Mittwoch, 6. Mai 2015

Fünf Freunde und ihre Reise nach Nordindien, Teil eins

Am 26. März machten Annika und ich uns auf den Weg nach Chennai zum Flughafen, um unsere Reise nach Nordindien anzutreten. Euch kommt es vielleicht so vor, als würde ich die ganze Zeit nur reisen, das stimmt so aber nicht. Wir waren zwar tatsächlich schon viel unterwegs, aber dafür haben wir meistens an mehreren Wochenenden durchgearbeitet, um die freien Tage dann zu einer ganzen Woche zusammenzunehmen. Unsere offiziellen 18 Urlaubstage haben wir nun alle zusammengenommen, um für knapp vier Wochen gen Norden zu fahren (oder eher zu fliegen). In Delhi sammelten wir dann noch mitten in der Nacht meine Kusine Anna-Lena und ihren Freund Daniel ein, die ihre Semesterferien nutzten, um uns besuchen zu kommen. Gegen fünf Uhr morgens kamen wir endlich im Youth Hostel an, wo wir auf Fiona trafen, die schon eine Freundin in Delhi besucht hatte. Fiona war für ein halbes Jahr Volontärin in einem Projekt ganz in unserer Nähe und wir haben uns in der Zeit oft getroffen. So waren wir komplett: wir sind die Fünf Freunde… (ich hoffe mal, die Mehrheit von euch kennt die wunderbare Kinderbuchreihe von Enid Blyton).
Hier mal eine kleine Vorstellung von links nach rechts: Ich (Julian), Annika (Anne), Fiona (Dick), Daniel (Timmi der Hund) und Anna-Lena (George)



Da ich euch mit ganz vielen Bildern beglücken möchte und manchmal schon von einem Tag einen seitenlangen Blogeintrag schreiben kann, werde ich unsere Reise in drei Teile teilen und auch nur über die Highlights berichten, schließlich bin ich schon bald wieder in Deutschland und will auch noch was zu erzählen haben ;) - die Fünf Freunde, Jubiläumsfolge, Teil eins

Fünf Freunde in der Hauptstadt- Delhi

An indischen Großstädten kannte ich bisher nur Chennai und Bangalore und die finde ich beide gar nicht berauschend (eher gesagt finde ich beide furchtbar). So hatte ich eigentlich wenig Lust auf Delhi, aber es gehört nun mal dazu und der Flieger aus Deutschland landete hier und so begannen die Fünf Freude ihre Abenteuer in Delhi.
Delhi überraschte mich ganz und gar positiv (vielleicht, weil ich aufs schlimmste eingestellt war). Es gibt eine supermoderne Metro, mit der man für wenig Geld schnell mobil ist und auch zu den meisten Sehenswürdigkeiten kommt. Außerdem gibt es auch tatsächlich spannende Dinge, die man sich anschauen kann (anders als in Chennai), weshalb wir gut beschäftigt waren. Eine ganz besondere Erfahrung in Delhi war der Besuch von Nizzamuddin. Nizzamuddin ist das islamische Viertel in Delhi und es versprüht eine ganz besondere Atmosphäre. Die Straßen sind schmal und vollgestopft, man sieht plötzlich unglaublich viele Metzger, verschleierte Frauen, Stände, die Tücher mit Bildern von Moscheen verkaufen. 

Das Viertel ist um den Schrein eines Sufi-Heiligen angelegt, den wir dann besuchten. Der Eingang ist ein kleines Tor und der Name, der im Reiseführer steht, steht da nirgends. Trotzdem schienen sich alle ganz sicher zu sein, dass wir genau durch diese schmale Tür treten sollten und so folgten wir einfach mal den Anweisungen der Besitzer der umliegenden Stände. Der schmale Durchgang führte zu einem schmalen, dusteren Gang, der sich in unübersichtlichen Kurven wand. Leute saßen am Rand und bettelten oder schliefen und ich fragte mich wirklich, wo wir jetzt hinkommen würden, als wir plötzlich auf einem Platz standen. In der Mitte stand der Schrein, ein Würfel aus Marmor. Es war Freitag und wir waren pünktlich zum Gebet gekommen. Obwohl wir ganz eindeutig Touristen waren, störte es keinen, dass wir da waren und zwischen Frauen mit Kindern auf dem Boden saßen und fasziniert die Reihen der Betenden beobachteten. Nach dem Gebet gingen Leute herum und verteilten Tee und Süßigkeiten, kurz bevor wir gingen, sahen wir, dass man sich auch noch für Essen anstellen konnte. Außerdem begann nach dem Gebet der Sufi-Gesang, wegen dem wir eigentlich gekommen waren. Wir saßen mit einer Menge Leute auf dem Boden und genossen die Atmosphäre, die herrschte: in der Mitte saßen die Musiker mit ihren Instrumenten und die Sänger. Einerseits herrschte ein kommen und gehen, andererseits waren alle auch ganz andächtig und ich fühlte mich wohl.



Mein zweites Delhi-Highlight kam am Sonntag: schon im Vorfeld hatten wir uns entschieden, eine Radtour zu machen, die mit 1850 Rupien (knapp 30 Euro) zwar für indische Verhältnisse echt teuer ist, aber von einigen Seiten hoch gelobt wurde. Um 6.30 morgens ging es los. Wir waren eine Gruppe von ungefähr zehn Leuten mit einem äußerst motivierten jungen Führer. Wir radelten durch Old Delhis kleine Gassen, was ich ein bisschen anstrengend fand: es war eher so ein stop and go, man muss eben Kindern, Ziegen, Barber-Shops und so weiter ausweichen (unsere Tour begann im Schlachter-Viertel. Da mussten wir zusätzlich noch Blutlachen und Männern mit halben Kühen auf den Schultern ausweichen). 
Trotzdem war es unglaublich interessant und schön. Außerdem war auch die Tour an sich wirklich gut: es wurde immer wieder an speziellen Punkten gestoppt und der Führer gab mit seiner begeisterten Art und Weise angenehm verpackte Infos von sich, von denen tatsächlich auch ein paar hängengeblieben sind. Abschluss fand unser Abenteuer im 'Karims', einer stadtbekannten Institution: die Gründer dieses Lokals bewirteten früher die Moguln und wollten nach dem Ende der Mogul-Herrschaft ihr Können mit dem gemeinen Pöbel teilen. Zu unserem Glück! Zum Frühstück gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich frischgebackenes Naan und zwei deftige Currys, eins mit Lamm und ein vegetarisches. Das mag euch jetzt nicht so frühstücksmäßig erscheinen, aber wir sind schließlich schon gut drei Stunden durch Delhi geradelt… 







Fünf Freunde treffen den Dalai Lama –Dharamsala                                           

Mit dem Nachtbus von Delhi aus fuhren wir nach Dharamsala, einem kleinen Städtchen in den Ausläufern des Himalayas. In Dharamsala lebt seit den 60ern der Dalai Lama und mit ihm eine ganze Menge Tibeter. Wir kamen morgens früh um sechs an und kramten erst mal unsere Socken und Jacken raus. Willkommen im Himalaya und auf 1830 Höhenmetern! Unser Plan, uns erst mal in einem schönen Cafe aufzuwärmen und dann noch ein bisschen zu schlafen, wurde jäh durchkreuzt, als der Angestellte des Hotels uns erzählte, dass der Dalai Lama heute eine öffentliche Audienz geben würde. Wow! Damit hatten wir gar nicht gerechnet. Wir rannten also mit unseren Reisepässen in der Hand runter zum Kloster des Dalai Lama, um festzustellen, dass man sich eigentlich vorher anmelden muss (und dass man keine Taschen mitnehmen darf). Letztendlich haben wir Cafe-Besitzern unsere kompletten Wertsachen anvertraut, standen in vier verschiedenen Schlangen, konnten uns doch noch anmelden, wir wurden nass, kamen als unter den ersten im Audienzsaal an und hatten somit gute Plätze, warteten, froren, wurden von unseren Plätzen wieder vertrieben: Der Dalai Lama machte mit allen nach Ländern sortiert ein Foto (bei dem Fiona zufällig sogar seine Hand halten durfte! Falls Daniel jemandem von euch erzählt hat, dass ER die Hand gehalten hat: das ist gelogen!). Wen interessiert, was der Dalai Lama so erzählt hat, der kann es hier nachlesen.
Den restlichen Nachmittag verbrachten wir noch damit, Pullis zu kaufen und uns in schönen Cafés die Zeit zu vertreiben. Es war ziemlich kühl und ungemütlich draußen und regnete viel. Trotzdem arrangierten wir für den nächsten Tag eine Wanderung und nach einem Frühstück mit Omelet und tibetanischem (Lembas-)Brot machten wir uns auf den Weg. Die Landschaft war wunderschön, wir trafen sogar auf Schnee! 

Der unsportlichere Teil der Fünf Freunde (ich lasse jetzt mal offen, wer das ist…) zweifelte aber zwischendurch daran, jemals das Ziel, eine Hütte mit einem wunderschönen Ausblick auf 2900m zu erreichen. Aber alle fünf schafften wir es nach oben und dann auch über zugeschneite und rutschige Wege wieder nach unten. 

Der Beweis: alle da!
Abends zweifelte der unsportlichere Teil der Fünf Freunde übrigens daran, jemals wieder aus dem Bett aufstehen zu können. Den nächsten Tag verbrachten wir dann auch hauptsächlich in den hübschen Cafés Dharamsalas-solange ich mich nicht bewegte, hatte ich auch keinen Muskelkater. Treppen steigen war noch ein paar Tage lang ein Problem, doch hielt es vier der fünf Freunde nicht davon ab, sich in ein weiteres Abenteuer zu stürzen und mit einem Gleitschirm über die wunderschöne Landschaft zu fliegen. Ich bin immer noch der Meinung, dass die Fahrt zum Abflugpunkt gefährlicher war als der Flug an sich… 


Kurz vorm Abflug-ganz schoen kalt hier!


Fünf Freunde und der Dolch des Sikhs-Amritsar

Ich muss euch mal was verraten: die meisten Inder tragen keinen Turban. Im Süden sieht man wirklich nur zur Ausnahme Turbane. Der 'typische Inder', den uns viele Filme vermitteln und den auch ich im Kopf hatte, als ich kam, trägt eben einen kompliziert geschlungenen Turban und hat einen langen Bart. Das ist eindeutig ein Sikh! Der Sikhismus ist eine im 15. Jahrhundert als Gegenbewegung zum Hinduismus gegründete Religion. Es geht viel um Gleichheit und Gerechtigkeit. Nur 2% der Inder sind Sikhs, aber 70% der gemeinnützigen Einrichtungen werden von Sikhs betrieben. In Amritsar steht der Goldene Tempel, das höchste Heiligtum. Dank der Sikh-Philosophie werden in der riesigen Tempel-Küche täglich sechzig- bis achtzigtausend Menschen mit Essen versorgt und es gibt kostenlose Schlafplätze für Pilger.
Blick in die Tempelkueche...

...und den Speisesaal
Auch für westliche Besucher gibt es einen kostenlosen Dorm, der angeblich schon voll war, als wir ankamen. Die nette Dame, die uns den Weg gezeigt hatte, musste erst ihre Machtposition als irgendeine Mitarbeiterin vom Government spielen lassen (sie zückte sogar eine hübsche ID-Karte), bis der grimmig aussehende Sikh vor der Tür uns herein ließ.
Den ersten Tag verbrachten wir übrigens nach Bezug unseres Quartiers mit anderen Dingen: vier der Fünf Freunde machten sich auf den Weg Richtung Pakistan, während Daniel mit unserem Führer von der Fahrradtour in Delhi um die (Tempel-)Häuser zog- auch Indien ist ein Dorf. Die Grenzschließungszeremonie wird vom Reiseführer als Highlight angepriesen und wir waren uns nicht ganz sicher, was wir erwarten sollten. Bestimmt erwarteten wir aber nicht, dass sich die Autos auf dem Hinweg stauen, man allerlei Indien-Accessoires erstehen kann, fünfmal durch die Sicherheitsschleuse muss (und das gerade gekaufte Popcorn wieder abgeben)-und das alles für ein Theater, das ich irgendwie nicht ganz ernst nehmen konnte. Nun, die Inder (und bestimmt auch die Pakistanis auf der anderen Seite, die man von weitem sehen konnte) nahmen es dafür mindestens doppelt so ernst und versuchten, je die Gegenseite geräuschmäßig zu übertönen, ganze Familien tanzten zu patriotischen Liedern auf der Straße und die Soldaten der beiden Länder führte eine Art Tänzchen auf (ich war erinnert an die Prinzengarden an Fastnacht) und zogen schließlich schön langsam und kontrolliert die Fahnen herunter. Noch immer schwanke ich zwischen amüsiert und schockiert.

Die Grenzschliessungszeremonie zieht Menschenmassen an

Kann noch jemand ausser mir diese Gockel nicht ernst nehmen?
Den nächsten Tag widmeten wir dann ganz dem Tempel. Das Tempelgelände an sich ist riesig, der eigentliche Tempel besteht aber aus weißen Gebäuden, die den inneren Bereich einrahmen. In der Mitte ist ein künstlicher See, dessen Wasser als heilig und reinigend betrachtet wird. Und dann ganz in dessen Mitte steht er, der goldene Tempel. 




Die Atmosphäre ist ganz besonders und man kann wirklich lange einfach nur am Wasser sitzen und den Menschen zuschauen, die vorbeilaufen, ihre Kinder baden, im Schatten schlafen oder dem Gesang der Sänger lauschen, der über Lautsprecher übertragen wird. Um in den goldenen Tempel hineinzukommen, mussten wir uns erst mal zwei Stunden lang im Poweranstehen üben. 
Umfallen konnten wir die meiste Zeit nicht mehr und seinem Vorder- und Hintermann kam man näher als wohl manchem guten Freund. Trotzdem fühlte ich mich nicht so unwohl, wie man jetzt vermuten könnte und auch kein einziges Mal bedrängt oder so. Wir vertrieben uns die Zeit mit Lesen im Reiseführer oder mit dem Baby, das die ganze Zeit versuchte, sich den langen grauen Bart seines Opas in den Mund zu stopfen. Das Anstehen lohnte sich meiner Meinung nach schon. Im untersten Raum des Tempels war es noch sehr voll, aber weiter oben konnten wir uns hinsetzen und die Atmosphäre genießen. Auch wenn ich noch immer nicht durchschaut habe, an was die Sikhs jetzt genau glauben, genoss ich unseren Aufenthalt in Amritsar und die Gastfreundschaft, die uns entgegengebracht wurde!


-Wie es weitergeht könnt ihr dann in Teil zwei und drei lesen. Ich kann verraten: es bleibt spannend, geht um verwinkelte Forts, Kamele, Romantik und einiges mehr!-































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