Montag, 21. Februar 2011

Revolution: eine Meinung, die auf Bajonette trifft.

Auch wenn heutzutage natürlich keine Bajonette mehr benutzt werden, wo es doch Tränengas und Handgranaten gibt. Nach Tunesien und Ägypten kehrt im Mittleren Osten keine Ruhe ein, sondern die Revolutionswelle geht weiter: in Bahrain sind die Menschen seit neun Tagen auf der Straße, im Iran greifen Sicherheitskräfte immer wieder Demonstranten an und verhaften sie, in Lybien ist die Zahl der Toten inzwischen auf über 80 gestiegen und Seif al-Islam Gaddafi, der Sohn des Präsidenten, droht mit Bürgerkrieg, und der yemenitische Präsident weigert sich auch nach elf Tagen und mehreren Todesopfern zurückzutreten: "If they want me to quit, I will only leave through the ballot box." (Sagt einer, der seit 21 Jahren an der Macht ist und vorher 12 Jahre lang Präsident von Nordyemen war.)



(siehe http://english.aljazeera.net/)

Hier in Israel ist es relativ ruhig (gut, in Nes Ammim. Aber hier ist es immer ruhig), auch wenn die israeliche Regierung davon spricht, extra Einsatzgruppen der IDF für die Westbank abzukommandieren, weil sie Arbeiteraufstände der Palästinenser fürchten, und alle davon ausgehen, dass die Beziehungen zu Ägypten sich verschlechtern werden:
"If large numbers of Arabs hate Jews and cannot accept a Jewish state in their midst, Israel cannot make peace with them. It may be able to make peace with autocratic Arab governments, but the moment they get washed away in this or a future wave of democratization, the peace will be worthless. If, on the other hand, Israel insists on making peace only with democratic Arab regimes, there aren't many around at the moment, and refusing to deal with the autocrats will be castigated as refusing to make peace."

(siehe: http://yaacovlozowick.blogspot.com/2011/02/nopeace-conundrum.html)

Gestern waren wir im Gottesdienst einer arabischen Baptistengemeinde in Haifa, auch wenn wir im Regen und im Dunkeln gewisse Schwierigkeiten hatten, den Gottesdienstraum zu finden. Als sie gemerkt haben, dass ein Haufen Nichtaraber in der Gemeinde sitzt, haben sie sofort ein zweites Mikrofon geholt und alles für uns übersetzt. In der Predigt ging es auch um die Proteste (die Intifada - also uprising - genannt wurden) und darum, wie sich Christen dem Staat gegenüber verhalten sollen. Altes Thema, immer noch keine Antwort. Die Worshiplieder wurden natürlich fast alle in Arabisch gesungen, aber es war trotzdem richtig gute Stimmung und die meisten Leute sind aufgestanden und haben mitgeklatscht. Hinterher haben wir noch zufällig ein Pärchen getroffen, die im Juli in Nes Ammim heiraten wollen: sie kommt aus Holland und hat dort ihren Mann kennengelernt, dessen Familie in Haifa wohnt. Seit drei Monaten sind sie nun zusammen hier, und sie meinte: "Gott sei Dank, dass ihr hier wart, von der Predigt verstehe ich auf Arabisch nämlich immer noch nichts!" (Die Predigt wird immer auf Hocharabisch gehalten, was eine so eigenständige Sprache ist im Gegensatz zum gesprochenen Arabisch, dass die arabischen Kinder es als erste Fremdsprache in der Schule lernen (vor Hebräisch und Englisch)).

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