Am 26. März machten Annika und ich uns auf den
Weg nach Chennai zum Flughafen, um unsere Reise nach Nordindien anzutreten.
Euch kommt es vielleicht so vor, als würde ich die ganze Zeit nur reisen, das
stimmt so aber nicht. Wir waren zwar tatsächlich schon viel unterwegs, aber
dafür haben wir meistens an mehreren Wochenenden durchgearbeitet, um die freien
Tage dann zu einer ganzen Woche zusammenzunehmen. Unsere offiziellen 18
Urlaubstage haben wir nun alle zusammengenommen, um für knapp vier Wochen gen
Norden zu fahren (oder eher zu fliegen). In Delhi sammelten wir dann noch
mitten in der Nacht meine Kusine Anna-Lena und ihren Freund Daniel ein, die
ihre Semesterferien nutzten, um uns besuchen zu kommen. Gegen fünf Uhr morgens
kamen wir endlich im Youth Hostel an, wo wir auf Fiona trafen, die schon eine
Freundin in Delhi besucht hatte. Fiona war für ein halbes Jahr Volontärin in
einem Projekt ganz in unserer Nähe und wir haben uns in der Zeit oft getroffen.
So waren wir komplett: wir sind die Fünf Freunde… (ich hoffe mal, die Mehrheit
von euch kennt die wunderbare Kinderbuchreihe von Enid Blyton).
Hier mal eine kleine Vorstellung von links nach rechts: Ich (Julian), Annika (Anne), Fiona (Dick), Daniel (Timmi der Hund) und Anna-Lena (George)
Da ich euch mit ganz vielen Bildern beglücken
möchte und manchmal schon von einem Tag einen seitenlangen Blogeintrag schreiben
kann, werde ich unsere Reise in drei Teile teilen und auch nur über die
Highlights berichten, schließlich bin ich schon bald wieder in Deutschland und
will auch noch was zu erzählen haben ;) - die Fünf Freunde, Jubiläumsfolge,
Teil eins
Fünf Freunde in der Hauptstadt- Delhi
An indischen Großstädten kannte ich bisher nur
Chennai und Bangalore und die finde ich beide gar nicht berauschend (eher
gesagt finde ich beide furchtbar). So hatte ich eigentlich wenig Lust auf
Delhi, aber es gehört nun mal dazu und der Flieger aus Deutschland landete hier
und so begannen die Fünf Freude ihre Abenteuer in Delhi.
Delhi überraschte mich ganz und gar positiv
(vielleicht, weil ich aufs schlimmste eingestellt war). Es gibt eine
supermoderne Metro, mit der man für wenig Geld schnell mobil ist und auch zu
den meisten Sehenswürdigkeiten kommt. Außerdem gibt es auch tatsächlich
spannende Dinge, die man sich anschauen kann (anders als in Chennai), weshalb
wir gut beschäftigt waren. Eine ganz besondere Erfahrung in Delhi war der
Besuch von Nizzamuddin. Nizzamuddin ist das islamische Viertel in Delhi und es
versprüht eine ganz besondere Atmosphäre. Die Straßen sind schmal und
vollgestopft, man sieht plötzlich unglaublich viele Metzger, verschleierte
Frauen, Stände, die Tücher mit Bildern von Moscheen verkaufen.
Mein zweites Delhi-Highlight kam am Sonntag:
schon im Vorfeld hatten wir uns entschieden, eine Radtour zu machen, die mit
1850 Rupien (knapp 30 Euro) zwar für indische Verhältnisse echt teuer ist, aber
von einigen Seiten hoch gelobt wurde. Um 6.30 morgens ging es los. Wir waren
eine Gruppe von ungefähr zehn Leuten mit einem äußerst motivierten jungen
Führer. Wir radelten durch Old Delhis kleine Gassen, was ich ein bisschen
anstrengend fand: es war eher so ein stop and go, man muss eben Kindern,
Ziegen, Barber-Shops und so weiter ausweichen (unsere Tour begann im Schlachter-Viertel.
Da mussten wir zusätzlich noch Blutlachen und Männern mit halben Kühen auf den
Schultern ausweichen).
Trotzdem war es unglaublich interessant und schön.
Außerdem war auch die Tour an sich wirklich gut: es wurde immer wieder an
speziellen Punkten gestoppt und der Führer gab mit seiner begeisterten Art und
Weise angenehm verpackte Infos von sich, von denen tatsächlich auch ein paar
hängengeblieben sind. Abschluss fand unser Abenteuer im 'Karims', einer
stadtbekannten Institution: die Gründer dieses Lokals bewirteten früher die
Moguln und wollten nach dem Ende der Mogul-Herrschaft ihr Können mit dem
gemeinen Pöbel teilen. Zu unserem Glück! Zum Frühstück gibt es nur eine
Möglichkeit, nämlich frischgebackenes Naan und zwei deftige Currys, eins mit Lamm
und ein vegetarisches. Das mag euch jetzt nicht so frühstücksmäßig erscheinen,
aber wir sind schließlich schon gut drei Stunden durch Delhi geradelt…
Fünf Freunde treffen den Dalai Lama –Dharamsala
Mit dem Nachtbus von Delhi aus fuhren wir nach
Dharamsala, einem kleinen Städtchen in den Ausläufern des Himalayas. In
Dharamsala lebt seit den 60ern der Dalai Lama und mit ihm eine ganze Menge
Tibeter. Wir kamen morgens früh um sechs an und kramten erst mal unsere Socken
und Jacken raus. Willkommen im Himalaya und auf 1830 Höhenmetern! Unser Plan,
uns erst mal in einem schönen Cafe aufzuwärmen und dann noch ein bisschen zu
schlafen, wurde jäh durchkreuzt, als der Angestellte des Hotels uns erzählte,
dass der Dalai Lama heute eine öffentliche Audienz geben würde. Wow! Damit
hatten wir gar nicht gerechnet. Wir rannten also mit unseren Reisepässen in der
Hand runter zum Kloster des Dalai Lama, um festzustellen, dass man sich
eigentlich vorher anmelden muss (und dass man keine Taschen mitnehmen darf).
Letztendlich haben wir Cafe-Besitzern unsere kompletten Wertsachen anvertraut,
standen in vier verschiedenen Schlangen, konnten uns doch noch anmelden, wir
wurden nass, kamen als unter den ersten im Audienzsaal an und hatten somit gute
Plätze, warteten, froren, wurden von unseren Plätzen wieder vertrieben: Der
Dalai Lama machte mit allen nach Ländern sortiert ein Foto (bei dem Fiona
zufällig sogar seine Hand halten durfte! Falls Daniel jemandem von euch erzählt
hat, dass ER die Hand gehalten hat: das ist gelogen!). Wen interessiert, was
der Dalai Lama so erzählt hat, der kann es hier
nachlesen.
Der unsportlichere Teil der Fünf
Freunde (ich lasse jetzt mal offen, wer das ist…) zweifelte aber zwischendurch
daran, jemals das Ziel, eine Hütte mit einem wunderschönen Ausblick auf 2900m
zu erreichen. Aber alle fünf schafften wir es nach oben und dann auch über
zugeschneite und rutschige Wege wieder nach unten.
Der Beweis: alle da! |
Abends zweifelte der
unsportlichere Teil der Fünf Freunde übrigens daran, jemals wieder aus dem Bett
aufstehen zu können. Den nächsten Tag verbrachten wir dann auch hauptsächlich
in den hübschen Cafés Dharamsalas-solange ich mich nicht bewegte, hatte ich
auch keinen Muskelkater. Treppen steigen war noch ein paar Tage lang ein
Problem, doch hielt es vier der fünf Freunde nicht davon ab, sich in ein
weiteres Abenteuer zu stürzen und mit einem Gleitschirm über die wunderschöne Landschaft
zu fliegen. Ich bin immer noch der Meinung, dass die Fahrt zum Abflugpunkt
gefährlicher war als der Flug an sich…
Kurz vorm Abflug-ganz schoen kalt hier! |
Fünf Freunde und der Dolch des Sikhs-Amritsar
Ich muss euch mal was verraten: die meisten
Inder tragen keinen Turban. Im Süden sieht man wirklich nur zur Ausnahme Turbane.
Der 'typische Inder', den uns viele Filme vermitteln und den auch ich im Kopf
hatte, als ich kam, trägt eben einen kompliziert geschlungenen Turban und hat
einen langen Bart. Das ist eindeutig ein Sikh! Der Sikhismus ist eine im 15.
Jahrhundert als Gegenbewegung zum Hinduismus gegründete Religion. Es geht viel
um Gleichheit und Gerechtigkeit. Nur 2% der Inder sind Sikhs, aber 70% der
gemeinnützigen Einrichtungen werden von Sikhs betrieben. In Amritsar steht der
Goldene Tempel, das höchste Heiligtum. Dank der Sikh-Philosophie werden in der
riesigen Tempel-Küche täglich sechzig- bis achtzigtausend Menschen mit Essen
versorgt und es gibt kostenlose Schlafplätze für Pilger.
Blick in die Tempelkueche... |
...und den Speisesaal |
Auch für westliche
Besucher gibt es einen kostenlosen Dorm, der angeblich schon voll war, als wir
ankamen. Die nette Dame, die uns den Weg gezeigt hatte, musste erst ihre
Machtposition als irgendeine Mitarbeiterin vom Government spielen lassen (sie
zückte sogar eine hübsche ID-Karte), bis der grimmig aussehende Sikh vor der
Tür uns herein ließ.
Den ersten Tag verbrachten wir übrigens nach
Bezug unseres Quartiers mit anderen Dingen: vier der Fünf Freunde machten sich
auf den Weg Richtung Pakistan, während Daniel mit unserem Führer von der
Fahrradtour in Delhi um die (Tempel-)Häuser zog- auch Indien ist ein Dorf. Die
Grenzschließungszeremonie wird vom Reiseführer als Highlight angepriesen und
wir waren uns nicht ganz sicher, was wir erwarten sollten. Bestimmt erwarteten
wir aber nicht, dass sich die Autos auf dem Hinweg stauen, man allerlei
Indien-Accessoires erstehen kann, fünfmal durch die Sicherheitsschleuse muss
(und das gerade gekaufte Popcorn wieder abgeben)-und das alles für ein Theater,
das ich irgendwie nicht ganz ernst nehmen konnte. Nun, die Inder (und bestimmt
auch die Pakistanis auf der anderen Seite, die man von weitem sehen konnte)
nahmen es dafür mindestens doppelt so ernst und versuchten, je die Gegenseite
geräuschmäßig zu übertönen, ganze Familien tanzten zu patriotischen Liedern auf
der Straße und die Soldaten der beiden Länder führte eine Art Tänzchen auf (ich
war erinnert an die Prinzengarden an Fastnacht) und zogen schließlich schön
langsam und kontrolliert die Fahnen herunter. Noch immer schwanke ich zwischen
amüsiert und schockiert.
Die Grenzschliessungszeremonie zieht Menschenmassen an |
Kann noch jemand ausser mir diese Gockel nicht ernst nehmen? |
Den nächsten Tag widmeten wir dann ganz dem
Tempel. Das Tempelgelände an sich ist riesig, der eigentliche Tempel besteht
aber aus weißen Gebäuden, die den inneren Bereich einrahmen. In der Mitte ist
ein künstlicher See, dessen Wasser als heilig und reinigend betrachtet wird.
Und dann ganz in dessen Mitte steht er, der goldene Tempel.
Die Atmosphäre ist
ganz besonders und man kann wirklich lange einfach nur am Wasser sitzen und den
Menschen zuschauen, die vorbeilaufen, ihre Kinder baden, im Schatten schlafen oder
dem Gesang der Sänger lauschen, der über Lautsprecher übertragen wird. Um in
den goldenen Tempel hineinzukommen, mussten wir uns erst mal zwei Stunden lang
im Poweranstehen üben.
-Wie es weitergeht könnt ihr dann in Teil zwei
und drei lesen. Ich kann verraten: es bleibt spannend, geht um verwinkelte
Forts, Kamele, Romantik und einiges mehr!-
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