Geburtstaghaben ist hier immer so eine Sache.
Bei den Kindern fällt der Geburtstag mehr oder weniger unter den Tisch, die
Mädchen ziehen sich schön an und beim Abendgebet wird ein Geburtstagslied
gesungen, sonst ist aber nichts. Annika hatte zufällig am ersten Samstag im
Monat Geburtstag, an dem immer ein großer Gottesdienst im Projekt ist. Dieser
wurde kurzerhand zu ihrem Geburtstagsgottesdienst erklärt und wir wurden beide
in superschicke und teure Saris gesteckt, bekamen beide einen Sari geschenkt
und mussten beide auf die Bühne. Da hab ich mich schon gefühlt, als hätte ich
auch Geburtstag und weil Annika und ich hier mehr oder weniger als eine Person
angesehen werden, war das vielleicht abgehakt: Geburtstag der Freiwilligen
gefeiert: check. Ich habe eh nicht so gerne Geburtstag (beziehungsweise stehe
nicht gerne deshalb im Mittelpunkt) und hatte von Anfang an keine Lust auf so
ein großes Brimborium. Am Wochenende vorher waren wir weg und kamen am
Sonntagabend zurück und zufällig fiel das Thema auf Geburtstag. Der Gastvater
meinte dann: Hey Sofia, du hast doch im März Geburtstag, wann nochmal? Als ich
ihm dann lächelnd mitteilte, dass ich morgen Geburtstag hätte, war er ein
bisschen peinlich berührt. Wir fuhren dann heim und ich war schon auf dem Weg
ins Bett, als er mit einem Kuchen vor der Tür stand. An Annikas Geburtstag war
er um elf (als wir, beide richtig müde, gerade beschlossen hatten, schlafen zu
gehen) und hatte darauf bestanden, bis um zwölf zu warten. So hatte ich ein
bisschen Angst, dass das wieder so sein würde- schließlich müssen wir unter der
Woche morgens um sechs raus. War aber nicht, er lieferte nur den Kuchen ab und
verzog sich dann bald wieder. Morgens kamen wir ins Projekt und als Shanti mir
gratulierte, sprach es sich langsam herum. Ich wurde ständig gefragt, ob ich
heute Geburtstag hätte und sagte manchmal ja und manchmal nein und freute mich
über die verwirrten Gesichter. Als wir die Kinder über die Straße gebracht
hatten, gingen wir heim und ich packte die Geschenke aus, die meine Familie
dagelassen hatte und das von Annika, dann fuhren wir- Überraschung- nach
Mahabs. Dort trafen wir uns mit einer Ex-Freiwilligen, sprangen ins Meer, aßen
westliches Essen und ich bekam noch einen Muffin geschenkt. Danach gingen wir
nochmal am Strand spazieren und fuhren dann wieder zurück. Hier ist es üblich,
dass man an seinem Geburtstag eine kleine Süßigkeit oder so verschenkt und alle
waren schon ganz neugierig, was es denn sein würde. Ich hatte den Kuchen
mitgebracht (indische Kuchen sind irgendwie nicht so mein Fall), den ich dann
in sechzig Stücke teilte (kauen war dann auch überflüssig) und außerdem ein
paar Tafeln Milka (die so zerschmolzen war, dass man sie den Kindern regelrecht
auf die Hand schmieren musste). Das wurde dann verteilt, nachdem die Mädels mir
ein Geburtstagslied gesungen hatten ('Haaaappy Biiiiirthday Sofiakkasister').
Ja, dann arbeiteten wir ganz normal und das wars dann auch. Langweilig wurde
mir zumindest nicht!
... das liegt nicht unbedingt an der Tatsache, dass wir besonders mutige Menschen sind, sondern vor allem an den strikten Gepäckregulierungen: 1 Jahr Ausland = 20 Kilo Gepäck = 20 Kilo - ca. 4 Kilo Koffergewicht = 16 Kilo für ein Jahr an Kleidung, Schuhen, Fotos, Büchern, Zahnbürsten... merkt ihr, wo das Problem liegt?
Donnerstag, 26. März 2015
Ich bin dann mal weg
Heute gehts los: vier Wochen Nordindien! Ich bin ein bisschen im Stress, deshalb nur kurz: macht euch keine Sorgen, falls ihr jetzt vier Wochen nichts von mir hoert :)
PS: ein Eintrag ueber Holi und Hampi ist schon laengst fertig geschrieben und soll mit ganz vielen Fotos unterlegt werden-das hat bis jetzt leider noch nicht geklappt.
PS: ein Eintrag ueber Holi und Hampi ist schon laengst fertig geschrieben und soll mit ganz vielen Fotos unterlegt werden-das hat bis jetzt leider noch nicht geklappt.
Donnerstag, 19. März 2015
Die Woche allein oder: Mein Alltag, Teil zwei
Damit ihr nicht denkt, wir wären die ganze Zeit nur verreist
(ok, wir sind in letzter Zeit schon ziemlich oft verreist), kommt hier mal der
schon vor Monaten versprochene zweite Teil des Berichts über meinen Alltag.
Falls ihr euch erinnert: Hier ging es
um meinen Alltag im Projekt. Dort sind wir ja nur morgens und abends, sprich
wir haben viel Zeit, die wir nicht im Projekt verbringen. Nach dem Besuch
meiner Familie und unserem Camp kam Annikas Bruder zu Besuch. Annika holte ihn
in Bangalore ab, während ich wieder nach Hause fuhr, weil ich keine freien Tage
mehr hatte. Während die beiden ungefähr das gleiche gemacht haben wie ich mit
meiner Familie, war ich eine Woche allein daheim und anhand dieser Woche will
ich euch nun mal meinen Alltags außerhalb der Arbeit ein bisschen näher
bringen.
Montag: Ich war ja
gerade von einer größeren Reise wiedergekommen, also stand erst mal waschen und
putzen auf dem Plan. Waschen geht hier so: morgens legt man die Kleider, die
man waschen will in einen Eimer, dazu gibt man ein bisschen Waschpulver. Man
lässt die Klamotten ein paar Stunden einweichen und wäscht sie dann wieder aus:
man füllt ein bisschen Wasser in einen anderen Eimer und knetet dann jedes
einzelne Kleidungsstück im sauberen Wasser durch, das wiederholt man dann
nochmal. Wie sauber die Kleidung danach wirklich ist, will ich gar nicht so
genau wissen. Eine Waschmaschine besitzt hier kaum jemand. Waschen gehört hier
zum daily life, ich wasche fast jeden Tag, weil ich erstens nicht so viele
Outfits habe und es zweitens bei mehr Klamotten eben noch ätzender wird. Einmal
in der Woche wischen wir auch unsere Wohnung mit dem Mob, wenn man das zu zweit
macht, dauert es eine knappe Stunde, alleine ein bisschen länger.
Der Gastvater war am Samstag wegen verschiedener Leiden ins
Krankenhaus gekommen und unsere Gastschwester hatte mich morgens gefragt, ob
ich mitkommen will, um ihn zu besuchen. Sie meinte, dass sie mir nochmal
Bescheid geben würde, aber so gegen 15.30 aufbrechen würden, wenn sie aus der
Schule kommt (sie ist Lehrerin). Ich war also fast fertig mit putzen und
überlegte mir gerade, was ich jetzt schönes machen könnte, um mich zu belohnen,
als unser Fahrer vor der Tür stand. Ich verbot ihm dann zuerst mal,
reinzukommen, weil er meistens barfuß rumläuft und ich ja gerade frisch geputzt
hatte und das noch nass war… er war dann ein bisschen beleidigt und teilte mir
mit, dass wir jetzt schon gehen würden. Na super! Ich machte schnell den Rest
noch fertig und hatte nicht mal mehr Zeit zu essen. (Nix wars mit Belohnung)
Dann fuhren wir zum Krankenhaus: erst mit einem Sammeltaxi, dann mit dem Bus
und dann noch mit der Rikscha. Das Krankenhaus liegt echt am Ende der Welt und
sieht von außen aus wie ein UFO. Den restlichen Tag verbrachte ich mit Shanti,
dem Gastonkel und seiner Frau und seiner kleinen Tochter, unserer Gastschwester
Arlene, dem Fahrer, drei Mädchen und natürlich dem Gastvater im Krankenzimmer.
Eine Krankenschwester oder gar ein Arzt kam die ganze Zeit nicht rein. Ich las
die meiste Zeit und war froh, als wir gingen- um neun Uhr abends…
Dienstag: Wie ihr
vielleicht schon mitgekriegt habt, haben wir kein Internet im Haus. Es gibt
durchaus die Möglichkeit, sich einen Internetstick zu kaufen und ich habe ja
auch meinen Laptop dabei, aber Annika und ich haben uns bewusst dagegen
entschlossen, um unseren Internetkonsum besser regulieren zu können, für
Notfälle hat Annika auch ein Smartphone. Anfangs waren wir dann immer im
Internetcafe, was aber nicht sonderlich schön ist und es ist einfach
angenehmer, am eigenen PC zu arbeiten und alles parat zu haben. Seit einiger
Zeit haben wir deshalb angefangen, ungefähr einmal in der Woche mit dem Laptop
nach Mahabs zu fahren. Mahabs (eigentlich heißt das Mamallapuram, früher hieß
es Mahabalipuram) ist ein Dorf zwanzig Kilometer nördlich von uns. Der ECR-Bus,
der zwischen Chennai und Pondicherry verkehrt, hält da und wir können innerhalb
von zwanzig Minuten von Busstand zu Busstand kommen. Von uns zum Busstand in
Kalpakkam braucht man circa fünf Minuten, in Mahabs muss man noch zwanzig
Minuten ins Dorf laufen. Vor langer Zeit war Mahabs mal ein sehr bedeutender
Handelsort, sogar mit den Römern wurde Handel getrieben, und es gibt ein paar
Tempel, die man sich anschauen kann. Außerdem liegt es am Meer und es gibt
einen schönen Strand. Aus diesen Gründen haben sich dort eine Menge Shops,
Cafes und Guest Houses angesiedelt und es gibt viele Touristen. Für uns ist das
ganz angenehm: ab und zu hat man Lust auf europäisches Essen, Kaffee und
darauf, mal nicht wegen seiner Hautfarbe als etwas Besonderes gesehen zu
werden. Weil wir schon so oft in Mahabs waren, kennt uns dort fast jeder und
wenn wir die Straße entlang laufen, werden wir von allen begrüßt. Wir haben
unser Stammcafe, wo die Kellner schon wissen, was wir bestellen und uns, wenn
wir mal mehr als eine Woche nicht kommen, fragen, wo wir denn waren. Ich
eröffne dann immer mein Office und bleibe eben von elf bis drei da sitzen,
beantworte Mails, trinke Kaffee (letztens ist die Kaffeemaschine kaputt
gegangen!! Ein richtiges Drama! Das Ersatzteil ist schwierig zu organisieren
und wir wissen nicht, wann sie wieder funktioniert) und Fruchtsaft und esse
Cheese Tomato Omlette. Ja, das war pretty much mein Dienstag.
Mittwoch: Am
Mittwoch war ich faul. Nach zwei Wochen reisen war ich auch einfach total
erschöpft und die beiden Tage davor hatte ich auch keine Zeit, mich mal zu
entspannen. Also verbrachte ich den Mittwoch damit, einen Kluftinger-Krimi zu
lesen, den ich im FSL-Center mitgenommen hatte. Ja, ich las, ich schlief, ich
aß und las dabei, dann um vier ging ich noch schwimmen. Manchmal gehe ich
nämlich spazieren, durch die Reisfelder, und bei einem meiner Spaziergänge habe
ich vor ein paar Wochen ein Schwimmbad entdeckt. Es ist nicht besonders groß
und ich teile mir das Becken meistens mit ein paar Fröschen und Wasserspinnen,
aber für meine Zwecke ist es ok. Ich habe mir dann extra aus Deutschland einen
Badeanzug mitbringen lassen und Shorts und versuche nun, zweimal in der Woche
eine halbe Stunde schwimmen zu gehen. Dafür fahre ich zuerst ein kleines Stück
mit dem shared auto (das könnte man eigentlich auch laufen, aber es ist nicht
so cool, an der East Coast Road entlang zu laufen, weil da immer die Laster und
Busse fahren) und laufe dann noch zehn Minuten über eine kleine Straße von der
ECR weg. Das Schwimmbad wird von einem Opi betrieben und ich zahle 50 Rupies
dafür, dass ich eine halbe Stunde schwimmen gehe (Der Kurs ist glaube ich
gerade bei 1:67). Meistens bin ich alleine (zum Glück, das Becken ist nämlich
echt nicht so groß). Über meinem Badeanzug habe ich eben solche Männershorts
und ein T-Shirt. Mein Schwimmstil würde wahrscheinlich jedem, der ein bisschen
was davon versteht, nur ein müdes Lächeln abringen (ich komme mir meistens eher
vor wie ein Hund, der so vorwärts paddelt), aber mir tut es gut, mich zu
bewegen. Ich hatte auch mal gedacht, dass ich hier joggen gehen könnte, aber
dazu ist es einfach zu heiß (morgens und abends würde es gehen, aber da
arbeiten wir ja) und außerdem macht das hier keiner und ich würde mir ganz schön
komisch vorkommen. Schwimmen als Sport tut zwar auch keiner, aber da sieht mich
dann auch niemand, von dem her ist das ok. Ich bin jetzt ja wirklich keine
Sportskanone, aber nachdem ich mich ein paar Monate lang wirklich kein bisschen
bewegt habe, habe sogar ich gemerkt, dass ich jetzt mal was machen muss und
genieße das Schwimmen wirklich. Im Projekt habe ich noch nicht erzählt, dass
ich manchmal schwimmen gehe. Ich bin mir sicher, dass sie das nicht so cool
fänden. Die meisten Inder können noch nicht mal schwimmen und dieses
Sport-als-Ausgleich-Konzept ist hier noch nicht angekommen. Bei uns auf dem
Dorf macht eigentlich keiner gezielt Sport, vor allem Frauen nicht, Jungs und
Männer sieht man manchmal Kricket oder Volleyball spielen.
Donnerstag: Nach der
Arbeit fuhr ich in die Stadt, um im Internetcafe ein paar Sachen auszudrucken
und ein paar Sachen einzukaufen. Ich wollte eigentlich auch noch zum
Ayurveda-Arzt, weil ich hier leider wieder richtig unreine Haut bekommen habe
und ich nun beschloss, da mal was dagegen zu unternehmen. Die Ärztin war leider
nicht da, genau wie der Taschen-Schneider, weil mein kleiner Tagesrucksack, den
ich in Goa gekauft habe, mal wieder kaputt war. Mit dem blöden Ding war ich
schon dreimal beim Schneider, der mir jetzt immer zuwinkt, wenn ich vorbei
komme. Kalpakkam ist eine Kleinstadt (ich hab keine Ahnung, wie viele Einwohner
es hat). Ursprünglich waren das zwei kleine Dörfer, die zusammengewachsen sind,
als das Atomkraftwerk gegründet wurde. Ja, wenn man am Meer entlang aus der
Stadt rausfährt, dann kommt da das Atomkraftwerk. In Kalpakkam kann man das
meiste einkaufen, es gibt verschiedene Kleidungsgeschäfte, Ärzte etc- wir sind
also gut versorgt. Kalpakkam liegt knapp fünf Minuten mit dem shared auto von
uns entfernt (falls gleich eins kommt). Ein shared auto ist übrigens eine große
Rikscha. Die shared autos haben feste Strecken, die sie immer abfahren. Man
steht dann an der Straße und winkt es heran und an der passenden Stelle sagt
man Bescheid und wird dann rausgelassen. Gemütlich passen hinten sechs Leute
rein und vorne noch zum Fahrer einer dazu, unser Rekord waren bis jetzt 16
Leute in einem shared auto (das ist dann nicht mehr so gemütlich). Eine
Autofahrt nach Kalpakkam oder zum Projekt kostet 5 oder 7 Rupien. Eine Busfahrt
nach Mahabs kostet 11 Rupien.
So sieht eine Rikscha aus :) |
Den restlichen Donnerstag wuselte ich so herum,
pedikürte mir die Füße, übte Gitarre, schaute eine Folge Dr. House und schrieb
Tagebuch. Außerdem hatte ich eine Wassermelone gekauft, die zurzeit überall an
der Straße verkauft werden. Ich hatte mir eine kleine ausgesucht und 10 Rupien
dafür bezahlt und aß den ganzen Tag daran. Anscheinend sind Wassermelonen ein
Anzeichen dafür, dass der Sommer kommt: nach der Regenzeit und dem 'Frühling',
mit recht angenehmen Temperaturen und immer einem frischen Lüftchen, kommt
jetzt langsam der Sommer. Ich weiß nicht, wie warm es ist, aber es ist schon
recht heiß und ich schwitze quasi ständig. Das soll allerdings noch nichts sein
und noch viiiiel heißer werden im April und im Mai- ich bin gespannt, wie wir
das verkraften.
Freitag:
Ich ging morgens wieder schwimmen und danach nochmal in die Stadt: diesmal
tatsächlich zum Ayurveda-Arzt. Die Frau stellte mir ein paar Fragen und
verschrieb mir eine Menge Zeug. Bis jetzt haben meine Tabletten, der Saft, die
Paste und die tägliche Gesichtsmaske allerdings noch keinen Erfolg gezeigt.
Danach hab ich noch meinen Rucksack flicken lassen und dann bin ich wieder nach
Mahabs gefahren. Ich verbrachte wieder die meiste Zeit im Cafe und schrieb diesmal
Tagebuch. Die Kellner lachen mich schon aus, weil ich immer so busy bin, selbst
wenn ich im Cafe sitze. Danach klärte ich noch, dass Lou und ich am nächsten
Tag in dem günstigen Hotelzimmer übernachten können, wo wir in der Woche vorher
auch waren. Meine Mama hatte an dem Tag Geburtstag und ich telefonierte noch
eine Weile mit ihr, was der eine Kellner mitbekam und gleich mal Grüße
ausrichtete, weil ich natürlich meine Familie auch in das Cafe geschleppt
hatte. An meinem Geburtstag habe ich auch mit meinen Eltern geskypt und die
Kellner sind immer mal wieder im Hintergrund vorbeigesprungen, um hallo zu
sagen. Ansonsten war es unspektakulär, aber schön.
Mittwoch, 11. März 2015
Abenteuer Indien
Hier wie schon angekündigt, exklusiv und ungekürzt: Ein Eindrucksbericht meiner Eltern!
Dank unserer hervorragenden Reiseleiterin Sofia haben wir
die Indienreise nicht nur unbeschadet überstanden, sondern auch genossen.
Gleich auf dem kurzen Weg vom Flughafen zum Hotel wurden wir in die
Gepflogenheiten der Toilettenbenutzung eingeführt, es gibt nämlich in Indien
kein Klopapier, sondern Wasser und die linke Hand. Dementsprechend isst man mit
der rechten Hand (ohne Besteck) und man sollte es tunlichst vermeiden, die
Hände zu verwechseln. Genauso sollte man es auch vermeiden mit der linken Hand
zu bezahlen oder sonstiges. Das alles lernten wir in den ersten 10 Minuten,
nachdem wir Sofia wieder in die Arme schließen konnten, ein schönes Wiedersehen
mit unserer indischen Tochter.
Für uns war die Reise wie ein Sprung ins kalte Wasser, es
war ein Eintauchen in eine faszinierende Welt, die so anders ist als unsere.
Indien ist laut, in den 12 Tagen gab es keinen Moment, in dem man nichts gehört
hätte, in den Städten tobt Tag und Nacht der Verkehr mit viel Hupen, aber auch
auf dem Land hört man Hunde, Stimmen, Mopeds und wenn es wirklich mal ruhig
wäre, rauscht der Deckenventilator. Als wir wieder zu Hause waren, wurde uns
das so richtig bewusst, als plötzlich totale Stille herrschte und, wir müssen
es gestehen, uns der Geräuschpegel richtig fehlte. Indien ist dreckig, Frank
sagte immer, Indien ist eine einzige Müllkippe. Wenn man etwas entsorgen will,
muss man es schon eine Weile mit sich tragen, bis man einen Mülleimer findet.
Indien ist chaotisch, der Verkehr ist für unsere Begriffe ein einziges ungeregeltes
Chaos, jeder fährt und hupt und trotzdem kommen alle vorwärts. Eine Straße zu
überqueren ist schon für sich ein Abenteuer. Und trotz allem ist dieses Land
nicht abstoßend, sondern absolut beeindruckend und faszinierend. Es ist schön
den Menschen in die Gesichter zu gucken, viele haben große Augen, die uns
genauso neugierig mustern, wie wir sie. Wir sind als Familie mit halbwüchsigen
Kindern sehr aufgefallen und sind oft gefragt worden, ob wir eine Familie sind
und ob Sofia und Charlotte Zwillinge sind. Überhaupt kennen die Inder keine
Zurückhaltung, sie fassen einen auch gerne mal an, lassen sich für ihr Leben
gerne fotografieren und freuen sich, wenn man ihnen das Foto zeigt. Was uns
auch gut gefallen hat, war die Farbenvielfalt, die sich vor allem in der
Kleidung der Frauen widerspiegelt. (Während sich viele Männer, statt eine Hose
zu tragen, nur ein Tuch umbinden, das uns an Geschirrtücher erinnert.) Die
erwachsenen Frauen tragen alle Saris in vielen bunten Farben und in dem
Bundesstaat Tamil Nadu, in dem Sofia lebt, haben viele Frauen einen Blumenkranz
in den Haaren, den man überall an der Straße kaufen kann. Auch die Vielfalt der
Religionen hat uns beeindruckt, oft stehen Moschee, Kirche und Tempel auf
engstem Raum nebeneinander und jeder lässt dem anderen seine Religion. In den
Hindutempeln herrscht immer fröhliches Treiben, Andersgläubige sind gerne
gesehen, die Tempel werden vielseitig genutzt als Begegnungsstätte, man kann
sich auch in die Ecke legen und ein Nickerchen machen (die Inder können sowieso
immer und überall schlafen), es gibt Essensstände, falls einen der Hunger plagt
und natürlich ist es auch ein heiliger Ort, an dem sehr intensiv gebetet wird
oder irgendwelche Zeremonien stattfinden. Es gibt immer einen inneren Bereich,
in den man als Nicht-Hindu nicht herein darf, aber ansonsten kann man sich frei
bewegen und die Stimmung ist sehr schön.
Ich bin Sofia sehr dankbar, dass wir durch sie dieses Land
kennenlernen konnten und es war schön zu erleben, wie souverän sie sich dort
bewegt und mit den Menschen umgeht. Man hat bei ihr das Gefühl, sie ist dort
angekommen (auch wenn es sicher manches gibt, was sie nervt). Für uns war sie
auf jeden Fall eine tolle Reiseleiterin, so dass wir uns immer wohl und sicher
gefühlt haben, danke! Das ist ein Beitrag von Sofias
Mutter.
Jetzt kommt Sofias Vater
Mich hat Indien so mitgenommen und beeindruckt, dass ich
nach einer Woche Deutschland nachts nicht mehr regelmäßig von Indien träume
oder aufwache und mir überlege, in welcher indischen Stadt wir uns gerade
befinden. Mich lassen auch die Gerüche und Geräusche nicht los so dass ich
manchmal in unsere Küche gehe und an den Gewürzen, die wir mitgebracht haben,
rieche. Es erinnert mich dann ans Einkaufen, die Menschen, das Essen…. . Heute
habe ich längere Zeit mit einem meiner Neffen geredet, der letztes Jahr in
Brasilien war und oft kam heraus, anderes Land, andere Sprache, gleiche
Erlebnisse.
Mich hat sehr interessiert, wie die Menschen arbeiten und so
will ich einige eindrückliche Dinge beschreiben. Ich habe während der ganzen
Reise nur einen einzigen Baukran gesehen. Das war auf einer Großbaustelle in
Chennai. Ansonsten wurde auf jeder Baustelle alles ohne Maschinen bewegt. Ich
sah oft Frauen mit einer Plastiktüte als Kopftuch. Sie hatten flache Blechschüsseln
auf dem Kopf mit der sie Sand, Mörtel oder Beton umeinander getragen haben. Manche
barfuß, die meisten mit Sicherheitsschuhen, das heißt Badelatschen.
Ich sah eine Ziegelei in der die ganzen Ziegelsteine von
Hand gestapelt wurden.
Wir waren auf einem Großmarkt für Reis. Da wurden LKWs mit
75 kg Säcken Reis beladen. Die Arbeiter benutzten Haken und trugen die Säcke
auf ihrem Rücken über eine Behelfstreppe aus vollen Säcken auf zum Teil
abenteuerlich aussehende Lastwagen, ungefähr 18 Tonnen pro Fuhre. Aufladen und
auch wieder abladen. In den Ruhepausen benutzten sie dann ihre Handies und
gaben uns ihre E-Mail Adressen und baten um die Zusendung der Bilder, die wir
von ihnen gemacht haben.
Ich habe Indien als sehr friedliches Land empfunden, Angst
hatte ich nur beim Überqueren der Straßen, das aber nicht nur einmal. Ansonsten
gab es keine Situation in der wir um unser Gepäck gefürchtet oder uns bedroht
gefühlt haben. Wobei wir auch sehr vorsichtig waren.
Ich konnte mich stundenlang in den Marktvierteln umschauen
und das Obst- und Gemüseangebot anschauen. Die Händler saßen meist auf dem
Boden und hatten eine Balkenwaage mit zwei Gewichten: 0,5 kg und 1 kg. So haben
sie dann ihre Waren in gewogen. Keiner hatte irgendein Preisschild und man
musste immer feilschen. Wir haben dann Sofia vorgeschickt, sie kann das sehr
gut. Als sie nicht mehr dabei war konnten wir dann es selbst probieren, aber
uns ist es lange nicht so gut gelungen. Durch die Schar der Kunden und anderen
Fußgänger schlängelten sich dann Motorräder, Motorrikschas und diverse Kühe. Es
war überall Trubel und es ist glaube ich unmöglich in Indien keine Menschen um
sich zu haben.
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