Dienstag, 31. August 2010

Ramadan für Anfänger

Da hier ja gerade Ramadan ist, haben ein paar von uns Volontären uns gedacht, dass wir das auch mal einen Tag lang probieren (in leicht abgeschwächter Form: Wasser trinken war erlaubt), um zu sehen, wie das so ist...

Freitag, der 27. August:
5:30: Der Wecker klingelt. Ein skeptischer Blick aus dem Fenster - Mist, es ist schon hell, mit einem Keks vor dem Fasten ist also nicht mehr viel her.
6:00: Ich schließe die Tür zur Rezeption auf und laufe gleich auf den Kühlschrank zu. Sonst ist der mir relativ egal, aber heute guckt mich die Cola an...
7:00: Suzanne kommt, um sich den Schlüssel zum Milkfridge geben zu lassen. Motivation hat den Höhepunkt erreicht.
7:38: Die ersten Gäste kommen zum Frühstück und mein Magen beginnt zu knurren. (Randanmerkung: mein Abendessen am Vorabend bestand aufgrund von Magengrummelm nur aus einer Tasse Fencheltee).
7:45: Fanny fragt mich, ob ich nicht mal langsam frühstücken gehen möchte, und fängt an zu lachen, als ich ihr erkäre, was wir heute vorhaben.
9:16: Ich muss Poolhandtücher in einem riesigen Korb in die laundry tragen, und dabei die Dining Hall und die Küche durchqueren. Ich halte die Luft an und renne mit gesenktem Kopf los, um ja nichts essbares zu sehen.
10:15: Gina kommt an der Rezeption vorbei und hat schlechte Laune: "Alter, da steht so viel Kuchen in der Dining Hall, und zwar der gute Schokoladenkuchen, und ich kann ihn nicht essen!"
10:30: Korinna kommt mit einer großen Plastiktüte vorbei: "Ich habe für uns für heute Abend Kuchen in Sicherheit gebracht..."
11:16: Hunger.
11:17: Die erste anderthalb-Liter-Wasserschlafe ist geleert. Man kann auch trinken, um das Magenknurren durch Gluckern zu ersetzen.
12:00: Hunger!
12:30: Mittagessen. HUNGER!
13:00: Gerüchte machen die Runde, dass die ersten bereits aufgeben...
13:21: Korinna kommt mit einer zweiten großen Plastiktüte vorbei: "Ich habe Falafel für heute Abend für uns eingepackt..."
14:00: Die Wasserflasche muss erneut aufgefüllt werden.
14:04: Gina kommt erneut vorbei, wir beginnen ein Gespräch. Nach zehn Minuten bemerken wir, dass wir nur übers Essen geredet haben. Sie geht vorsichtshalber und ich mache mich daran, das Geld in der Kasse zu zählen.
14:30: Ich gehe zurück zur Baracke und versuche nicht daran zu denken, dass noch Kekse im Tiefkühlfach meines Kühlschrankes liegen.
14:45: Ich beginne, mit Augustin die Volunteer's Kitchen zu putzen (da vergeht einem nämlich der Appetit bei, anscheinend haben die Volontäre letztes Jahr nur Unordnung gemacht, anstatt mal zu putzen). Wir kratzen Asia-Soße vom Boden ab, entfernen die Kolonie toter Ameisen vom Boden des Wasserkochers, entfrosten den Kühlschrank und nehmen den Herd auseinander. Wir haben HUNGER.
17:30: Gina und ich ziehen mit letzter Kraft die vollgepackten Mülltüten über den Hof hinter uns her in Richtung Müllcontainer, tragen geht nicht mehr. Noch eine Stunde bis zum Essen.
18:00: Noch eine halbe Stunde.
18:15: Noch 15 Minuten.
18:30: ESSEN. Theoretisch. Praktisch ist nämlich Erev Shabbat, darum müssen wir erstmal Lieder singen, das Brot segnen, Kerzen anzünden, und noch ein paar Lieder singen.
19:15: Wir sitzen vor halb leergegessenen Tellern, und uns ist schlecht. Nach einem Tag Fasten passt nämlich nichts mehr in den Magen rein. Jedenfalls haben wir das nur knapp MIT Wasser überlebt, meine Bewunderung für alle, die das wirklich durchziehen (und was für eine wohltuende Abwechslung, dass manche arabischen Männer dann keine Energie mehr haben, einem hinterherzupfeifen ;)).

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