Sonntag, 10. Mai 2015

Die Fünf Freunde im Reich der Rajputen



Fünf Freunde und die Abenteuer im Dachgarten-Jaipur

Schon auf der Busfahrt zu unserer nächsten Station merkten wir, dass uns etwas ganz besonderes bevorstand. Das lag weder an unserem klapperigen Bus noch an der lauten Musik, die die Fahrer die ganze Nacht lang abspielten und auch nicht an den vier Stunden Verspätung. Nein, wir verbrachten die meiste Zeit damit, aus dem Fenster zu schauen. Und wer mal nicht aus dem Fenster schaute, der wurde von den anderen schleunigst darauf aufmerksam gemacht, dass sie schon wieder ein Kamel gesehen hatten! Unsere nächsten drei Ziele lagen in Rajasthan, dem Wüstenstaat Indiens. 57% der Fläche Rajasthans sind von der Wüste Thar bedeckt. Die Hauptstadt Jaipur liegt allerdings noch nicht in der Wüste und ist vor allem eins: eine große Stadt. Dank einer Empfehlung beschlossen wir, unsere Nächte in Tony's Guest House zu verbringen. Wie sich bald herausstellen sollte, war das ein absoluter Glückstreffer. Wir übernachteten für 150 Rupien pro Person (das sind ungefähr 2,50€) und es gab kostenlosen Chai. Das meiste Leben spielte sich auf der Dachterasse ab, wo sich die Mitarbeiter des Hostels die meiste Zeit aufhielten und ganz tief entspannten. Alle hatten alle lieb, wir trafen auf viele interessante Leute und es kam zu vielen Gesprächen. Von dieser Dachterasse wollte man am liebsten gar nicht mehr runter, was auch dazu führte, dass am ersten Tag außer einem Kinobesuch nichts mehr drin war.


Am nächsten Tag kam (neben einigen Shoppingtouren) mein Jaipur-Höhepunkt: das Fort Amber. Schon auf der Fahrt dorthin begegneten wir Elefanten, die einfach so über die Straße liefen. Schon von unten konnte ich mich an dem Fort mit seinen Winkeln und Türmchen kaum sattsehen, das sich auf einem Hügel erhebt. Innen ließen wir uns einfach treiben- alles andere war auch unmöglich. Das Fort ist so verschachtelt und unübersichtlich, dass wir komplett die Orientierung verloren. Ich genoss das Gefühl und versuchte mir vorstellen, wie hier die Maharajas von Jaipur gelebt haben, wie die Kinder in den Ecken verstecken gespielt haben, wie die Frauen von oben das Treiben auf dem Hof beobachtet haben. In diesem Fort gar nicht so schwer vorstellbar!




 

Ansonsten verbrachten Annika und ich wie oben schon erwähnt noch viel Zeit mit Einkaufen, während drei Fünftel der Fünf Freunde gesundheitlich ausgeknockt waren und deshalb noch viel mehr Zeit als ich auf der Dachterasse verbrachten.

Annika und ich auf der Dachterasse
'Typisch indisch...'



Fünf Freunde und die Fata Morgana-Jaisalmer

Unser nächster Stopp war Jaisalmer, eine Wüstenstadt in der Wüste Thar, die sich als einzige Erhebung schon von weitem wie eine Fata Morgana aus der ansonsten flachen Landschaft erhebt. 


 Jaisalmer ist ein einziges Freilichtmuseum: wie so viele Städte in Rajasthan gibt es auch hier ein Fort, das allerdings am Anfang quasi das ganze Dorf beherbergte. Mit der Zeit wurde das Fort zu klein, weshalb sich die Leute auch außerhalb ansiedelten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Forts ist das in Jaisalmer durchaus noch bewohnt und hat dadurch seinen ganz eigenen Charme. Auch das Städtchen außenherum gehört wohl zu den schönsten Städten, die ich je gesehen hab: schmale Gässchen zwischen mehrstöckigen Häusern, von denen die meisten unglaublich kunstvoll verziert sind. Auf den ersten Blick sehen sie aus wie aus Holz, dabei sind all die feinen Verzierungen aus Sandstein.



 Von Jaisalmer aus startete auch einer der Höhepunkte unserer Tour: eine Kamelsafari durch die Wüste Thar. Leider hatten sich Fiona und Anna-Lena gesundheitlich noch nicht erholt, dass sie statt in die Wüste zum Arzt fuhren und nur Daniel, Annika und ich uns auf den Weg machten. Die Wüste Thar ist, zumindest dort wo wir sie kennengelernt haben, nicht so wie man sich eine Wüste vorstellt (also mit nur Sand), sondern mehr eine sandig-steinige Mondlandschaft, in der ab und zu mal ein Strauch wächst. 
Pappu: ist er nicht hübsch?
Jeder hatte ein Kamel, wobei aus unerfindlicher Logik Daniel das Babykamel abgekriegt hatte und ich das mit Abstand größte (unser Kamelführer bereute das wohl schon nach dem zweiten Stopp: er musste mir immer hochhelfen, weil ich alleine nicht auf den Sattel kam). Trotz allem war mir mein Kamel auf Anhieb sympathisch, es hieß nämlich Pappu. Wir ritten also gemütlich daher, ein Kamel geführt von unserem Kamelführer, eins wurde angehängt und das kleinste von einem Jungen geführt (angeblich hatte er gerade Ferien). Ab und zu machten wir einen Stopp, um die Kamele zu tränken, eine ausgedehnte Mittagspause mit Mittagessen und einen Besuch in einem der Dörfer. Schön war die Nacht, die wir in der (weit und breit einzigsten) Sanddüne verbrachten und einfach so unter freiem Himmel schliefen. Es regnete sogar ein bisschen! Wir schauten in die Sterne und dachten uns Geschichten aus, am nächsten Morgen wurden wir mit Chai geweckt. 


Auf dem Rückweg durfte ich sogar mal alleine reiten (er drückte mir die Zügel in die Hand und meinte, wenn ich nach rechts will, soll ich am rechten ziehen, wenn ich nach links will, am linken, für stopp an beiden. Allerdings war ihm wohl nicht aufgefallen, dass die Zügel irgendwie verknotet waren… zum Glück konnte das Kamel den Weg auswendig und ich musste gar nichts machen.) Ich habe die Tour sehr genossen, natürlich hat es Spaß gemacht, auf dem Kamel zu reiten (auch wenn ich am zweiten Tag doch ziemlich Schmerzen hatte) und so die Landschaft anzuschauen. Besonders gefallen hat mir jedoch die Stille: das kennt man aus Indien gar nicht. Wenn mal kein Fernseher läuft, kein Laster hupt, kein Mofa knattert, keine Kuh muht, keine Nachbar diskutieren, dann ist doch meistens noch das Gebrummel des Ventilators im Hintergrund. In der Wüste war es so leise, dass man die Kamele kauen hören konnte.


Pappu und ich: die Familienähnlichkeit ist unverkennbar


Fünf Freunde und die Suche nach der Romantik-Udaipur

Nachdem die Fünf Freunde sich nach dieser Trennung wiedergefunden hatten, ging es weiter nach Udaipur, auch bekannt als romantischste Stadt Indiens. Ihr könnt euch vorstellen, wie sehr mich das in Verzückung geraten ließ… nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich so unromantisch bin, aber ich konnte Udaipur wirklich nicht so viel abgewinnen. 
Die Altstadt ist zwar ganz angenehm, aber nichts besonderes, der Stadtpalast ein Witz im Vergleich zu denen, die wir auf unserer Reise schon gesehen hatten. Ganz hübsch ist der künstliche See, in dessen Mitte eins der besten Hotels der Welt steht. (wir wollten da ja übernachten, aber als wir kamen, waren leider keine Zimmer mehr frei). Für James-Bond-Kenner: der Film Octopussy wurde hier gedreht.



Ich musste gerade wirklich überlegen, was wir in Udaipur so gemacht haben: wir waren shoppen und saßen im Café. Dann sind wir noch mit einem Boot über den See gefahren. Das wars quasi. Wirklich schön war der Sonnenuntergang, den wir von einem Rooftop aus beobachtet haben. 



Ach ja, mein persönliches Udaipur-Highlight war wohl, als ich mit Daniel abends noch auf dem Dach saß und plötzlich hörte man ein Klimpern und Scheppern: unten ritt einfach mal ein Elefant vorbei, mitten auf der Hauptverkehrsstraße! Er wich gekonnt hupenden Bussen und Autos aus, während die Motorradfahrer um ihn herumkurvten. That's India! 

Vor lauter Romantik konnte ich gar nicht anders und musste meiner geliebten Annika einen Antrag machen. Wir sind jetzt verlobt, haben uns aber noch nicht geeinigt, wer Mann und wer Frau ist, genauso wie wir uns immer noch nicht einig sind, wer jetzt die bessere Hälfte ist...

Romantischstes Daily Gruppenfoto ever...


Richtig indisch wird es auch im letzten Teil der Jubiläumsfolge: endlich schaffen es auch die Fünf Freunde richtig nach Indien und sehen das Taj Mahal, den Ganges, haben eine kleine Verspätung im Zug und trinken Darjeeling in Darjeeling. Aber dazu in der nächsten Folge!

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