Montag, 23. August 2010

Kosher.

Hier dreht sich alles ums Essen... und zwar um KOSHERES Essen.
Der Begriff kosher (bedeutet glaube ich so viel wie 'rein') bezieht sich nicht nur auf Nahrungsmittel (wie zum Beispiel Schweinefleisch, das unkosher ist und das man hier eigentlich nur in russischen Supermärkten kaufen kann), sondern auch auf die Zubereitung und mindestens eine Million andere Dinge. Zum Beispiel dürfen Juden nicht gleichzeitig Fleisch und Milchprodukte essen (das heißt: Pizza entweder mit Käse oder mit Fleisch), weswegen die meisten Restaurants sich spezialisiert haben, entweder servieren sie Fleisch- ODER Milchgerichte (was für Vegetarier natürlich Vorteile hat, weil man nicht immer misstrauisch im Essen herumstochern muss. In Nes Ammim gibt es morgens und abends nur Milchgerichte, dafür fällt die Beute mittags manchmal ein wenig mager aus).Aber nicht genug damit, dass man Milch und Fleisch nicht gleichzeitig essen darf, sie dürfen auch nicht mit dem selben Besteck gegessen oder auf den gleichen Tellern serviert werden.



Sehr religiöse Juden haben sogar zwei Spülmaschinen, damit nicht das Milchgeschirr unkosher wird, weil man es in einer Spülmaschine gewaschen hat, die durch den gemischten Gebrauch von Fleisch- und Milchgeschirr unkosher geworden ist. Hier in Nes Ammim begnügen wir uns übrigens mit einer riesigen Spülmaschine, aber es gibt unterschiedliche Körbe in verschiedenen Farben, je nachdem, was gerade gewaschen werden muss.
Eier scheinen übrigens besonders kompliziert zu sein, denn wenn man die brät, sind sie nur dann kosher, wenn sie auch von einem Juden aufgeschlagen wurden (das Wenden ist kein Problem und darf auch von Nicht-Juden durchgeführt werden). Das führt zu gewissen Problemen, wenn morgens in der Küche nur Volontäre anwesend sind, denn jeden Tag kommt eine Person, die die Küche überprüft, um nachzusehen, ob alles mit rechten (also kosheren) Dingen zugeht. Deswegen werden schon im Voraus immer Absprachen getroffen: "Wenn jemand fragt, dann sagst du, dass Sara den ersten Schwung Eier aufgeschlagen hat und dann wieder zur Rezeption gegangen ist" "Aber Sara ist doch heute gar nicht hier!" "Na, dann sag eben, dass es Schmulik war." (Und wer Schmulik einmal gesehen hat mit seiner grauen Löwenmähne und der Arbeitskleidung vom Technischen Service, wird ganz bestimmt glauben, dass er extra in die Küche kommt, um einen Haufen Eier in die Pfanne zu schlagen, aber sicher...).
Und was es auch noch gibt: kosheres Toilettenpapier! (Das ist schon geschnittenes Toilettenpapier, denn am Shabbat ist es Juden verboten, etwas von der Rolle abzureißen. Für mich nicht nachvollziehbar, aber an so etwas muss man sich hier gewöhnen. Wer am Shabbat im Housekeeping arbeitet, muss dann auch nicht nur morgens arbeiten, sondern auch abends noch einmal durch alle Räume gehen. Der Shabbat beginnt ja schon am Freitagabend, und da gläubige Juden dann zum Beispiel keinen Lichtschalter bedienen dürfen, brennt ab Freitagabend in allen Zimmern durchgehend das Licht, die Klimaanlage arbeitet auf höchster Stufe und der Fernseher dudelt munter vor sich hin. Besonders genervte Volontäre, denen es zu anstrengend ist, jeden Fernseher auszuschalten, ziehen auch schon einfach mal die Stecker aus der Wand).

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