Meine zweite Woche Schule geht jetzt bald zu Ende (obwohl dieser Dienstag ein Feiertag war und daher frei).
Die Nacht vor meinem ersten Schultag war nicht sehr erholsam, ich war fuerchterlich nervoes und konnte kaum schlafen und am naechsten Morgen habe ich den Haferflockenbrei, den meine Gastmutter jeden Morgen kocht, kaum runtergekriegt (eigentlich ist das Zeug ganz lecker.) Ausserdem war ich sogar fuenf Minuten vor halb sieben fertig, auch wenn ihr euch das jetzt wahrscheinlich nicht vorstellen koennt :D Wir fuhren los und holten zuerst Daniel ab, der in der Klasse meiner kleinen Schwester ist, und dann noch Renata und ihren kleinen Bruder Ricky, der allerdings nicht bei uns auf der Schule ist. Renata ist in meiner Klasse und hat mich gleich ein bisschen unter ihre Fittiche genommen, wofuer ich ihr sehr dankbar war, und mich allen vorgestellt. Kurz darauf kam noch ein anderes Maedchen, Roxymar, die auch neu auf der Schule ist und nur Renata kannte. Da waren wir schon zu zweit.

Ein typischer Schultag:
Um sieben stellen sich alle Schueler nach Reihe geordnet auf dem vorderen Hof, der auch als Sportplatz dient (nicht wirklich gross, und wenn man dann im Kreis laufen muss, ist das erstens voll und zweitens unglaublich langweilig.) nach Klassen geordnet in Reihen auf. Dann sagt ein Lehrer kurz etwas zum Tag und manchmal wird die Nationalhymne getraellert oder die Hymne vom Staat Anzoategui (an einem Tag mussten wir und eine andere Klasse zweimal singen, weil die Lehrerin nicht zufrieden war. Und die Nationalhymne ist lang). Dann geht zuerst die hoechste Klasse, 5to grado, in den Klassenraum und dann kommen wir, 4to grado. Bis ich das verstanden hatte, hatte ich mich am zweiten Tag, wo ich als Letzte in der Reihe stand und somit als Erste gehen musste, gleich mal blamiert, weil ich mich munter bei der anderen Klasse eingereiht hatte und nicht auf das Signal der Lehrerin gewartet habe, die mich sehr boese angeschaut hat.
Dann kommen zwei Stunden Unterricht und dann kommt die erste Pause, zehn Minuten. Dann kommen vier Stunden Unterricht und dann wieder eine Pause von zehn Minuten und dann nochmal zwei Stunden und dann ist es 13.20 und die Schule ist fertig. In Realitaet sieht das aber so aus, dass wir mindestens zehn Minuten frueher in die erste Pause gehen, weil alle Hunger haben, und spaetestens um eins den Klassenraum verlassen. Eine Stunde dauert 45 Minuten, meistens gibt es Doppelstunden. Am Schlimmsten ist der Mittwoch, an dem ich zwei Stunden Physik und zwei Stunden Chemie ohne Pause habe, und davor noch zwei Stunden Mathe. Insgesamt habe ich je vier Stunden Chemie, Physik, Bio, Mathe, Castellano, venezolanische Geschichte und Englisch, dann gibt es noch Dibujo, was so etwas wie Geometrie ist, denke ich, zwei Stunden Sport und Computacion und drei Psychologie, was das einzige ist, was ich richtig gut finde. Und dann gibt es da noch Premilitar. Als ich das erfahren habe, war ich doch zuerst ein bisschen geschockt, da ich doch ein sehr friedliebender Mensch bin, als ich dann die Militaerlehrerin Montag das erste Mal gesehen habe, fielen mir fast die Augen aus dem Kopf: eine Frau mit zehn Zentimeter hohen, goldenen High-Heels, die vorne offen waren, eine knallenge Leggins in jeansfarbe und ein durchsichtiges, sehr weit ausgeschnittenes, gelbes Seidenoberteil mit riesigen Flatteraermeln. Tja, und dann kam sie und hat kurz etwas zu dem Buch erklaert, mit dem wir arbeiten,und dass die ersten beiden Jahresdrittel Theorie sind und das Dritte Praxis, und dann hat sie sich mit uns Schueler ueber peinliche Eltern unterhalten (wobei sie erzaehlt hat, dass ihre Tochter nicht will, dass sie mit auf Partys kommt.)
Anfangs hatte ich das Gefuel, dass sich ausser Renata und Roxy keiner richtig an mich rantraut, aber das hat sich inzwischen auch gelegt und ich werde munter beschwatzt und fuehle mich recht wohl in der Klasse (auch wenn der Lautstaerkepegel um einiges hoeher ist, als ich es aus Deutschland gewoehnt bin. Und ich bin doch einiges gewoehnt.) Wir sind wohl so um die dreissig Leute, auch wenn sie noch nie alle auf einmal da waren. Die erste Woche wurde von einigen komplett geschwaenzt und auch heute kam noch ein Maedchen, dass die Ferien um fast zwei Wochen verlaengert hatte. Aber ich denke, langsam sind es alle.
Ordentliche Tische und Stuehle gibt es keine, es ist ein bisschen wie im grossen Musiksaal an der Lender, Stuehle mit Tischen dran, nur dass sich die Tische nicht bewegen lassen. Der Vorteil ist, dass man sie schnell verschieben kann, der Nachteil ist, dass man doch kaum Platz hat und auch nicht fuer die Beine und insgesamt sind die Stuehle ziemlich unbequem.
Das mit dem Verstehen ist so eine Sache. In Bio verstehe ich zum Beispiel so gut wie nichts, weil die Lehrerin Monologe haelt. Chemie und Physik geht, weil ich das im Prinzip schon koennen muesste, und Mathe auch. Englisch sowieso, meine Klasse wiederholt gerade das Simple Past und mein Englischlehrer haelt mich fuer perfekt in Englisch und benutzt mich sehr gerne als Beispiel, dass in Europa jeder Englisch kann und ausserdem auch viel mehr Sprachen in der Schule unterrichtet werden. Wenn mich allerdings hier jemand nach Franzoesisch fragt, kann ich nur erklaeren, dass mein Franzoesisch komplett verschwunden ist und ich keine ordentlichen Satz mehr rauskriege, was mich ziemlich aergert.
Wenn ich also von der Schule nach Hause komme, bin ich furchtbar muede und ich esse zu Mittag und lege mich dann ins Bett, um ein Stuendchen zu schlafen - ohne Scherz. Und ich schlafe sofort ein. Ist aber auch noetig, weil die Wochenenden hier anscheinend oft verplant sind und ausschlafen und solche Dinge nicht sehr verbreitet. Aber da werde ich mich wohl oder uebel dran gewoehnen muessen.

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