Freitag, 9. Januar 2015

Weihnachts-Kontrast-Programm


Nach vielen, vielen Stunden Gottesdienst reichte es uns ein bisschen von Weihnachten hier und weil außerdem die meisten Kinder nach Hause fuhren, entschlossen wir uns, auch ein paar Tage wegzufahren. Unsere Reise sollte nach Trichy gehen, eine Stadt, die im Süden Tamil Nadus liegt. Am Samstag standen wir also morgens um acht im Bus und schon nach fünf Minuten beklagte ich mich bei Annika, dass der Fahrstil des Fahrers mir gar nicht bekommen würde. Ich schob es erst darauf, dass ich noch nichts gefrühstückt hatte und kaufte mir am Rastplatz ein paar frittierte Teilchen. Das machte die ganze Sache nicht besser und was folgte, war eine äußerst unangenehme Busfahrt, während der ich mehrmals hektisch das Fenster hochschob, weil ich kurz davor war, mich zu übergeben. Schade eigentlich: die Fahrt wäre wirklich interessant gewesen, unter anderem kamen wir an riesigen Baumwollfeldern vorbei. In Trichy angekommen schleppten wir uns zu einem Hotel, wo ich auf das äußerst harte Bett fiel und den restlichen Nachmittag mehr oder weniger im Delirium verbrachte. Gegen sechs wachte ich auf und stürzte ins Bad. Danach ging es mir etwas besser, dafür ging es Annika nicht mehr gut- da hatten wir uns wohl beide den Magen verdorben, auch wenn uns nicht ganz klar ist, mit was. So verbrachten wir den restlichen Samstag im Bett und schon das Überqueren der zweispurigen Straße vor dem Hotel, um Wasser zu kaufen, erschien mir wie ein gefährliches Abenteuer, nach dem ich wieder erschöpft ins Bett plumpste.
Am nächsten Tag ging es uns ein bisschen besser und wir machten uns auf, um die Sehenswürdigkeiten von Trichy zu besichtigen. Als erstes besuchten wir die Lourdes-Church, die von außen sehr imposant war, von innen sehr rosa und im typisch indischen Kitsch-Glaubens-Stil.

Schon auf der Hinfahrt konnten wir unser nächstes Ziel bewundern, das Rock Fort. Trichy ist eigentlich wirklich flach, aber mitten in der Stadt befindet sich ein großer Felsen, auf dem ein Fort und ein Tempel gebaut sind. Der Felsen ist schon sehr alt, älter als das Himalaya-Gebirge. Wir spazierten eine Weile durch die Stadt und fanden den Eingang nicht, genossen aber auch das Gebummel durch die kleinen Gässchen. Nachdem wir den Eingang gefunden und den Eintritt bezahlt hatten, begannen wir den Aufstieg der über 400 Stufen. Nach 10 Stufen begann ich daran zu zweifeln, dass das mit unserem etwas angeknacksten Gesundheitszustand eine gute Idee gewesen war. Auf dem ersten Absatz betrachteten wir äußerst interessiert und intensiv den Souvenirstand. Auf dem zweiten Absatz freuten wir uns, dass wir noch einmal unsere Eintrittskarte vorzeigen mussten. Aber ja, wir haben es geschafft. Oben angekommen, wurden wir mit einem wunderbaren Ausblick über Trichy belohnt, leider war es ein bisschen neblig. Das wir schauten uns den Tempel an, das Fort war leider geschlossen. Dann machten wir noch eine ausgiebige Pause auf dem Felsen und futterten Datteln, um unseren Zuckerhaushalt wieder ins Lot zu kriegen.
Danach fuhren wir mit dem Bus in das ein paar Kilometer außerhalb gelegene Dorf Srirangam, wo einer der größten Tempel Südindiens steht. Ja-der Tempel war wirklich sehr groß. Außerdem wurde er gerade renoviert, weshalb viele Türme eingezäunt waren und es an manchen Stellen sehr laut war. Irgendwie war mir das Ganze zu viel, zu groß und zu unübersichtlich. Wir schauten uns alles an (zumindest alles, was wir fanden) und drehten dann ein paar Runden, weil wir den Ausgang nicht mehr fanden. Trotz allem- oder gerade deshalb- war der Tempel sehr beeindruckend. Unmengen von rot gekleideten Pilgern schlenderten herum, es gab Verkaufsstände und Bewirtung.
Schon sehr erledigt liefen wir noch zu einem zweiten Tempel, der etwas kleiner und gemütlicher war und uns deshalb etwas angenehmer erschien. Danach versuchten wir noch, etwas zu essen, was bei mir nur so mäßig gut klappte und ich bekam nicht mal eine kleine Portion Nudeln runter.
Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus nach Tanjore, was zwischen dem 9. und dem 11. Jahrhundert die Hauptstadt des Chola-Reiches war, das sich über Südindien erstreckte. In Tanjore steht ein Herrscher-Palast, den man besichtigen kann. Zuerst ärgerten wir uns kurz: für Inder sollte der Eintritt zu allen Räumen 30 Rupien kosten, für Ausländer 150 Rupien. Zum Glück fiel Annika ein, dass wir ja offiziell in Indien registriert sind und damit als Inder zählen. Wir hielten dem Kassierer und allen anderen Karten-Kontrolleuren fröhlich unsere Registration unter die Nase und freuten uns richtig darüber, nur 30 Rupien zu bezahlen. Im Palast besichtigten wir erst den Thronsaal, der über und über bemalt war und mit Fresken verziert Danach kamen wir in einen seltsamen Raum, in dem allerlei Krimskrams ausgestellt war, zum Beispiel Schlüsselanhänger aus europäischen Städten. Der Sinn dieses "Museums" erschloss sich uns nicht ganz, das Highlight war eindeutig der Weg durch einen verwilderten Garten, in dem ein kleines Ziegenbaby mit seiner Mama herumtollte und die ersten Lauf- und Springversuche machte. Im Palast ist außerdem eine Kunstgalerie untergebracht, die sehr viele Bronzestatuen ausstelle. Außerdem hatte ein Angehöriger der Herrscherfamilie eine riesige Bibliothek angelegt, von der ein paar interessante Stücke ausgestellt werden. Trotz vieler Touristen herrschte im Palast eine angenehme Stimmung und wir verbrachten einige Stunden damit, uns die Pracht vorzustellen, die hier geherrscht haben muss. Gesundheitlich ganz auf der Höhe waren wir leider immer noch nicht, weshalb wir uns dann eine Rikscha gönnten, um zum zweiten Highlight der Stadt zu fahren, ein Tempel. Wir kamen gegen halb sieben an, was wirklich eine gute Zeit war, weil die Sonne langsam hinter den Tempeltürmen unterging. Im Vergleich zu den beiden großen Tempeln gestern war die Stimmung hier viel schöner und wir saßen lange Zeit einfach nur auf einem Steinplateau und beobachteten die Leute (und ließen uns fotografieren, wie immer). Auch hier waren die meisten Leute rot angezogen, was bedeutet, dass sie auf Pilgerfahrt unterwegs waren.
Am Dienstag fuhren wir zuerst zu den Ghats in Trichy. Ghats sind (laut meinem Reiseführer) 'Treppenstufen, die zu einem Fluss oder See hinabführen und an denen gewaschen wird oder Vebrennungszeremonien bzw. Kulthandlungen stattfinden'. Die berühmtesten Ghats Indiens sind wohl in Varanasi in Nordindien und die Ghats in Trichy sind wohl recht klein, aber trotzdem waren wir äußerst beeindruckt. Wir verbrachten lange Zeit damit, Frauen und Männern bei rituellen Waschungen zuzuschauen, ließen uns von einem Brahmanen (das sind die Angehörigen der höchsten Kaste, die für die Zeremonien zuständig sind) eine Pooja (so ein Hindu-Gebet) machen, zündeten eine Kerze an und ließen uns von einem Tempelelefanten segnen. Wir beobachteten, wie sich Männer den Kopf rasieren lassen, wie Frauen ihre Kinder vorwärts scheuchten und wurden betrachtet, angesprochen und eingeladen. Ich machte viele Fotos und wir genossen einfach die spirituelle Atmosphäre, die herrschte.
Danach stiegen wir wieder in den Bus. Schon die Ghats standen unter der Rubrik 'besonderer Tipp' in meinem geliebten Reiseführer, nun brachen wir auf zu weiteren Tempeln, die sich zwischen Trichy und Madurai befinden und die eben auch als 'besonderer Tipp' gekennzeichnet waren. Es waren zwei Tempel erwähnt, die sich in kleinen Dörfern befinden. Das erste Dorf kannte irgendwie keiner, weshalb wir dann erst mal zu dem zweiten Dorf fuhren. Dort fanden wir zuerst mal ein Fort vor, das-ähnlich wie das Fort in Trichy- mitten in der Landschaft auf einem Felsen liegt. Wir erwarteten eigentlich, dass da nichts los wäre, aber es waren jede Menge Inder da, die dort eine Pause mit ihrem Bus machten. Wieder spielten wir die Registration-Karte aus: Leider konnte der Kassierer kein Englisch, weshalb ein anderer Mann ihm unsere Registration übersetzen musste- so mussten wir dann statt 100 Rupien wieder nur 5 Rupien bezahlen-sowas macht mir wirklich Spaß. Der Haupttempel war letztendlich geschlossen, aber wir konnten einen kleinen Nebentempel ganz in Ruhe besichtigen, weil die Tür nur angelehnt war und wir an einem schlafenden Brahmanen vorbeischlichen. Danach befragten wir die Frauen, die am kleinen Dorf-Busstand saßen, wie wir in dieses andere Dorf und damit zu dem anderen Tempel kommen könnten. Eine wusste zum Glück Bescheid und meinte, dass die Haltestelle in noch einem anderen Dorf liegen würde und wir von dort aus die Rikscha nehmen sollten. Da wir beide ja gerade dank der Registration 190 Rupien gespart hatten, machte uns das nichts aus. Leider war an diesem Tag anscheinend ein Bus-Streik, weshalb nur sehr wenige Busse kamen, die dann auch immer aus allen Nähten platzten. Die Frauen am Busstand mussten in die gleiche Richtung wie wir, wollten aber nicht mit den vollen Bussen fahren und hielten uns dann auch immer zurück, bis endlich ein Bus kam, der ihren Ansprüchen genügte. Letztendlich erklärte uns der Rikscha-Fahrer im nächsten Dorf, dass man zu dem Tempel auch laufen könnte und so spazierten wir los, durch grüne Felder und vorbei an einsamen Häusern. Auf dem Weg trafen wir einen taubstummen Mann, der uns noch einen Schleichweg zeigte und bis zum 'Tempel' brachte. Ich sage euch, so einen seltsamen 'Tempel' habe ich echt noch nie gesehen: man lief bestimmt fünf Minuten einen geraden Weg entlang, der gesäumt war von Tonpferden. Diese waren teils angemalt und noch intakt, manche waren sogar 'angezogen' mit bunten Stoffen, aber die meisten waren geköpft, bei manchen war nur noch der Torso übrig. Nach einer Weile passierte man zwei große Statuen und dann kam man am Ende des Weges an, wo fünf Brahmanen auf dem Boden dösten, aber sofort aufsprangen, als wir kamen. Unter einem großen Baum standen ein paar Statuen und es gab einen kleinen Altar- und das wars. Richtig seltsam! Aber natürlich auch interessant und die Landschaft war wirklich schön, weshalb sich auch das gelohnt hatte. Wir schliefen dann noch eine Nacht in Trichy und machten uns am nächsten Morgen auf den Weg nach Pondicherry, um die anderen Freiwilligen zu treffen. Unser Magen hatte sich inzwischen übrigens wieder beruhigt, auch wenn wir in Trichy immer höchstens zwei Mahlzeiten am Tag eingenommen haben. Das war aber nicht so schlimm, meine größte Sorge war es gewesen, entweder kotzend ins neue Jahr zu kommen oder aber an Silvester und an Neujahr das Essen nicht genießen zu können, worauf wir uns schon so lange gefreut hatten! Diese Sorge war zum Glück unbegründet, wie es dann in Pondi weiterging, steht ja im vorherigen Post. 

PS: Ich sass gerade zwei Stunden lang im Internet-Cafe und habe darauf gewartet, dass sich die schoenen Fotos, die ich ausgesucht hatte, hochladen. Beim letzten hat es irgendwie nicht mehr funktioniert und jetzt sind alle weg und ich gehoerig genervt- diesmal gibt es leider nur den Bericht. 

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