon knapp wurde, bretterte ich mit 120 km/h über die Dorfstraße in Richtung Akko.
Ein junger Sicherheitsbeamte am Bahnhof kontrollierte Miriams Ausweis, durchleuchtete ihren Rucksack, und fragte dann: "Wo wollen Sie denn hin?" Auf die Antwort "Ben Gurion Airport" drehte er sich langsam um und sah dem Zug nach, der in diesem Augenblick aus dem Bahnhof herausrollte. Wunderbar gelaufen also, die ganze Sache, und da wir Miriam ja nicht alleine nachts in Akko stehen lassen konnten, überquerten wir die Straße und verbrachten die nächste Stunde in einem arabischen Shop, wo wir Eis aßen und einen Horrorfilm im draußen hängenden Fernseher anschauten (nachdem der Bösewicht mit der Eisenmaske so ziemlich alle Protagonisten zur Strecke gebracht hatte, wurde er am Ende gehängt, erstochen und zerschreddert, und schaffte es trotzdem wieder, von den Toten aufzuerstehen, aus dem See zu springen und die letzte weibliche Darstellerin zu packen).

Den nächsten Zug erwischte Miriam dann tatsächlich noch, sodass wir anderen um vier Uhr morgens wieder in Nes Ammim ankamen - und um halb sechs wieder aufzustehen, denn der JESUS TRAIL stand auf dem Programm. Der Jesus Trail ist eine viertägige Wanderroute (die im September jeden Freitag stattfindet), man wandelt dort auf den Spuren von (wer hätte es gedacht) Jesus und klettert mehr oder weniger munter über Stock und Stein. Nachdem ich die letzten beiden Wochen arbeiten musste, war ich natürlich hochmotiviert, selbst mit Schlafmangel.

Nachdem wir gleich am Anfang eine Kuhherde durchquert hatten, wurde es immer heißer und heißer. Von ferne konnten wir die Sea of Galilee sehen, aber

wie gesagt nur von ferne (es kursieren jedoch Gerüchte, dass wir nächstes Mal tatsächlich schwimmen können). An einer Stelle passierten wir ein Schild, das davor warnte, die Wege zu verlassen, da sich immer noch Bomben auf dem Gelände befinden könnten, aber es sah alles sehr friedlich aus. Da die Mittagsessenpause jedoch schon um zehn abgehalten worden war, war ich so verwirrt gewesen, dass ich nicht daran gedacht hatte, meine zweite Wasserflasche aus der Kühlbox im Auto zu nehmen. Christine und ich trotteten also nebeneinander her, beide mit nur anderthalb Stunden Schlaf, Sonnenbrand und ohne Wasser. Für ein paar Minuten glaubten wir, ganz am Ende der Schlange zu laufen, und uns tanzten schon lebhafte Horrorvisionen vor den Augen herum: wenn wir jetzt ohnmächtig werden würden, würde uns niemand finden, und wir würden wie die Kuh enden, die in einer Brücke stecken geblieben war und jetzt so aussieht:

Hinter uns kamen dann aber doch noch einige Leute hergelaufen, teilten ihr Wasser mit uns, und wir erreichten an der Spitze der Gruppe das Etappenziel. Und jetzt werden wir schlafen gehen.
In dem Sinne: leila tov!
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