Sonntag, 24. August 2014

Eine kleine Geschichte von fast allem


Hier nun endlich mal ein ausführlicher Beitrag über alles Mögliche. Nicht, dass ich nicht genug Zeit gehabt hätte, ihn zu schreiben- Zeit hab ich hier zu Genüge. Allerdings sind wir erst am Donnerstag in die uns zugedachte Wohnung gezogen. Aber von vorne.
Letzten Mittwoch, also am 13. August, kamen Annika und ich endlich in unserem Projekt an. Zu unserer positiven Überraschung wurden wir sogar im Auto abgeholt-Bus fahren mit unserem schweren und umfangreichen Gepäck ist, wie wir ja schon erfahren durften, eine ziemliche Strapaze.

Unser Projekt ist ein Kinderhaus im kleinen Dorf Vayalur. Im Haus wohnen ungefähr 50 Kinder zwischen zehn und 17. Nur zehn Kinder sind Waisen, die anderen haben eine Familie, die allerdings sehr arm ist. Das Haus wurde aufgebaut von unserem Chef und Gastvater, der ein christlicher Priester ist (eine der Mitarbeiterinnen meinte mal, dass sie katholisch wären, aber der Gastvater hat drei Kinder…wahrscheinlich hab ich da mal wieder was falsch verstanden). Die Kinder werden auch sehr christlich erzogen, beten mehrmals am Tag und er kommt auch manchmal vorbei und spricht ein Gebet (aus welchen Anlässen genau hab ich noch nicht ganz durchschaut). Zudem durften wir am Sonntag schon dem dreistündigen Gottesdienst beiwohnen, natürlich auf Tamil. Im Projekt spricht nur unsere eine Gastschwester mehr oder weniger fließend Englisch, manche Mitarbeiter können noch ein bisschen was (Gespräche über Essen sind meistens möglich), andere können wirklich nichts bis auf hello und thanks. Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, wie gut der Gastvater wirklich Englisch spricht: Er redet zwar immer eifrig, gestenreich und lange, aber ich verstehe wenn es gut läuft die Hälfte von dem, was er sagt und hege die starke Vermutung, dass er einfach die Wörter, die er nicht weiß, auf Tamil benutzt. Die Verständigung ist also wirklich eins der größeren Probleme, mit denen wir konfrontiert sind.

Ein anderes Problem ist, dass wir wirklich nicht so viel zu tun haben. Der Tagesablauf der Kinder ist streng durchgeplant: Sie stehen um fünf auf, machen Morgengymnastik, dann geht’s ans waschen, putzen und andere Hausarbeiten. Um 8.30 brechen die ersten auf in die Schule. Morgens sollen wir eigentlich den Kindern beim Fertigmachen helfen (Haare kämmen und so weiter), aber eigentlich können das alle selbst. So sitzen wir also den meisten morgen rum, trinken zuckersüßen Kaffee und hoffen, dass eins der Kinder seine Englischsachen auspackt und wir helfen können.

Zwischen halb fünf und fünf kommen die Kinder von der Schule zurück. Dann beginnt wieder das allgemeine Gewusel und nachdem sie sich umgezogen und gewaschen haben, fangen sie an zu lernen. Hier können wir uns zumindest manchmal einbringen und bei Aussprache-Fragen weiterhelfen oder mit den Kindern lesen üben. Darüber hinaus können wir auch hier nicht so viel helfen: Erklärungen auf Englisch verstehen die wenigsten und unser Tamil beschränkt sich noch auf Hallo und Danke. Die meisten der Kinder verstehen auch nicht, was in ihrem Englischbuch steht. Die Texte sind teilweise richtig anspruchsvoll und die meisten der Schüler sind damit komplett überfordert. Die meisten können zwar ein paar Grundfloskeln, aber darüber hinaus kann man mit nur sehr wenigen kommunizieren.

Bei dem strengen Tagesablauf bleibt nicht viel Zeit für Spiele mit den Kindern. Bei unseren Aufgaben stand auch, dass wir Englisch-Unterricht geben sollen, aber das wollen wir den Kindern auch nicht zumuten, nachdem sie zuerst den ganzen Morgen in der Schule saßen und den Nachmittag mit lernen und Hausaufgaben verbringen. Somit sitzen wir viel herum, aber es hat sich auch schon ein bisschen gebessert. Dadurch, dass wir die ersten Freiwilligen im Projekt sind, müssen auch die Mitarbeiter sich erst an die neue Situation gewöhnen. Eigentlich bin ich recht optimistisch, dass sich unsere Situation in ein paar Wochen verbessert.

Zu unserer Wohnsituation: die erste Woche verbrachten wir noch komplett im Projekt. Das war von dem her doof, weil wir unser Gepäck nicht auspacken konnten und auch kein eigenes Zimmer hatten. Die ersten zwei Tage schliefen wir im Zimmer unseres Gastvaters/Chefs, doch dann wurden wir ausquartiert und schliefen draußen mit den Mitarbeiterinnen auf dem Boden. Seit Donnerstag sind wir jetzt in der Wohnung. Das Problem ist, dass unsere Gastfamilie ja eigentlich im Projekt wohnt. In dieser Wohnung wohnt anscheinend normalerweise die Mutter, die allerdings zurzeit bei Verwandten ist und erst in ein paar Wochen wiederkommt. Die Wohnung besteht aus zwei kleinen Zimmern, einer Küche und einem Bad. Sie ist ungefähr zwei Kilometer vom Projekt entfernt, weshalb wir immer abgeholt und hingebracht werden. Derzeit wohnt unser Gastbruder, der eigentlich in einem anderen Bundesstaat studiert, auch noch mit uns in der Wohnung. Außerdem sind meistens eins der älteren Mädchen und unsere Gastcousine bei uns. Wir sind froh, dass wir endlich unser Gepäck auspacken konnten und nun auch ansatzweise sowas wie Privatsphäre habe, aber das aktuelle Arrangement ist auch nicht ganz optimal, da wir immer spazieren gefahren werden müssen und es vor allem an freien Tagen auch ein Problem ist mit dem Essen (wir somit entweder auch an unseren freien Tagen zum Essen ins Projekt fahren müssen oder das Essen wird uns gebracht, was auch komisch ist). Aber wir sind jetzt ja erst ein paar Tage hier, das spielt sich bestimmt auch noch ein.

Insgesamt geht es mir inzwischen schon viel besser als am Anfang und ich bin mir sicher, dass sich die Situation auch weiter verbessern wird und wir dem ganzen einfach nur etwas Zeit geben müssen. Die Leute sind auf jeden Fall sehr nett, kümmern sich und sind besorgt um uns. Auch die Kinder freuen sich, dass wir da sind und ein bisschen Abwechslung in ihren Alltag bringen. Wir werden ständig stolz vorgestellt und das Essen schmeckt mir auch (bis jetzt hab ich auch alles gut vertragen! J).
So, das war jetzt ganz schön lang. Wer mit dem Lesen bis hier gekommen ist: schön, dass du dich so sehr für mich interessierst ;)
Und: sobald ich das naechste Mal ins Internet-Cafe komme, kommen auch ganz viele schoene Fotos! :)


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