Nach vielen, vielen Stunden Gottesdienst
reichte es uns ein bisschen von Weihnachten hier und weil außerdem die meisten
Kinder nach Hause fuhren, entschlossen wir uns, auch ein paar Tage wegzufahren.
Unsere Reise sollte nach Trichy gehen, eine Stadt, die im Süden Tamil Nadus
liegt. Am Samstag standen wir also morgens um acht im Bus und schon nach fünf
Minuten beklagte ich mich bei Annika, dass der Fahrstil des Fahrers mir gar
nicht bekommen würde. Ich schob es erst darauf, dass ich noch nichts
gefrühstückt hatte und kaufte mir am Rastplatz ein paar frittierte Teilchen.
Das machte die ganze Sache nicht besser und was folgte, war eine äußerst
unangenehme Busfahrt, während der ich mehrmals hektisch das Fenster hochschob,
weil ich kurz davor war, mich zu übergeben. Schade eigentlich: die Fahrt wäre
wirklich interessant gewesen, unter anderem kamen wir an riesigen
Baumwollfeldern vorbei. In Trichy angekommen schleppten wir uns zu einem Hotel,
wo ich auf das äußerst harte Bett fiel und den restlichen Nachmittag mehr oder
weniger im Delirium verbrachte. Gegen sechs wachte ich auf und stürzte ins Bad.
Danach ging es mir etwas besser, dafür ging es Annika nicht mehr gut- da hatten
wir uns wohl beide den Magen verdorben, auch wenn uns nicht ganz klar ist, mit
was. So verbrachten wir den restlichen Samstag im Bett und schon das Überqueren
der zweispurigen Straße vor dem Hotel, um Wasser zu kaufen, erschien mir wie
ein gefährliches Abenteuer, nach dem ich wieder erschöpft ins Bett plumpste.
Am nächsten Tag ging es uns ein bisschen
besser und wir machten uns auf, um die Sehenswürdigkeiten von Trichy zu
besichtigen. Als erstes besuchten wir die Lourdes-Church, die von außen sehr
imposant war, von innen sehr rosa und im typisch indischen Kitsch-Glaubens-Stil.
Schon auf der Hinfahrt konnten wir unser
nächstes Ziel bewundern, das Rock Fort. Trichy ist eigentlich wirklich flach,
aber mitten in der Stadt befindet sich ein großer Felsen, auf dem ein Fort und
ein Tempel gebaut sind. Der Felsen ist schon sehr alt, älter als das
Himalaya-Gebirge. Wir spazierten eine Weile durch die Stadt und fanden den
Eingang nicht, genossen aber auch das Gebummel durch die kleinen Gässchen.
Nachdem wir den Eingang gefunden und den Eintritt bezahlt hatten, begannen wir
den Aufstieg der über 400 Stufen. Nach 10 Stufen begann ich daran zu zweifeln,
dass das mit unserem etwas angeknacksten Gesundheitszustand eine gute Idee
gewesen war. Auf dem ersten Absatz betrachteten wir äußerst interessiert und
intensiv den Souvenirstand. Auf dem zweiten Absatz freuten wir uns, dass wir
noch einmal unsere Eintrittskarte vorzeigen mussten. Aber ja, wir haben es
geschafft. Oben angekommen, wurden wir mit einem wunderbaren Ausblick über
Trichy belohnt, leider war es ein bisschen neblig. Das wir schauten uns den
Tempel an, das Fort war leider geschlossen. Dann machten wir noch eine
ausgiebige Pause auf dem Felsen und futterten Datteln, um unseren
Zuckerhaushalt wieder ins Lot zu kriegen.
Danach fuhren wir mit dem Bus in das ein paar
Kilometer außerhalb gelegene Dorf Srirangam, wo einer der größten Tempel
Südindiens steht. Ja-der Tempel war wirklich sehr groß. Außerdem wurde er
gerade renoviert, weshalb viele Türme eingezäunt waren und es an manchen
Stellen sehr laut war. Irgendwie war mir das Ganze zu viel, zu groß und zu
unübersichtlich. Wir schauten uns alles an (zumindest alles, was wir fanden)
und drehten dann ein paar Runden, weil wir den Ausgang nicht mehr fanden. Trotz
allem- oder gerade deshalb- war der Tempel sehr beeindruckend. Unmengen von rot
gekleideten Pilgern schlenderten herum, es gab Verkaufsstände und Bewirtung.
Schon sehr erledigt liefen wir noch zu einem
zweiten Tempel, der etwas kleiner und gemütlicher war und uns deshalb etwas
angenehmer erschien. Danach versuchten wir noch, etwas zu essen, was bei mir
nur so mäßig gut klappte und ich bekam nicht mal eine kleine Portion Nudeln
runter.
Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus nach
Tanjore, was zwischen dem 9. und dem 11. Jahrhundert die Hauptstadt des
Chola-Reiches war, das sich über Südindien erstreckte. In Tanjore steht ein
Herrscher-Palast, den man besichtigen kann. Zuerst ärgerten wir uns kurz: für
Inder sollte der Eintritt zu allen Räumen 30 Rupien kosten, für Ausländer 150
Rupien. Zum Glück fiel Annika ein, dass wir ja offiziell in Indien registriert
sind und damit als Inder zählen. Wir hielten dem Kassierer und allen anderen
Karten-Kontrolleuren fröhlich unsere Registration unter die Nase und freuten
uns richtig darüber, nur 30 Rupien zu bezahlen. Im Palast besichtigten wir erst
den Thronsaal, der über und über bemalt war und mit Fresken verziert Danach
kamen wir in einen seltsamen Raum, in dem allerlei Krimskrams ausgestellt war,
zum Beispiel Schlüsselanhänger aus europäischen Städten. Der Sinn dieses
"Museums" erschloss sich uns nicht ganz, das Highlight war eindeutig
der Weg durch einen verwilderten Garten, in dem ein kleines Ziegenbaby mit
seiner Mama herumtollte und die ersten Lauf- und Springversuche machte. Im
Palast ist außerdem eine Kunstgalerie untergebracht, die sehr viele
Bronzestatuen ausstelle. Außerdem hatte ein Angehöriger der Herrscherfamilie
eine riesige Bibliothek angelegt, von der ein paar interessante Stücke
ausgestellt werden. Trotz vieler Touristen herrschte im Palast eine angenehme
Stimmung und wir verbrachten einige Stunden damit, uns die Pracht vorzustellen,
die hier geherrscht haben muss. Gesundheitlich ganz auf der Höhe waren wir
leider immer noch nicht, weshalb wir uns dann eine Rikscha gönnten, um zum
zweiten Highlight der Stadt zu fahren, ein Tempel. Wir kamen gegen halb sieben
an, was wirklich eine gute Zeit war, weil die Sonne langsam hinter den
Tempeltürmen unterging. Im Vergleich zu den beiden großen Tempeln gestern war
die Stimmung hier viel schöner und wir saßen lange Zeit einfach nur auf einem
Steinplateau und beobachteten die Leute (und ließen uns fotografieren, wie
immer). Auch hier waren die meisten Leute rot angezogen, was bedeutet, dass sie
auf Pilgerfahrt unterwegs waren.
Am Dienstag fuhren wir zuerst zu den Ghats in
Trichy. Ghats sind (laut meinem Reiseführer) 'Treppenstufen, die zu einem Fluss
oder See hinabführen und an denen gewaschen wird oder Vebrennungszeremonien
bzw. Kulthandlungen stattfinden'. Die berühmtesten Ghats Indiens sind wohl in
Varanasi in Nordindien und die Ghats in Trichy sind wohl recht klein, aber
trotzdem waren wir äußerst beeindruckt. Wir verbrachten lange Zeit damit,
Frauen und Männern bei rituellen Waschungen zuzuschauen, ließen uns von einem
Brahmanen (das sind die Angehörigen der höchsten Kaste, die für die Zeremonien
zuständig sind) eine Pooja (so ein Hindu-Gebet) machen, zündeten eine Kerze an
und ließen uns von einem Tempelelefanten segnen. Wir beobachteten, wie sich
Männer den Kopf rasieren lassen, wie Frauen ihre Kinder vorwärts scheuchten und
wurden betrachtet, angesprochen und eingeladen. Ich machte viele Fotos und wir
genossen einfach die spirituelle Atmosphäre, die herrschte.
Danach stiegen wir wieder in den Bus. Schon
die Ghats standen unter der Rubrik 'besonderer Tipp' in meinem geliebten
Reiseführer, nun brachen wir auf zu weiteren Tempeln, die sich zwischen Trichy
und Madurai befinden und die eben auch als 'besonderer Tipp' gekennzeichnet
waren. Es waren zwei Tempel erwähnt, die sich in kleinen Dörfern befinden. Das
erste Dorf kannte irgendwie keiner, weshalb wir dann erst mal zu dem zweiten
Dorf fuhren. Dort fanden wir zuerst mal ein Fort vor, das-ähnlich wie das Fort
in Trichy- mitten in der Landschaft auf einem Felsen liegt. Wir erwarteten
eigentlich, dass da nichts los wäre, aber es waren jede Menge Inder da, die
dort eine Pause mit ihrem Bus machten. Wieder spielten wir die
Registration-Karte aus: Leider konnte der Kassierer kein Englisch, weshalb ein
anderer Mann ihm unsere Registration übersetzen musste- so mussten wir dann
statt 100 Rupien wieder nur 5 Rupien bezahlen-sowas macht mir wirklich Spaß.
Der Haupttempel war letztendlich geschlossen, aber wir konnten einen kleinen
Nebentempel ganz in Ruhe besichtigen, weil die Tür nur angelehnt war und wir an
einem schlafenden Brahmanen vorbeischlichen. Danach befragten wir die Frauen,
die am kleinen Dorf-Busstand saßen, wie wir in dieses andere Dorf und damit zu
dem anderen Tempel kommen könnten. Eine wusste zum Glück Bescheid und meinte,
dass die Haltestelle in noch einem anderen Dorf liegen würde und wir von dort
aus die Rikscha nehmen sollten. Da wir beide ja gerade dank der Registration
190 Rupien gespart hatten, machte uns das nichts aus. Leider war an diesem Tag
anscheinend ein Bus-Streik, weshalb nur sehr wenige Busse kamen, die dann auch
immer aus allen Nähten platzten. Die Frauen am Busstand mussten in die gleiche
Richtung wie wir, wollten aber nicht mit den vollen Bussen fahren und hielten
uns dann auch immer zurück, bis endlich ein Bus kam, der ihren Ansprüchen
genügte. Letztendlich erklärte uns der Rikscha-Fahrer im nächsten Dorf, dass
man zu dem Tempel auch laufen könnte und so spazierten wir los, durch grüne
Felder und vorbei an einsamen Häusern. Auf dem Weg trafen wir einen taubstummen
Mann, der uns noch einen Schleichweg zeigte und bis zum 'Tempel' brachte. Ich
sage euch, so einen seltsamen 'Tempel' habe ich echt noch nie gesehen: man lief
bestimmt fünf Minuten einen geraden Weg entlang, der gesäumt war von
Tonpferden. Diese waren teils angemalt und noch intakt, manche waren sogar
'angezogen' mit bunten Stoffen, aber die meisten waren geköpft, bei manchen war
nur noch der Torso übrig. Nach einer Weile passierte man zwei große Statuen und
dann kam man am Ende des Weges an, wo fünf Brahmanen auf dem Boden dösten, aber
sofort aufsprangen, als wir kamen. Unter einem großen Baum standen ein paar
Statuen und es gab einen kleinen Altar- und das wars. Richtig seltsam! Aber
natürlich auch interessant und die Landschaft war wirklich schön, weshalb sich
auch das gelohnt hatte. Wir schliefen dann noch eine Nacht in Trichy und
machten uns am nächsten Morgen auf den Weg nach Pondicherry, um die anderen
Freiwilligen zu treffen. Unser Magen hatte sich inzwischen übrigens wieder
beruhigt, auch wenn wir in Trichy immer höchstens zwei Mahlzeiten am Tag eingenommen
haben. Das war aber nicht so schlimm, meine größte Sorge war es gewesen,
entweder kotzend ins neue Jahr zu kommen oder aber an Silvester und an Neujahr
das Essen nicht genießen zu können, worauf wir uns schon so lange gefreut
hatten! Diese Sorge war zum Glück unbegründet, wie es dann in Pondi weiterging,
steht ja im vorherigen Post.
PS: Ich sass gerade zwei Stunden lang im Internet-Cafe und habe darauf gewartet, dass sich die schoenen Fotos, die ich ausgesucht hatte, hochladen. Beim letzten hat es irgendwie nicht mehr funktioniert und jetzt sind alle weg und ich gehoerig genervt- diesmal gibt es leider nur den Bericht.
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