Dienstag, 4. November 2014

Mein Alltag-ein Fragebogen, Teil 1: Das Projekt


Meine liebe (Paten)Tante schrieb mir vor einiger Zeit eine Email mit einer Menge Fragen über meine Alltag, die ich hier nun als Grundlage verwende, um euch meinen Alltag ein bisschen näher zu bringen. 

  1. Wie klappt es inzwischen mit der Verständigung?

Nun ja. Also die Leute in unserem Projekt haben leider noch nicht auf wundersame Weise über Nacht Englisch gelernt und meine Fortschritte in Tamil sind auch nur mit einer Lupe auszumachen. Tamil ist einfach ziemlich schwierig und ich muss gestehen, dass ich mich auch nur sehr selten dazu aufraffen kann, mich in meiner Freizeit damit zu beschäftigen.
Trotz allem klappt es mit der Verständigung irgendwie. Es ist immer jemand in der Nähe, der zumindest ein paar Brocken Englisch kann, sei es eins von den Kindern, das dann hergeholt wird, um zu übersetzen, oder der Kioskbesitzer, der von unseren Nachbarn zu Rate gezogen wird, wenn sie uns etwas erklären wollen. Außerdem haben die Leute auch keinerlei Probleme damit, uns einfach auf Tamil zu erzählen, was sie uns sagen wollen, dass wir kein Wort verstehen, beeindruckt sie nur wenig. An manchen Tagen finde ich das lustig, an anderen Tagen nervt es mich aber auch, wenn mich jemand zutextet, der ganz genau weiß, dass ich kein Tamil verstehe.

 2. Könnt ihr den Kindern etwas beibringen?

Bis jetzt beschränkt sich unser Englischunterricht noch darauf, den Kindern dabei zu helfen, die Texte in ihrem Buch zu lesen. Die sind meiner Meinung nach leider dem Leistungsstand der Kinder kein bisschen angepasst und viel zu schwierig. Auch sehr verbreitet sind Gedichte, die die Kinder dann auswendig lernen müssen. So lesen wir also diese Texte, die die meisten Kinder nicht verstehen, wir können sie ihnen aber auch nicht erklären.
Dieser Zustand ist natürlich weder für die Kinder noch für uns befriedigend, weshalb wir jetzt angefangen haben, die Englischkenntnisse der Kinder zu testen, um sie dann in Gruppen einzuteilen. Wir planen jetzt, den Kindern in diesen Gruppen ihrem Leistungsstand angepassten Englischunterricht zu geben, das heißt für die Jüngeren, dass wir vor allem lesen und schreiben mit ihnen üben, mit den Älteren wollen wir vor allem sprechen und Konversationen üben.

  3. Wie ist der Kontakt zu den Mitarbeitern im Haus?

Außer den rund 50 Kindern gibt es im Projekt unsere 'Gastfamilie', bestehend aus unserer Gastschwester Arlene, die uns auch Tamilunterricht gibt, und unserem Gastvater/Projektleiter/Pastor. Mit unserer Gastschwester verstehen wir uns recht gut. Unser Gastvater ist, sagen wir mal, ein bisschen kompliziert. Er redet gerne und viel und man versteht leider sein Englisch nicht so gut, weshalb wir nur ungefähr die Hälfte von dem verstehen, was er so sagt.
Zudem gibt es noch Shanti, eine Frau mittleren Alters, die im Projekt wohnt und arbeitet. Sie ist für mich eine Art Ersatzmama, die sich um uns kümmert. Sie arbeitet in der Küche, weshalb wir bei der Küchenarbeit recht viel Kontakt mit ihr haben. Übrigens haben wir schon drei verschiedene Köchinnen mitbekommen, die alle nach einiger Zeit wieder verschwunden sind, seit die letzte weg ist, kocht Shanti.
Außerdem wohnt auch noch eine ältere Frau im Projekt, die von allen Amma, also Mama, genannt wird (ihren richtigen Namen weiß ich gar nicht). Sie arbeitet eigentlich nicht wirklich sondern sitzt den ganzen Tag nur auf einem Stuhl und beaufsichtigt von dort aus die Mädchen, wenn sie gerade draußen sind.
Unsere Contact person im Projekt ist Gandhimathi, die mit ihrer sechsjährigen Tochter Blessy ein Zimmer im Projekt hat. Sie ist mit dem jüngeren Bruder von unserem Gastvater verheiratet, der aber nur manchmal da ist. Sie ist unsere erste Ansprechperson, was Reisepläne, Probleme oder Fragen angeht und auch die Kontaktperson für unsere FSL-Betreuerin.
Am meisten Kontakt haben wir eigentlich mit Arlene, Shanti und Gandhimathi. Arlene spricht von allen am besten Englisch, die beiden Frauen sprechen gut genug Englisch, dass man sich mit ihnen mehr oder weniger problemlos verständigen kann.

4. Kannst du etwas mit der englischen Bibel und der Gitarre anfangen?

Wie ihr vielleicht mitbekommen habt, habe ich mir eine Gitarre gekauft. Ich übe mehr oder weniger fleißig, halte meine Fähigkeiten allerdings noch nicht für präsentierfähig. Mein Plan auf längere Zeit gesehen ist es, mit den Kindern zu singen und vielleicht eine Art Chor aufzubauen. Wie gut das klappt, ist fraglich: Die Kinder singen zwar jeden Tag beim Gebet und viele haben auch ein sehr gutes Rhythmusgefühl, allerdings haben sie keinerlei musikalische Erziehung und ich bin mir nicht ganz sicher, wie gut sie neue Lieder lernen können. Aber einen Versuch ist es auf jeden Fall wert und falls das irgendwie klappen sollte, wird es bestimmt schön und spaßig sowohl für die Kinder als auch für mich.
Meine Oma hat mir schon vor längerer Zeit eine englische Bibel geschickt. Die Kinder haben morgens und abends ein Gebet, das so knapp eine halbe Stunde dauert. Morgens lesen sie immer eine Weile in der Bibel und abends muss jedes Kind einen auswendiggelernten Bibelvers aufsagen. Nun kam jemand auf die Idee, wir sollten doch den Kindern die Bibelverse auf Englisch beibringen, wofür natürlich eine englische Bibel nötig wäre. Umgesetzt haben wir diese Idee jedoch nie und ich bin ehrlich gesagt auch ganz froh darüber, da die Kinder wirklich schon genug lernen müssen und wir ihnen die Sache nicht noch unnötig schwerer machen wollen. Außerdem bringt es ihnen auch nichts, die Verse auf Englisch auswendig zu lernen, da sie nichts verstehen werden.

 Unsere Arbeit und unser Tagesablauf haben sich eigentlich seit dem letzten Post zu diesem Thema nicht veraendert. Falls ihr noch weiter Fragen habt, was mein Projekt oder andere Teile meines Alltags angeht, scheut euch nicht, mir zu schreiben! 

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