Freitag, 25. April 2014

Strand & Sozialismus



Inzwischen sind schon mehr als zwei Wochen vergangen und ich hab mich langsam an das Leben hier gewoehnt. Wenn mir jemand sagt, dass ich um eins da sein soll, komm ich um halb vier und bin trotzdem noch die erste, wenn ich auf der Strasse angehupt werde oder mir hinterhergepfiffen wird, erschrecke ich mich nicht mehr und die Zeitumstellung hat inzwischen auch geklappt.
Euch interessiert bestimmt, was ich hier so mache. Eigentlich nichts spannendes: ich treffe mich mit meinen Freunden, wir gehen ins Einkaufszentrum oder ins Kino oder an den Pool. Nichts spektakulaeres, aber ich bin zufrieden.
Zwei interessante Highlights meiner Zeit bisher:
1.       Ein Ausflug zum Strand mit Leo, der bei mir in der Klasse war. Die Woche vor Ostern ist Semana Santa- die traditionelle Woche, um an den Strand zu gehen, in den Urlaub zu fahren und zu feiern (auch am Karfreitag. Aber dieses Jahr hat die Regierung beschlossen, dass am Donnerstag und am Freitag kein Alkohol verkauft werden darf. Das passiert hier manchmal, zum Beispiel auch an Wahltagen. Alkohol wird sowieso nur in speziellen Geschaeften verkauft, und die haben dann zu.) Ich habe natuerlich sehr viel Lust, an den Strand zu gehen. Mit meinen Freunden hatte ich geplant, am Mittwoch zu gehen, aber dann wurde das doch nur ein Tag am Pool. Meine Familie hatte vorgeschlagen, am Donnerstag zu gehen, aber dann hatte meine Gastschwester keine Lust und wir sind doch nicht gegangen. Abends hab ich mich dann mit meinen Freunden getroffen und Leo erzaehlte eben, dass er heute am Strand war, und so lud ich mich sozusagen selbst ein fuer das naechste Mal. (Ach ja: Am Freitag kam ich heim, ich hatte bei einer Freundin uebernachtet, und keiner war da und meine Familie beantwortete meine Nachrichten nicht. Nachdem ich drei Stunden zwischen dem Pool und dem Boden vor der Haustuer, wo es Wlan gab, hin und her bin, war es mir zu doof und ich hab mich von einem Freund abholen lassen. Ratet, wo meine Gastfamilie war: Am Strand. Irgendwie wurden sie eingeladen und haben gedacht, dass ich sowieso den ganzen Tag bei meiner Freundin waere. Aaaaaha.)
Letztendlich bin ich dann tatsaechlich am Samstag an den Strand. Mein Gastvater brachte mich zu der Adresse, die Leo mir gegeben hatte. Der war allerdings noch nicht da, dafuer sein Grossvater und eine Menge anderer Familienmitglieder. Das Haus, wo sich alle getroffen haben, gehoerte dem Opa und hatte die Form einer Pyramide (so ein seltsames Haus hab ich noch nie gesehen). Irgendwann waren alle eingetrudelt und sie fingen an, eine Menge Essen ins Boot zu packen. Die Familie besitzt ein eigenes Boot, in das 15 Personen passen (so viele waren wir und dann wars ganz schoen voll). Wir fuhren dann eine Weile und der Strand, an den wir eigentlich wollten, war ueberfuellt (Semana Santa laesst gruessen), aber direkt daneben war ein kleinerer Strand, an dem noch keiner war. Dort ankerten wir und assen zuerst mal was. In zwischenzeit war ein zweites Boot angekommen und der kleine Strand wurde bevoelkert von einer Menge Kinder und die Eltern fingen an, ein Feuer zu machen.
Davon liessen wir uns aber die Laune nicht vermiesen. Nachdem wir ein paar Stunden im Wasser rumgepaddelt waren, am Strand in der Sonne sassen und ein paar Bierchen getrunken haben, fuhren wir wieder zurueck.

Insgesamt ein schoener, aber auch ein bisschen seltsamer Tag. Die versammelte Familie war zwar super nett zu mir und sie haben sich mit mir unterhalten und alles, aber trotzdem kam ich mir ein bisschen fehl am Platz vor. Aber immerhin war ich mal am Strand.

2.       Die Demonstration. Alle, die jetzt kurz vor dem Herzinfarkt stehen, kann ich beruhigen: es ging darum, dass ein neuer Lehrplan eingefuehrt werden soll, unter anderem mit einem Fach, in dem es nur um die Geschichte von Chavez geht. Zudem werden die Buecher und alles veraendert und in Mathe soll es zum Beispiel Aufgaben a la “Juan hat drei Gewehre. Er schenkt ein Gewehr Jose. Gewehre sind gut, und Juan und Jose sind nun geruestet fuer den Kampf fuers Vaterland. Wie viele Gewehre hat Juan am Ende?” geben, lesen sollen die Kinder lernen mit Texten wie “Der Platz ist sehr schoen. Der Himmel ist blau. Das Militaer macht eine Parade. Da ist unser Freund Fidel. Viva Fidel!” Der Plan ist also, schon die kleinsten Kinder zu Unterstuetzern des Sozialismus zu machen.
Die Leute sammelten sich an einem Punkt und dann ging es los.
 Der Protest ging zum “Bildungsministerium”, einem total schaebigen Haus. Dort wollten sie uns allerdings nicht durchlassen, weshalb wir davor stehen blieben und verschiedene Leute ueber ein Megafon verkuendeten, dass sie gegen besagten Bildungsplan sind.
Die Demonstranten waren zu mindestens 80% Frauen, die fuer die Rechte ihrer Kinder und Enkel demonstrieren-und keine Mutter faengt an, Steine auf Polizisten zu schmeissen, und kein Polizist faengt an, Bomben mit Traenengas in eine Menge mit lauter Frauen zu werfen. Deshalb war das ganze relativ ungefaehrlich, ausserdem war ich mit Renata und ihrer Mama unterwegs, die gut auf mich aufgepasst haben.
Eine interessante und beruehrende Erfahrung war es aber auf jeden Fall.


Mittwoch, 16. April 2014

Anna-Lena stellt diesen Post für Sofia ein und weiß darum nicht, welchen Titel sie sich gewünscht hat ;)



Ich bin gut gelandet! Auf der Reise lief fast alles glatt (bis auf eine kleine Verwirrung mit der nicht vorhandenen Zeitverschiebung zwischen Deutschland und Spanien… Ich war schon sicher, den Anschlussflug in Madrid zu verpassen, aber letztendlich war alles gut).  Auch der lange Flug zwischen Madrid und Caracas ging recht schnell vorbei, ich hab fast die ganze Zeit geschlafen (Bildschirme zum Filme schauen gab es naemlich leider nicht). In Caracas wurde es dann noch richtig anstrengend. Ich habe meinen Rucksack vom Band geholt und gleich wieder abgegeben und hatte dann sowieso noch drei Stunden Zeit. Leider waren jedoch fast alle Anzeigetafeln verspaetet und sie zeigten auch alle verschiedene Sachen an. Irgendwann fand ich dann einen Bildschirm, der auf dem neusten Stand war, und entdeckte, dass mein Flug Verspaetung hatte. Wie viel stand da nicht, und das Gate stand auch noch nicht da. Solche Sachen werden nicht ueber die Bildschirme mitgeteilt, sondern ueber Durchsagen. Ich konnte also weder Musik hoeren noch doesen, da ich auf die Durchsagen achten musste. Aber letztendlich kam auch dieser Flieger und ich kam mit einer zweistuendigen Verspaetung am Flughafen in Barcelona an.
Dort erwartete mich ein grosses Empfangskomitee: meine vier besten Freundinnen, meine Familie und die Familie von einer Freundin. Nachdem wir alle ein paar Traenchen vergossen hatten, fuhr ich mit meiner Familie nach Hause und es gab noch Pizza und dann bin ich ins Bett gefallen und hab 13 Stunden durchgeschlafen.
Am Samstag haben wir ins dann bei Renata getroffen und es kamen viele Leute aus meiner alten Klasse, ich uebernachtete  bei Renata und am naechsten Tag fuhr ich mit ihrer Familie und ihr ins Einkaufszentrum und abends kamen andere Freunde vorbei und ich uebernachtete nochmal bei Renata. Am Montag ging ich mal heim um zu duschen und mich umzuziehen und abends gingen wir ins Kino. Eigentlich wollte ich danach nach Hause, aber dann kam jemand auf die Idee, die Mondfinsternis anzuschauen, die es diese Nacht hier gab: ja, dann uebernachtete ich wieder bei Renata. Heute ist als die zweite Nacht bei mir daheim, aber meine Gastfamilie sieht das (anscheinend) viel entspannter als vor drei Jahren.

Sehr viel hat sich hier nicht veraendert. Meine Freunde sind immer noch die gleichen, sehen gleich aus und lachen ueber die gleichen Sachen. Auch in meiner Familie ist alles aehnlich. Von Protesten habe ich noch nichts mitgekriegt, hier ist es auch eher ruhig. Klar wird ueber Politik geredet, aber es gibt auch noch andere Gespraechsthemen. Was sich wirklich veraendert hat sind die Preise: Auf dem Schwarzmarkt kostete ein Dollar vor drei Jahren sieben oder acht Bolivares, heute sind es fuenfzig bis sechzig. Die Preise sind rasant gestiegen, wenn etwas heute doppelt so viel kostet wie vor drei Jahren, ist das noch guenstig. Ein Beispiel: Das Maismehl kostete frueher sieben Bolivares und heute 20. Wenn man ueberhaupt welches findet: Alles ist inzwischen Mangelware, von Klopapier und Windeln ueber Seife und Waschmittel zu Oel und eben dem hier so beliebten Maismehl.

Donnerstag, 10. April 2014

Me gusta volver, me gustas tú

Hallo ihr Lieben! 

Morgen geht es für mich los nach Venezuela. Der Einfachheit halber, und weil ich sowieso für Indien wieder damit anfangen möchte, habe ich unseren Blog nach etwas weniger als drei Jahren wiederbelebt. 

Nun fehlen also ungefähr sieben Stunden, bis meine liebe Mama und ich uns auf den Weg nach Frankfurt zum Flughafen machen und noch ein Tag, 3 Stunden und 46 Minuten, bis mein Flieger laut Flugplan in Puerto la Cruz landet. Ob alles planmäßig verläuft, steht jedoch noch in den Sternen: in Madrid habe ich nur eine gute Stunde zum Umsteigen und in Caracas muss ich auch einen Flieger bekommen und vom internationalen zum nationalen Flughafen wechseln. Alles kein Problem, für ein großes Mädchen wie mich, hofft man zumindest. Ein bisschen nervös bin ich jetzt aber schon, immerhin ist es das erste Mal, dass ich wirklich ganz alleine fliege und die vielen Stunden auf mich allein gestellt bin. 

Eigentlich überwiegt aber die Freude, meine Freunde und meine Gastfamilie endlich wieder zu sehen. Auch wenn der Kontakt mit den meisten Freunden und auch mit meiner Familie in letzer Zeit eher sporadisch war, haben alle, denen ich erzählt habe, dass ich komme, begeistert reagiert. 

Einen genaueren Plan habe ich noch nicht: eventuell stehen ein paar Tage auf der Urlaubsinsel Margarita an und meine Willkommens-Gastfamilie und die Gastfamilie von meiner deutschen Freundin Annika, die in Cumana gewohnt hat, möchte ich eigentlich auch gerne treffen. Wann oder wie ich das mache, weiß ich noch nicht, aber es wird sich schon was ergeben. Sicher ist, dass meine Gastfamilie mich vom Flughafen abholt (einige andere Leute haben mir angekündigt, mich auch vom Flughafen abzuholen. Ich lasse mich davon überraschen, wer am Ende wirklich da steht), und die ersten Nächte werde ich denke ich auch da bleiben. Danach zieh ich wahrscheinlich alle drei Tage um, weil ich jede Menge Angebote habe, bei anderen Freunden zu übernachten.

Inzwischen ist es nur noch ein Tag, drei Stunden und 32 Minuten. Der Rucksack, mit dem meine Mutter schon durch Südamerika reiste, steht gepackt vor der Tür.

Wie oft ich mich letztendlich melden werde, kann ich noch nicht sagen, aber ein paar Lebenszeichen werde ich von mir geben. 
Bis dahin: bienvenidos otra vez!