Kapitel 1: Die Nachbarn
Wir wohnen in einer Art Mehrfamilienhaus mit
drei Wohnungen. Die Nachbarn sieht und vor allem hört man ständig, da die
Kinder oft schreiend draußen herumrennen (gerne auch schon morgens um sieben)
und die Haustür meistens offen steht. Direkt an unser Haus gebaut ist auch ein
kleiner Kiosk, dessen Besitzer uns schon fragt was los ist, wenn wir mal einen
Tag nicht bei ihm eingekauft haben. Er führt von Chips und Keksen über Seife
und Zahnbürsten auch Stifte und Milch. Vor ein paar Tagen hatte Annika
Halsschmerzen und ich wollte ihr einen Tee besorgen. Während der Verkäufer mir
sein Sortiment an Tee zeigte, fragte er, wo meine Freundin denn sei. Als ich
erwähnte, dass sie Halsschmerzen habe und dass ich deshalb den Tee kaufen
wollte, drückte er mir stattdessen ein Stück Ingwer in die Hand, das er heute
zufällig auch im Angebot hatte und meinte, dass ich ihr lieber einen Ingwertee
kochen sollte. Leider konnte ich seinen Anweisungen nicht ganz folgen, weshalb
er irgendwann das Stück Ingwer ergriff und bei den Nachbarn klingelte, der
Mutter den Ingwer in die Hand drückte und ihr erklärte, was sie machen sollte.
So stand ich bei den Nachbarn in der Küche und schaute zu, wie sie den Ingwer
mit einer Reibe zerkleinerte. Danach erklärte sie mir nochmal auf Tamil, was
ich damit machen sollte und ich wackelte eifrig mit dem Kopf und konnte Annika
endlich den Tee kochen.
Auch ganz amüsant war am Wochenende, als eine
alte Frau an der Tür klingelte, um uns eine Schüssel mit Süßigkeiten zu
bringen. Womit wir die verdient hatten, weiß ich nicht und leider weiß ich auch
nicht, wo die Frau wohnt, um ihr die Schüssel zurückzubringen. Aber lecker wars
J
Kapitel 2: Die Polizei
Unser Projekt liegt direkt an der East Coast
Road, die große Straße, die an der Küste entlangführt und Chennai und
Pondicherry verbindet. Es gibt eine Abteilung der Polizei, die für die
Sicherheit auf der Straße sorgen soll und sie deshalb immer auf und ab fährt.
Einmal standen wir abends an der Straße und wollten ein shared auto anhalten.
Zwei junge Männer aus unserem Projekt haben mit uns gewartet und immer mit den
Fahrern geredet. Anscheinend wollten alle mehr Geld, als sie für nötig hielten,
weshalb wir dann eine halbe Stunde da standen und sie jedes auto wieder
wegschickten. Irgendwann waren wir ziemlich genervt und sie wohl auch, weshalb
einer über die Straße lief und ans Fenster des Polizeiautos klopfte, was da
gerade Pause machte. Der Polizist kam dann und redete eine Weile mit uns und
als das nächste Auto vorbei kam, wollte der Fahrer plötzlich auch keinen
Nachtaufschlag mehr.
Ein paar Tage später liefen wir morgens die
Straße entlang, weil noch keine shared autos unterwegs waren. Plötzlich hielt
neben uns das Polizeiauto an und der gleiche Polizist lud uns ein,
einzusteigen. Mit gemischten Gefühlen kletterten wir in das Auto und wurden so
von der Polizei zum Projekt gebracht.
Es geht aber noch skurriler: Ich war gerade
zum Wäschewaschen im Bad, als es an der Tür klingelte. Ich hörte, wie Annika
aufmachte und kurz redete. Danach kam sie zu mir und erzählte, dass das die
Polizei gewesen war, die nur eine Frage gestellt hat: Habt ihr schon gegessen?
Nachdem sie das bejahte (das ist hier so eine Floskel, auf die man eigentlich
immer mit ja antwortet), drehte der Polizist sich um und ging wieder.
Kapitel 3: Kakerlaken und Geckos
Hier gibt es richtig viele von diesen
beigefarbenen Geckos, die die Wände hochlaufen und an der Decke krabbeln. (Letzens
machte es plötzlich plumps und einer war auf mir gelandet. Ich war ziemlich
perplex und er krabbelte meinen Schal hoch und sprang mir dann von der
Schulter). Wir haben auch eine Familie in unserem Haus, die wir aber sehr
mögen, da sie gerne Schnaken essen. Ich saß in dem Raum, der nicht unser Zimmer
ist, und telefonierte, als ich in der Küche eine riesige Kakerlake entdeckte.
Ich überlegte kurz und beschloss, sie zu ignorieren und zu hoffen, dass sie
einfach verschwinden würde. Die Kakerlake ihrerseits beschloss aber, auf mich
zuzulaufen, was mich dann dazu bewog, einen Besen zu holen. Ich drehte mich
also kurz um, um den Besen zu ergreifen, und als ich den Kampf aufnehmen
wollte, war die Kakerlake plötzlich weg. Misstrauisch schaute ich mich um und
hoffte, dass sie nicht bei uns ins Zimmer gerannt war, als mein Blick auf den
Geckopapa fiel: er hatte die Kakerlake quer im Mund und verspeiste sie mit
einigen Knackgeräuschen. Seitdem mag ich die Geckos noch lieber!
Kapitel 4: Knoblauch
Annika war heute krank, weshalb ich alleine im Projekt war. Das ist immer nicht so prickelnd, weil oft eher langweilig. Heute habe ich meinen Morgen dann damit verbracht, zwanzig (!!!!) Knoblaeuche zu schaelen. Falls jemand wie ich schon mal so viel Knoblauch ohne Messer bearbeitet hat, wird er bestimmt nachvollziehen koennen, dass einem irgendwann tatsaechlich die Finger anfangen zu brennen. Vor Vampiren bin ich hier auf jeden Fall geschuetzt!