Dienstag, 31. Mai 2011

Yom haZikaron

Kaum eine Woche nach dem Holocaust-Gedenktag folgt am 9. Mai gleich der nächste (Gedenktag): Yom haZikaron, was so viel bedeutet wie: Gedenktag (hah!), oder, in der langen Version: יום הזכרון לחללימערכות ישראל ולנפגעי פעולות האיבה was wörtlich übersetzt heisst: Gedenktag für die gefallenen israelischen Soldaten und Terroropfer.
Mit ein paar Nes Ammim Volontären besuchten wir morgens die Friedhöfe in Nahariyya und Hanita, einem Kibbutz an der libanesischen Grenze, auf denen zwei ehemalige Nes Ammim Volontäre liegen, die in der israelischen Armee dienten und gestorben sind. Einer von ihnen wurde beim Hitchhiken entführt, seine Leiche wurde später ausgeraubt gefunden und musste durch Fernsehanzeigen identifiziert werden, der andere war Bombenspezialist und wurde bei einem Entschärfungsversuch in Gaza in die Luft gesprengt.
Auf israelischen Friedhofen gibt es eigene Bereiche fur Soldaten, und wenn man bedenkt, dass allein in 2010 183 israelische Soldaten gestorben sind, ohne dass sich Israel im Krieg befunden hätte, kann man sich vorstellen, dass diese Bereiche viel gefüllter sind, als man sich das in Deutschland denken würde.



Am Yom haZikaron besuchen jedenfalls nicht nur die Familien die Gräber der gefallenen Familienangehörigen (und in Israel gibt es keine Familie, die nicht einen etwas näher oder ferner entfernen Verwandten verloren hat), sondern auch das Militar kommt auf die Friedhöfe: Mitglieder der ehemaligen Einheiten besuchen die Gräber der Gefallenen, und vor den Gräbern der im letzten Jahr Verstorbenen stehen immer ein oder zwei Soldaten, die von der IDF geschickt werden, um den Familien zu zeigen, dass die Toten nicht vergessen sind.
Um elf Uhr heulen im ganzen Land wieder fur zwei Minuten die Sirenen, auf den Straßen kommt der Verkehr zum Erliegen und auf den Friedhofen werden Gedenkzeremonien abgehalten. Wir befanden uns zu diesem Zeitpunkt gerade in Hanita, und von den Bergen umher konnte man die Sirenen der anderen Kibbutzim und Dörfer hören, während Soldaten, die in Hanita wohn(t)en zwei Fackeln anzündeten.
Um daran zu erinnern, dass all die Toten (zumindest nicht völlig) umsonst gestorben sind - immerhin haben sie den Staat Israel verteidigt - geht der Gedenktag abends nach jüdischer Tradition in den Unabhängigkeitstag (Yom haAtzma'ut) über.
Wir fuhren nach Regba, unserem benachbarten Moshav, denn dort backt Nes Ammim am Unabhängigkeitstag traditionell Pfannkuchen.





Wir waren recht erfolgreich und verbrauchten fast anderthalb Wannen Pfannkuchenteig, auch wenn wir selber nichts abbekamen/abbekommen wollten (könnte aber auch an dem übrigen reichlichen Speiseangebot gelegen haben: nachdem wir uns in Schichten durch Kuchen, Kekse, Falafel & Pita, heiße Maiskolben und Zuckerwatte in rauen Mengen gefressen hatten, saßen wir am Ende neben unserem Pfannkuchenstand und waren nicht mehr in der Lage uns zu bewegen, was Jennie an den Rand ihrer Nerven trieb, irgendjemand musste immerhin die Pfannkuchenteigwannen wieder zum Auto tragen).



Zum Kalorienverbrennen fuhren wir hinterher mit dem Fahrrad durch die Felder nach Beit haEmeq, dort fand eine Independence-Day-Party statt. Wir tanzten auf komische Techno-Versionen von israelischen Patriotismus-Liedern, auch wenn Eva und mir der Verdacht kam, dass wir die Geschichte mit dem Patriotismus vielleicht sogar ein wenig ernster nahmen als die anderen Anwesenden:




Während die Israelis ihre Unabhängigkeit feiern, begehen die Palästinenser den Naquba-Day. Naquba ist arabisch und bedeutet Katastrophe, denn für die Palästinenser ist es nunmal nicht besonders gut, dass Israel seine Unabhängigkeit erlangte. Hier ist eben alles zweischneidig: man freut sich mit den einen, aber bitte auch nicht zu sehr, denn andere müssen darunter leiden. In den Wochen vorher waren großangelegte Protestaktionen angekündigt und die arabischen Staate zum Einmarsch in Israel aufgefordert worden. Dazu ist es nicht gekommen, zumindest nicht in dem Ausmaß, aber in Majdal Shams (ihr erinnert euch?) versuchten Gruppen von Palästinensern, die heute in Syrien leben, die Grenze zu überqueren, Teile von ihnen wurden dabei erschossen. Wobei ich jetzt auch den Schreck der israelischen Soldaten verstehe, wenn sie einen Haufen aufgebrachter Männer sehen, die erst den Grenzzaun Syriens durchbrechen, dann den der UN unterstehenden Streifen zwischen den beiden Ländern durchqueren und auf die israelische Grenze zustürmen. Nicht, dass ich damit sagen will, dass es richtig war zu schießen, und erst recht nicht dass es ich nicht schrecklich finde, dass Menschen dabei gestorben sind - aber irgendwie kann ich ja beide Seite verstehen.

Die nächste Protestaktion ist jetzt übrigens für den 5. Juni geplant, es wird erwartet, dass bis zu 100 000 Palästinenser gegen die Checkpoints in der Westbank marschieren. Ich werde dann jedenfalls in Ägypten sein und damit vermutlich genauso sicher wie in Nes Ammim.
Bis bald und Shalom! (:

Montag, 30. Mai 2011

Waltz with Bashir

Unbedingt ansehen:



In dem Film geht es um die Erinnerungen des Regisseurs Ari Folman an den Ersten Libanonkrieg, der während seiner Zeit bei der Armee stattfand. Der Filmtitel ist eine Anspielung auf Bashir Gemayel, der ein christlich-maronitischer Milizenführer und mit Israel verbündet war und dessen Ermordung die Massaker in den Flüchtlingslagern von Sabra und Shatila nach sich zog.

Israelisch-Deutsche Beziehungen

Ende Mai war ich zusammen mit Matze, Tobias und Sven in Nachsholim, einen Kibbutz südlich von Haifa, wo die Seminare für deutsche Volontäre (gesponsert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Bonn und Berlin - ja, das ist ein Name) stattfinden. (Dieses Mal habe ich also tatsächlich einen Platz bekommen und musste nicht nach Tel Aviv ausweichen).
Es ging um deutsche Einflüsse in Israel und umgekehrt, und außer 22 deutschen Volontären waren noch vier Israelinnen anwesend, von denen aber zwei sehr schüchtern, eine leicht arrogant und eine ein Nazi war (sie verkündete überzeugt, alle Araber müssten aus Israel herausgeworfen werden und dass Europa islamisiert werden würde).
Es war jedenfalls ein sehr interessantes Seminar mit guten Vorträgen, mit einem Vertreter der deutschen Botschaft (der jedoch einen nur mittelmäßig informierenden Vortrag über die Geschichte der deutsch-israelischen Beziehungen hielt), zwei alten Ladies, die in den 30ern mit zionistischen Motiven Deutschland verließen, um nach Israel zu kommen und über ihre Kindheit in Deutschland und deb Aufbau der Heimat in Israel sprachen, sowie einem deutschen Journalisten, Norbert Jessen, der seit 20 Jahren in Israel lebt und - Überraschung! - der erste deutsche Volontär in Nes Ammim war, nachdem Otto Busse die Bahn geebnet hatte. Er hat erst etwas von seiner Arbeit erzählt und dann Fragen beantwortet, zum Beispiel, ob das Bild Israels in den deutschen Medien einseitig ist oder nicht (seine Antwort: fragt man einen Israeli, sagt der: es ist einseitig pro-palästinensisch, fragt man einen Palästinenser, sagt der: es ist einseitig pro-Israel. Fragt man ihn, sagt er: alle beschweren sich über die Flüchtlingslager der Palästinenser in Israel, wie das Ballata-Camp in Nablus oder Aida bei Bethlehem. Dort leben die Leute in Häusern und haben fließend Wasser und Strom. Die palästinensischen Flüchtlingslager mit den schlimmsten Bedingungen, nämlich Zelte ohne fließend Wasser und Strom, liegen an der jordanisch-irakischen Grenze, und von ihnen weiß niemand etwas. (Er hat Recht, wir alle - 22 Volontäre, 4 Israelis sowie der Leiter des Dialoginstitutes - hatten noch nie etwas davon gehört)).
Einen Tag verbrachten wir in Tel Aviv, wo wir in der Israelisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer waren, um über die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern zu sprechen. Ich hatte mich auf einen langweiligen Vortrag eingestellt, tatsächlich war es einer der besten des Wochenendes. Erkenntnisse des Nachmittags: Die Israelis haben zwar den USB-Stick und ICQ erfunden, aber heute weiß das keiner mehr, weil sie ihre Erfindungen lieber für einen Preis von läppischen 400 Millionen Dollar verkauft haben, anstatt sie selbst zu vermarkten. - sowie: nachdem die Juden während der Spanischen Inquisition zwar nicht umgebracht, aber aus Spanien verbannt wurden, legten sie einen 500-jährigen Bann auf Spanien. Die Folge: 1970 - 20 Jahre nach dem Holocaust und geschätzte 478 Jahre nach der Spanischen Inquisition - hatte Israel zwar vollständige diplomatische Beziehungen zu Deutschland, aber nicht zu Spanien.
Hinterher bekamen wir noch eine Führung durch Tel Aviv sowie seines Bauhaukulturerbes und verbrachten den Abend auf dem Carmel-Market:



Und da Nachsholim direkt am Strand liegt, dauerte es auch nicht lange, bis wir über die gestrandete Riesenschildkröte stolperten. Tobi versuchte heldenhaft sie wiederzubeleben, aber jede Hilfe kam zu spät.

Sonntag, 29. Mai 2011

Homoiotherm: widerlegt.

Es wird heißer und heißer, und ich widerlege meine Biolehrerin: ich bin bestimmt nicht gleichwarm, sondern gehöre zu den poikilothermen, also wechselwarmen, Tieren, und verfalle bei zu hohen Temperaturen in Hitzestarre.
Nicht bewegen, bitte!

El tiempo corre y no se para...

Der Countdown laeuft: heute in zwei Monaten steige ich in Caracas in den Flieger, 61 Tage, einen spaeter morgens komme ich in Frankfurt an.
Nur damit ihrs wisst.

Sonntag, 15. Mai 2011

Saure-Gurken-Zeit.

Nein, der Blog wurde meinerseits nicht vergessen, aber irgendwie gibts im Moment nichts interessantes zu erzaehlen. Die Woche nach Ostern hab ich krankheitsbedingt komplett im Bett verbracht, als ich danach wieder in die Schule zurueckkam, war alles so wie vorher (unsere Klasse ist immer noch ein Desaster, nachdem unsere alte Chemielehrerin gekuendigt hat, haben wir eine neue bekommen, in deren erster Stunde gleich ein Feuerzeug explodiert wurde. Der ganze Raum roch nach Gas, weshalb die Mehrheit gefluechtet ist, aber die Lehrerin ist geblieben-was sich als Fehler ihrerseits herausgestellt hat, sie ist Asthmatikerin und hat dann die naechsten Tage dank eines Anfalls mit Fieber im Bett verbracht. Daraufhin gab es am naechsten Morgen gleich eine Reunion mit den Eltern, ungefaehr die Haelfte tauchte auf, meiner Gastmutter wurde gar nicht angerufen. Die Direktorin hat dann also ein Stuendchen gepredigt ueber Respekt und Benehmen und die anwesenden Eltern zeigten sich angemessen betroffen und es wurde allgemein mit Eltern, Schuelern und Lehrern beschlossen, dass ab sofort zumindest fuer eine Zeit lang ein Elternteil hinten im Klassenraum sitzen soll und alles aufschreiben, was dem Lehrer so entgeht (so frei nach dem Motto, 'Jose hat Luis geschlagen' 'Paola hat das Handy rausgeholt und ihr Facebook gecheckt' 'Frank hat bei Sergio abgeschrieben.') (bis jetzt ist noch niemand aufgekreuzt.) Die Chemielehrerin war uebrigens nicht persoenlich anwesend, sie lag ja mit Fieber im Bett. Wieso bei meiner Gastmutter nicht angerufen wurde, weiss ich auch nicht genau, wahrscheinlich liegt es daran, dass die Direktorin ein grosser Fan von mir ist (es gibt natuerlich auch Leute, die sich gut benehmen, zum Beispiel Sofia, Roxymar, Cesar und Laura) irgendwie ist es doch ein bisschen traurig, dass sie mich, die ich doch wirklich nicht so viel Wichtigkeit fuer den Klassendurchschnitt habe, als erstes nennt.)
Ansonsten geht der Alltag hier seinen Lauf, ich gehe in die Schule, komme heim, esse Reis und Huehnchen, schaue mit Dani Cold Case und schlafe. Ansonsten gehe ich immer noch zweimal in der Woche in die Musikschule und die uebrigen Tage gibt es meist auch irgendwas zu tun, mal spontanes Filmeschauen, mal allgemeines Sportmachen.
Wochenends ist auch meistens was los, sodass meine Zeit hier schnell vorbeigeht, so schnell, dass ich es fast gar nicht merke, und jetzt kommt schon fast bald die letzte Reise: nach Merida und in die Anden. Nachdem ich die andere Reise mangels Pass nicht mitmachen konnte (ach, mein Pass, den ich vor mehr als einem Monat mal in Caracas beantragt habe, ist am Freitag bei mir angekommen: die nette Dame in der Botschaft meinte, dass sie, wenn sie die Unterschriften, die meine Eltern in Deutschland machen muessen, hat, den Pass sofort ausstellt und ihn zum Botschafts-Buero in Puerto la Cruz schickt. Wir haben also alle moeglichen Handynummern und Emailadressen angegeben, sowohl von meinen Eltern als auch von mir, damit sie uns bescheid sagen koennen, wenn der Pass ankommt. Nach zwei Tagen unterschrieben meine Eltern in Deutschland die Sache und alles wurde wieder zurueckgeschickt und dann-nichts. Nachdem dann auch noch AFS anfing, sich darum zu sorgen, rief ich nochmal bei der Botschaft an, die nette Dame meinte, dass sie den Fall schon lang bearbeitet haetten und dass der Pass schon lang losgeschickt sei. Ich versuchte dann also, das Buero in Puerto zu erreichen, die allerdings, wie wir nach einem wiederholten Anruf bei der Botschaft in Caracas erfahren haben, nur Montag, Mittwoch und Freitag von neun bis zwoelf aufhaben und auch waehrend der Zeit nicht immer ans Telefon gehen. Letztendlich haben wir sie doch erreicht und am Freitag ging meine Mutter los, um den Pass abzuholen, ich musste nicht mal mit, was ich doch ein bisschen seltsam fand. Naja, aber ich hab ihn jetzt, ausgestellt am 4.4.2011 und in einem haesslichen gruen.)



Uebrigens erzaehlte mir die nette Dame in der Botschaft, dass ich, wenn ich die Unterschriften meiner Eltern schon vorher eingeholt haette, den Pass gleich haette mitnehmen koennen und so doch die AFS-Amazonas-Reise mitmachen. Allerdings hat sie das in keinem der vier Male erwaehnt, in denen ich mit ihr telefoniert habe und JEDES Mal gefragt hab, ob ich noch etwas anderes tun koennte oder ob der naechste Schritt jetzt sei, nach Caracas zu gehn. Gracias pues.

Sonntag, 8. Mai 2011

Yom HaShoah

Ich stehe an der Rezeption und bin gerade leidenschaftlich in eine Diskussion mit einem Gast vertieft, die kurz davor ist, in einen Streit überzugehen (es geht um seine Milchallergie, die er natürlich intelligenterweise dem Personal unseres kosheren Hotels vorher nicht mitgeteilt hat, was zur Folge hat, dass wir jetzt die von ihm verlangten Sojaprodukte nicht vorrätig haben), als plötzlich die Sirenen angehen. Der Mann hört mitten im Satz auf zu sprechen, dreht sich um, auch seine kreischenden und schreienden Kinder werden still und hören auf, sich gegen die Toilettentüren der Lobby zu werfen. Nach zwei Minuten verstummen die Sirenen wieder, der Mann dreht sich zurück, guckt mich an und sagt: "...and this is why I really think that it's your duty to go NOW to buy some soy milk and soy cheese for me!"
Es ist der 2. Mai 2011, der Yom HaShoa weLaGwura (der Tag der Shoah und des Heroismus), Israels offizieller Gedenktag für die sechs Millionen Juden, die im Holocaust (Shoah ist das hebräische Wort für Holocaust) ums Leben gekommen sind.
Alle Fahnen hängen an diesem Tag auf Halbmast und um zehn Uhr gehen die Sirenen landesweit, die Leute unterbrechen ihre Arbeit, auf der Autobahn kommt der Verkehr zum erliegen und die Menschen steigen aus ihren Autos aus. Am Abend des Vortages (also wenn der Tag nach der jüdischen 'Zeitrechnung' beginnt), gibt es eine erste Zeremonie in Jerusalem, alles wird beendet durch eine zweite im Amphitheater in Lochamei haGetaot. Und da das ja gleich um die Ecke liegt, machten wir uns abends also durch die nicht mehr allzu matschigen Felder auf dorthin.


Das Programm war natürlich auf Hebräisch, was es stellenweise etwas schwierig machte, den genaueren Ausführungen zu folgen, vor allem, als Benny Gantz, der Ramatkal (also der Generalstabchef der Israelischen Streitkräfte) seine Rede gehalten hat. Er wurde mit einem Hubschrauber ein- und ausgeflogen, hatte aber erstaunlich wenig Sicherheitspersonal dabei (zumindest kein sichtbares). Könnte aber auch daran liegen, dass der ein Großteil des Publikums sowieso von Soldaten gestellt wurde, die am Ende mit Fackeln ins Amphitheater hinunterzogen.



Überhaupt wurde während des Programmes wieder einmal deutlich, dass sich Israel und Deutschland in manchen Dingen ziemlich radikal voneinander unterscheiden: was Nationalstolz und Patriotismus/Nationalismus angeht, zum Beispiel. So ein Fahnenmeer ist in Deutschland selbst in WM-Zeiten noch nicht lange üblich, hier werden die Nationalfarben nicht nur zu Festakten begeistert geschwungen. Über die Problematik, die das gerade im Konflikt mit den Palästinensern und vor allem arabischen Israelis mit sich bringt, will ich an dieser Stelle nicht reden.

Freitag, 6. Mai 2011

Sonntag, 1. Mai 2011

Zij is mijn koningin.

Am 30. April wird jährlich in Holland der Koninginnedag gefeiert (der Geburtstag der Königin bzw ihrer Mutter, danach wollte man das Datum nicht mehr ändern), was den Insiderberichten der Holländer in Nes Ammim nach jedes Jahr sehr orange und feucht-fröhlich begangen wird.
Um die holländischen Steuerzahler dafür zu belohnen, dass sie eine Botschaft in Israel unterhalten müssen, findet dort jedes Jahr am Koninginnedag (oder zwei Tage früher, wenn der Tag andernfalls auf einen Shabbat fallen würde) ein Empfang fur alle holländischen Staatsbürger in Israel statt.
Das wollten sich die Nes Ammimer natürlich nicht entgehen lassen, und zwar auch manche Deutsche nicht, was fur allerlei Streitigkeiten sorgte, da gewisse Holländer einen Riesenaufstand schoben und wirklich wütend waren, dass es jemand wagen wollte, ihre Landesfeier zu infiltrieren. Obwohl ich ihre Reaktion und die darauffolgenden Anfeindungen leicht ubertrieben fand, war ich trotzdem der Meinung, dass sie eigentlich Recht hatten; immerhin gibt es auch Seminare fur deutsche Volontäre in Israel, und da sind die Holländer schließlich auch nicht zugelassen.
Wie es der Zufall so wollte, war ich dann trotzdem die einzige Deutsche, die das Ende des Abends auf dem Koninginnedag in der Botschaft in Herzliyya verbrachte. Annemarie & Frans, unser Pastorenehepaar, mussten den Tag wegen einer Konferenz in Jerusalem verbringen und nahmen mich und Christine spontan mit, weil sie noch Plätze im Auto frei hatten. Am späten Nachmittag machte sich Christine per Bus auf nach Herzliyya, während ich noch uber den Mahane-Yehuda-Markt in Jerusalem strolchte (den wir übrigens schon seit August gesucht, aber erst per Zufall auf dem Weg zum Busbahnhof gefunden hatten). Dann sammelten mich Annemarie & Frans an einer Tankstelle im Stadtzentrum auf - und die beschlossen dann, noch dem Käse und Hering zu Leibe zu rücken, den die hungrige Meute in der Botschaft bisher nicht verdrückt hatte.
Zitat Frans: "You can just join us, but you have to face the rage of J."
Die meisten Leute haben sich jedoch gefreut mich zu sehen, vor allem, weil ich ihnen gleich ein patriotisches Zij is ook mijn koningin! entgegenschmette, was fur gewisses Amusement sorgte, denn so nationalistisch ist eigentlich kein Holländer. Ich bekam ein Glas Wein in die Hand gedrückt und Chiel riss sich sogar aus seiner Unterhaltung mit dem Botschafter, um mir ein gerettetes Stück holländischen Käses in einer Serviette zu überreichen und sich dann mit mir - trotz meines Protestes - auf Heringsjagd zu begeben. Auch meine Erleichterung angesichts des leergeräumten Fischbuffets hielt nicht lange an, er schleppte mich erst zu den Kellnern, um nach mehr Hering zu fragen, und bugsierte mich dann kurzerhand in die Küche, um sein Anliegen direkt beim Koch vorzutragen. Der holte auch gleich eine ganze Box Hering aus dem Kühlschrank und stellte sie mit einer Schachtel Zahnstocher vor mir auf den Tisch.



Eindeutig nicht meine Sache, aber mir wurde versichert, dass sich mein Holländisch hinterher hörbar verbessert hat:
De kaas was heerlijk, maar ik hield echt niet van de Haring.