Dienstag, 27. Juli 2010

Ein guter Ratschlag

… den ich von Ex-Nes-Ammimern bekomme habe, besagt, dass man möglichst schnell beginnen soll, alle möglichen Dinge zu unternehmen, auch wenn man denkt, dass ein Jahr ziemlich lang ist; im Endeffekt reicht die Zeit dann nämlich doch nicht.
Ich habe mir diesen Ratschlag also zu Herzen genommen und habe mich gleich am Freitag mit ein paar anderen Leuten aufgemacht nach Neve Shalom (einem Dorf, in dem jüdische und arabische Familien (aber alle mit israelischer Staatsbürgerschaft) zusammen leben, in dem die Kinder zusammen unterrichtet und zweisprachig aufgezogen werden und wo auch Volontäre arbeiten können) und danach nach Abu Gosh, einem arabischen Dorf kurz vor Jerusalem. In der Kirche auf der Spitze des Berges stand angeblich früher einmal die Bundeslade, und manche Archäologen vermuten, dass Abu Gosh das biblische Emmaus war, allerdings behaupten auch noch zwei andere Dörfer das selbe von sich, vermutlich kurbelt das den Tourismus an. Wir hatten gehört, dass es in Abu Gosh den besten Humus geben soll, der schmeckte auch tatsächlich gut, aber im Endeffekt bekamen wir doch eine Art Hausverbot: einige Leute hatten noch arabischen Kaffee bestellt, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen wollten. Der Kaffee ließ aber auf sich warten. Und wir warteten. Und warteten. Wir fragten nach. Und warteten. Und warteten. Und fragten. Und warteten noch einmal. Dann wollten wir fahren – in diesem Augenblick haben sie die Besitzer dann überlegt, den Kaffee doch einmal vorbeizubringen und beschwerten sich, dass wir kein Geld für den Service bezahlt hatten (lautstark!). Unsere Pastorin meinte zu ihm: Wir haben aber keinen Service bekommen – daraufhin begann ein lautstarker Streit, sodass der Großteil unserer Gruppe lieber aus dem Restaurant flüchtete und im Auto wartete.
Am nächsten Tag bin ich mit einem holländischen Ehepaar und Friederike (nein, keine aus Deutschland) zuerst nach Cesarea gefahren (die Hafenstadt, die Herodes der Große vor 2000 Jahren hat bauen lassen), wir haben uns eine Menge alter Steine und die Überreste des Aquädukts angesehen. Der war übrigens interessant, weil man überhaupt nicht sehen konnte, dass es irgendeinen Höhenunterschied gibt, den man ja nun braucht, um Wasser transportieren zu können. Anscheinend beträgt dieser Höhenunterschied aber 8 Meter, aber ursprünglich war die Strecke so lang, dass man nichts davon sehen kann bei den Teilen, die heute noch stehen). Anschließend sind wir noch auf den Karmel (Berg) gefahren und haben in Dalyat el Karmel, dem größten Drusendorf Israels, zu Mittag gegessen (irgendeine Art Pfannkuchen mit Ziegenkäse und Olivenöl). Die Essensportionen in Israel sind übrigens sehr interessant: sie sehen recht klein aus, dass man sich schon Sorgen macht, ob man satt wird – und nach dem Essen ist man nur noch in der Lage, sich langsam über den Boden zu schleppen oder einfach gleich den Berg herunterzurollen. Wir sind noch ein bisschen durch die Straßen gebummelt („German? Good people! Come, come! Special price!!“) und wieder zurückgefahren, aber auf der anderen Seite des Berges, und das hat unsere Routenplanung ein wenig durcheinander gebracht.
Die letzten beiden Tage habe ich auch zum ersten Mal an der Rezeption gearbeitet, das ist sehr verwirrend und etwas gruselig, weil man dauernd das Telefon beantworten und Sachen in den Computer eingeben muss, ohne dass man eigentlich eine Ahnung hat, wie das funktioniert oder welche Sprache das denn nun sein soll, die gerade gesprochen wird. Am Sonntag bin ich mit Christine nach der Arbeit mit dem Fahrrad nach Naharya gefahren, in der prallen Sonne, und mit Fahrrädern, die kein Schloss hatten (bzw: ein Schloss hatten wir schon, aber keinen Schlüssel, um es abzuschließen). Es war also eine leichte Zitterpartie, ob unsere Räder hinterher denn auch noch da sein würden, aber sie waren es tatsächlich. Als wir in der Dämmerung auf dem Rückweg durch Mazra’a gefahren sind, hat gerade der Muezzin vom Minarett sein Abendgebet gerufen:


Gesehen habe ich also tatsächlich schon eine Menge, die Kehrseite ist nur, dass ich noch nicht zum Lesen gekommen bin (10 Tage – anderthalb Seiten, und zwar insgesamt, nicht pro Tag). Na. Ich werde mir ab jetzt eben einfach nur noch Hörbücher kaufen und die beim Betten machen hören.
Grüße nach Deutschland!

(Temperatur: 32 Grad Luftfeuchtigkeit: 90 Prozent)

PS. Was geht denn bei euch ab in Deutschland? Man munkelt hier, 19 Tote bei der Loveparade? Nicht besonders lovely... die fällt jetzt für die nächsten Jahre bestimmt erst mal ins Wasser, was?

Freitag, 23. Juli 2010

Ein halber Kulturschock.


Jetzt bin ich also angekommen, in Israel, obwohl es sich immer noch ein wenig unwirklich anfühlt. Den Flug habe ich gut überlebt, auch wenn ich in den zweiten Security-Check musste: leider war ich so dumm gewesen, meinen Koffer mit einem Zahlenschloss abzuschließen, obwohl ich ja wusste, dass El Al alle/viele/manche zufällig ausgewählte Koffer durchsucht. Eine Sicherheitsbeamtin fragte mich also nach dem ‚code for your suitcase‘, praktischerweise ohne zu erwähnen, dass sie den Code für das Schloss meinte. Und während sich ein Typ neben mir in einer Umkleidekabine, die von der Qualität her an Takko erinnerte, bis auf die Unterwäsche ausziehen musste, um von einem anderen Sicherheitsbeamten durchsucht zu werden, redeten die Sicherheitsbeamtin und ich munter aneinander vorbei:
Ich: I don’t have a code for my suitcase (ich dachte nämlich, mir hätte beim Einchecken des Koffers irgendein Code gegeben werden müssen, damit sie erkennen können, wem der Koffer denn nun gehört)
Sie: Are you sure?
Ich: Yes, I am.
SIe: Are you really sure?
Ich: Yes, I am!!
Daraufhin fing sie aufgeregt an, in ihr Walkie-Talkie zu schreien, irgendwann ist mir dann auch aufgefallen, was sie vielleicht meinen könnte.
Der Rest des Flugs verlief dann um einiges entspannter, auch wenn es kein vegetarisches Essen gab und ich mir das Fleisch gerade da aus dem Reis herauspricken musste, als wir einige Luftlöcher durchquerten. Neben mir saß eine israelische Großmutter, mit der ich mich lange unterhalten habe und die mich gleich zu sich nach Hause sowie zu ihrer Tochter, die in einem Kibbutz auf den Golanhöhen lebt, eingeladen hat.
In den letzten Tagen habe ich schon so einigerhand erlebt, von den ersten Tagen bei der Arbeit im Housekeeping (acht Stunden am Tag Toiletten putzen, Betten machen, Fenster und den Boden wischen, und das ganze bei sehr hohen Temperaturen und mindestens ebenso hoher Luftfeuchtigkeit, dagegen kommt Deutschland auch in den heißesten Zeiten nicht an!) über Ausflüge zum Strand bis hin zu unserem heutigen Ausflug nach Neve Shalom und Abu Gosh.
Am ersten Tag war ich mit ein paar Leuten einkaufen, wir sind erst in Naharyya in jüdischen Supermarkt gewesen, stellt euch das vor wie in Amerika, alles sehr kühl und in der Luft liegt derpenetrante Geruch nach Desinfektionsmittel. Dann sind wir weitergefahren zum Faisal, einem arabischen Supermarkt im Nachbardorf, der so ziemlich alles verkauft bis auf Wecker (mein Handy ist nämlich gleich am zweiten Tag kaputt gegangen, sodass ich jetzt auf andere Weise wach werden muss). Er unterscheidet sich fundamental von den Supermärkten, die man von zu Hause kennt, die Gänge sind unglaublich schmal und hoch, alles stapelt sich, der Boden ist dreckig (anscheinend können da auch die rauen Mengen von gelagerten Waschmitteln nichts gegen unternehmen), und mit jedem Schritt, den man macht, verändert sich der Geruch: Fleisch, Käse, Gemüse, Gewürze. Am besten ist die Obst- und Gemüseabteilung, meterlange Tische, auf denen all das liegt, was in Deutschland nach den langen Transportwegen nur noch vergammelt ankommt. Leider habe ich nur vergessen, etwas gegen Mücken zu kaufen, ich werde hier gerade aufgefressen, ehrlich wahr! AHHHH!

Montag, 12. Juli 2010

Bye Bye Baby, Baby, goodbye!

... um es einmal mit den Bay City Rollers zu sagen.

In sechs Tagen werde ich also Deutschland zeitweilig verlassen, um Zimmer zu säubern, Telefonanrufe in fremden Sprachen entgegenzunehmen, mich mit hebräischen Straßenschildern herumzuärgern, und natürlich um sehr sehr braun zu werden (wartet nur, bis ich nächsten Sommer wiederkomme).

Um mich in den letzten Wochen mental darauf vorzubereiten, habe ich begonnen, das hebräische Alphabet zu lernen (Kmpf sschtslsr schr n) (falls ihr versteht, was ich meine), noch mal all die Dinge beim Autofahren zu tun, die ich eigentlich vermeiden sollte (siehe: Macke im Auto meiner Großtante (man sollte niemals den Rückwärtsgang einlegen, ohne in den Rückspiegel geschaut zu haben), Blitzfoto bei Geschwindigkeitsübertretung) und mich auf mehr oder weniger tränenreiche Art & Weise bei sehr vielen Leuten zu verabschieden.

Zwecks des Abschiedes haben wir (Annemarie, Basti, Miriam & ich) auch noch flugs und relativ spontan (trotz lange vorher begonnener Planung) eine Abschieds-Geburtstags-Kostüm-Party abgehalten, bei der sich überraschend viele Alienfänger, ein Krake, diverse Mickey-Mäuse sowie Dalmatiner eingefunden haben. Danke für den schönen Abend & die vielen Geschenke! (:   Es wird eine Herausforderung, sie alle im Koffer unterzubringen (Randnotiz: wer sollte eigentlich die 64 (!) Monsternegerküsse essen, die wir bekommen haben?)                              

Jetzt geht es ans Koffer-Packen und an die Panikattacken. Ich melde mich, sobald ich den IT-Menschen gefunden habe, der mir erklärt, wie ich in Israel ins Internet komme, mein Computer hat da so kleine Divenmäßige Anwandlungen.

Es grüßt.